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  1. Am Anfang stand eine simple Frage: Wie viele Kinos spielten in den fünfziger Jahren eigentlich auf Reinkohle – und wie viele auf Becklicht? Lässt sich alles herausfinden; anhand alter Kino-Adressbücher. Nur, wer nimmt die in die Hand, blättert sie Seite für Seite durch, und führt eine Strichliste? Leute, derartige Zeiten sind natürlich definitiv vorbei … Das Kino-Adressbuch von Berlin 1962 ist nach meinem Eindruck das mit den vollständigsten technischen Daten; danach – kam auch erst wieder zehn Jahre später was, reines Adressbuch, keine technischen Informationen. Das 62er Kino-Adressbuch, so wie es im Internet steht, in eine Ein-Spalten-Tabelle zu bringen, ist nun noch die einfachste Übung. Dann hat aber auch nichts anderes als alle Informationen zu einem Kino in einer Zelle. Fließtext sozusagen. Und zwar bunt gemischt. 226 Kinos in Berlin (=West; den russischen Sektor hatte man schon seit 1951 nicht mehr erfasst), 226 unterschiedliche Darstellungen, nie gleich aufgebaut – mal gibt’s ne Info mehr hier, mal fehlt dort etwas, mal ist eine Rubrik völlig anders bezeichnet, mal fehlen sinnvolle Trennzeichen (Punkte, Kommas, was auch immer). »Urschleim« hat man damit, sozusagen. Der Spaß fängt ja aber erst da an, wo man darangeht, die Informationen zu separieren – jede in eine gesonderte Spalte. So wie wir uns eine sinnvoll aufgebaute Tabelle eben vorstellen. Wie gesagt: eigentlich wollte ich nur mal schnell wissen, wie viele Kinos auf Reinkohle spielten. Das ließ sich noch relativ schnell herausfinden; hat keine Viertelstunde gedauert. Und geht – ich wüsste nichts anders – wohl nur mit Excel (oder seinem OpenOffice-Pendant). Einmal angefangen, juckt es in den Fingern, noch ein paar weitere Informationen aus dem Urschleim herauszudestillieren. Das war in einigen Fällen – will es nur mal angemerkt haben – härtere Kopfarbeit, weil dafür irrwitzig verschachtelte Formeln erforderlich sind; die Textformeln in Excel sind alles andere als benutzerfreundlich. Beispielsweise ist es nicht möglich, ab einem bestimmten festzulegenden Punkt bis zum nächsten Komma (oder Punkt oder Semikolon) durch eine Formel auszuwerten; muss man alles durch verschachtelte Formeln machen. Von manueller Nacharbeit des Urschleims, die ich anfangs kategorisch ausgeschlossen hatte, mal abgesehen. Aber der Scanner hatte nun mal wiederholt ein großes »i« für ein kleines »L« gehalten (und umgekehrt), einen Doppelpunkt als Semikolon ausgeworfen, und manchmal hatte der Setzer auch einfach auf ein Komma am Abschluss einer Informationssequenz verzichtet. Hätte die Auswertungslogik ganz schön durcheinander gebracht. Genug geplaudert. Was ist dabei herausgekommen? Erstens: Schiere Größe. Die Kinos Anfang der sechziger waren immer noch riesengroße Filmpaläste. Klar, sie waren in dieser Größe mit Sicherheit nicht mehr ausgelastet, aber es zeigt doch mindestens im Nachhinein: Es gab mal Zeiten, da ist man wirklich ins Kino gegangen. Hinz und Kunz und überhaupt alle, die man so kannte. 22 Spielstätten lagen in der Größenordnung von nahe eintausend Plätzen oder darüber – bis zu 2000 ging es damals noch (vom SPORTPALAST mal abgesehen, der ja nur als vorübergehende Spielstätte diente). Zweitens: ja, die Reinkohle. Tja, da hatte ich nun doch völlig danebengelegen. Es haben 1962 zwar (noch) viele Kinos in Berlin (West) auf Reinkohle gespielt, aber nicht so viele wie vermutet. 39 waren es, dagegen mit Becklicht die doppelte Anzahl: 79; darunter sind allerdings (aus Auswertungsgründen nicht kenntlich gemacht) auch einige, die angaben, sowohl mit Reinkohle als auch mit Becklicht zu spielen (so das CAPITOL AM LEHNINER PLATZ). Offenbar bin ich wohl doch in einem Teil Berlins großgeworden, wo sich die Kinobesitzer verschworen hatten, nur mit Reinkohle zu spielen. Allerdings ist die Dunkelziffer ziemlich hoch: Für 65 Kinos gibt es keine Angabe. Immerhin hatten zu diesem Zeitpunkt bereits 43 Theater auf Xenon umgestellt. Insgesamt gab es, nur zur Erinnerung, zu diesem Zeitpunkt nach den Angaben des Kino-Adressbuches 226 Bildwände in Berlin. Drittens: Wie viele Kinos hatten eigentlich auf CS umgestellt? Antwort: Fast alle – 203 von den genannten 226. Bei elf Bildwänden findet sich die explizite Angabe »1:1,85« (merkwürdig, wenn man darauf fixiert ist, das europäische Breitwand-Seitenverhältnis sei 1:1,66), 12 Kinos hatten keine Angabe – alles solche, die bald danach von der Weltbühne verschwunden waren. Viertens: Wie viele Theater waren eigentlich mit Magnetton ausgestattet? Da hat’s mich fast umgehauen: 61 von 226, also ziemlich exakt ein Viertel. Und ein guter Teil weit draußen in den Bezirken gelegen (man nehme beispielsweise den SPIEGEL in Lichterfelde oder das ROXY in Wittenau). Fünftens: 70mm konnten zu diesem Zeitpunkt vier Kinos spielen – DELPHI, MGM, TITANIA-PALAST und ZOO-PALAST. Dabei war aber nur das DELPHI tatsächlich auch mit sechs Tonkanälen bestückt; alle anderen drei Spielstätten (einschließlich des von mir zu jener Zeit heiß geliebten ZOO-PALASTs) waren mit nur vier Kanälen ausgestattet, verzichteten also offenbar auf Mitte-links und Mitte-rechts. (Möge mir niemand mehr erzählen, für 70mm seien sechs Kanäle unverzichtbar! Ich drohe an, ihn mit alter Spiel-Praxis zu konfrontieren.) – Der ROYAL-PALAST und das CITY IM EUROPA-CENTER waren übrigens zu diesem Zeitpunkt noch nicht eröffnet. Einige Kinos nahmen für sich »VistaVision« in Anspruch, interessanterweise fast alle aus dem Bereich der Arthur-Ludwig-Theaterbetriebe (ALLEGRO, APOLLO, ADRIA und das kleine HILI, später in DIE BRÜCKE umbenannt). Es ist ganz sicher, dass diese Kinos nie für 35/8 eingerichtet waren, so dass ich auf eine Auswertung verzichtet habe. Interessant wäre aus meiner Sicht vielleicht noch gewesen, wie viele Kinos für SuperScope eingerichtet waren; darüber gibt es allerdings im 62er-Kino-Adressbuch keine Angabe. Sechstens: Zwei Spielstätten waren für Cinerama (CAPITOL AM LEHNINER PLATZ) und Cinemiracle (SPORTPALAST; nur zeitweilige Spielstätte) eingerichtet. Interessanterweise gibt auch der TITANIA-Palast sowohl Cinerama als auch Cinemiracle an; an dieser Stelle muss mir aber jemand mal auf die Sprünge helfen, weil: ist mir echt völlig neu. In der Liste der Cinerama Theatres (http://cineramahisto...amatheatres.htm) taucht er zudem nicht auf. Und damit zur letzten Sektion: Was standen eigentlich für Maschinen in den BWRs? Ganz vorne Zeiss Ikon/Ernemann mit 88 Nennungen – etliche E X-Maschinen, noch viele, viele VII B, und auch die E IV und sogar noch die alte E II. An zweiter Stelle das Haus Bauer mit 58 Nennungen. Einen guten Platz hat auch die Askania AP XII (eine Berliner Entwicklung) mit 17 Nennungen. Philips war offenbar nicht besonders beliebt und ist gerade dreizehnmal vertreten. Ab diesem Punkt wird es aber etwas gruselig. Die alte AEG taucht neunmal auf (Euro G und Euro M von 1938), die Triumphator von 1933, das ASTOR spielt mit der Nitzsche Matador (kam 1933 auf den Markt; insgesamt 5 Nennungen), und ERKO ist dreißigmal dabei; mit welchen Maschinen bleibt offen, doch die Projektoren-Produktion war jedenfalls 1939 eingestellt worden. Ach, und zweimal wurde auch die alte Hahn-Goerz genannt – man hält es nicht für möglich. Deren Produktion (»Hahn II«) war sogar schon 1934 eingestellt worden. Dass in manchen BWRs drei oder sogar vier Maschinen standen, dürfte bekannt sein. Von den ursprünglich drei E X im ZOO-PALAST war zu diesem Zeitpunkt nur noch eine vorhanden, den Platz der beiden anderen hatten zwei Bauer U 2 eingenommen. Auch das DELPHI hatte zwei U 2 für die 70mm-Projektion, daneben aber auch noch eine (oder zwei?) B 14. Doppelbesetzung auch im TITANIA-PALAST für 70mm (Philips) und 35mm (Bauer B 12). Und im EUROPA-PALAST in Neukölln, der seinerzeit größten Spielstätte mit immerhin 2.060 Plätzen, standen drei Ernemänner. Einiges mehr könnte man noch auswerten – den Verstärkertyp, die Lautsprecher (freilich nur selten angegeben), den Hersteller der Bestuhlung (es gab noch reichlich Holzklappstühle!). Und die Theaterleiter. Wir reden übrigens über eine Zeit, als weibliche Theaterleiter, soweit es sie überhaupt gab (!), in unverheiratetem Stande mit »Frl.« ausgewiesen (und sicherlich auch so angeredet) wurden. Vermutlich gänzlich unabhängig von ihrem Alter. Wer an dieser Stelle weitermachen will – gerne; aber ich höre hier erstmal auf. Ach ja: falls sich noch jemand für verschachtelte Formeln interessiert – so findet man die Platzzahl heraus (wobei sich der »Urschleim« in der Spalte »B« befindet und die Platzzahl von der nächsten Informationssequenz mit einem Komma getrennt ist: =WERT(LINKS(TEIL(B5;SUMME(FINDEN("Pl:";B5);4);10);SUMME(FINDEN("," ;TEIL(B5;SUMME(FINDEN("Pl:";B5);4);10));-1))) Auswertung Kinos 1962.pdf
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