Um den Thread "Etwas Theorie" nicht noch weiter off-topic zu schieben, hier ein paar Anmerkungen, die mir schon länger fällig zu sein scheinen:
Für den Amateur gibt es kein Falsch und Richtig. Die Beschäftigung soll Vergnügen bereiten, und die Ergebnisse müssen keinem Maßstab genügen außer dem eigenen. Das ist der Unterschied zum Berufsfilmer, der sich sein Werkzeug nicht auf dem Flohmarkt oder bei eBay zusammensuchen wird.
Wer mit anderer Leute Zeit und Geld operiert, hält sich an technische Normen und geht auf Nummer Sicher. Wenn ich eine Kamera bei einem Geräteverleih miete, kann ich davon ausgehen, daß Auflagemaß und Bildstand stimmen, daß Magazine sauber laufen und keine Schrammen produzieren. Daß die Optiken regelmäßig auf dem Prüfprojektor landen und Schärfenmarkierungen stimmen.
Das ist der professionelle Ansatz: Man unternimmt alles, um Risiken zu vermeiden und sein Werkzeug in bestmöglichen Zustand zu versetzen.
Auch als Amateur kann man so vorgehen; also Geräte von Händlern kaufen, sie für einige hundert oder tausend Euro überholen und in Tiptop-Zustand versetzen lassen. Es ist eine Frage der Mentalität, und wenn jemand sich nur mit perfektem Werkzeug wohlfühlt, ist das für ihn DAS RICHTIGE.
Für ihn selbst - nicht unbedingt für andere!
Man kann das Hobby auch von der Bastelseite angehen. Kann sich Geräte, die früher unbezahlbar waren, bei eBay kaufen und damit experimentieren, kann sein Material selbst entwickeln und dabei etwas lernen. (Die, die aus Fehlschlägen oder Schaden nichts lernen, geben es ohnehin rasch wieder auf.) Man kann alles ausprobieren, was einem einfällt und ist keinem Rechenschaft schuldig. Wenn man das Filmhobby als eine Variante von "Jugend forscht" betreibt, genießt man den Luxus, nichts zu müssen. Wer also neben Gelassenheit, Humor und Selbstkritik auch Ausdauer hat, um solange zu tüfteln, bis er zum anvisierten Ergebnis kommt (oder einem noch besseren), für den ist es DAS RICHTIGE.
Für ihn selbst - nicht unbedingt für andere!
Ich habe für beide Seiten Verständnis, weil ich mich gern auf Technik verlasse. Wenn ich hin und wieder professionell etwas für andere drehe, wird jedes Magazin auf Andruck, Friktionszug und Lichtdichtheit geprüft und regelmäßig eine Testaufnahme gemacht, handentwickelt und zur Kontrolle projiziert. Da ist Erbsenzählerei absolut angebracht.
Wenn ich aber auf dem Flohmarkt eine 6x6-Balgenkamera kaufe, benutze ich das Maß an gesundem Urteilsvermögen, wie es einem früher jedes Fotobuch vermittelt hat. Verschluß geht, die volle Sekunde stimmt nach zehn, zwölfmal Spannen und Auslösen ungefähr, die Irisblende geht leicht und ohne Spiel, der Balgen hat keine sichtbaren Risse.
Also belichte ich einen Testfilm, entwickle ihn nach Vorschrift und sehe mir das Ergebnis an. Wenn die Kamera soweit gute Ergebnisse liefert, genügt mir das, denn ich verwende sie als Amateur. Weder reise ich damit in den Dschungel, um die seltene pausbäckige Haselmaus (musculus ligonis peacemanis) abzulichten noch fotografiere ich hochbezahlte Bikini-Models am Strand von Cannes damit.
Man könnte zu Recht einwenden, daß eine Schmalfilmkamera etwas komplizierter ist als eine 6x9-Einfachstkamera. Dennoch läßt sich das Wesentliche (Bildstand, Schärfe, Blendenfunktion) mit einem einzigen Testfilm überprüfen. Die Belichtungsmesser-Problematik wird maßlos überschätzt, es gibt schließlich Handbelichtungsmesser, deren Bedienung niemanden überfordern wird, der sich experimentell auf das Thema Schmalfilm einläßt.
Vielleicht findet man es frivol, wenn einer Filmtechnik zum Ein-Euro-Tarif kauft, der Begriff der Wegwerfmentalität geht aber komplett an der Wirklichkeit vorbei. Weggeworfen werden Kameras und Projektoren von Besitzern, die keine Verwendung mehr dafür haben, egal ob das Gerät einmal einen Monatslohn gekostet hat, egal ob es ein Produkt schweizer oder deutscher Feinmechanik oder unreparierbares Einwegprodukt ist. Was bei eBay nicht verkauft wird, landet im Abfall. - Werkzeuge sind da, um benutzt zu werden, und wer zehn Super-8-Kameras kauft, davon vier "schlachtet", um damit vertraut zu werden und sich aus den übrigen sechs zwei funktionierende zusammenbastelt, der handelt ebenso rational wie ein anderer, der sich ein Spitzengerät kauft und es für Hunderte oder Tausende wie einen edlen Oldtimer restaurieren läßt, bevor er einen Meter Film belichtet.
Der Berufsfilmer MUSS (professionell arbeiten).
Der Amateur KANN (spielerisch-bastelnd oder professionell arbeiten).
Es gibt so viele interessante Themen im Schmalfilmbereich - ist es wirklich nötig, immer wieder diesen Graben zwischen Perfektion und Spielfreude auszuheben und zu behaupten, nur die eigene Position sei RICHTIG ?
Es gibt kein FALSCH und RICHTIG, wo es um Liebhaberei geht.