Hurra! Wir gehen ins Kino, heute abend sehen wir uns VERBLENDUNG an, und zwar in einem schönen Multiplex. Zwar muß man sich durch mehrere Seiten Reservierung hindurchklicken, um zu sehen, ob der Film in der Besenkammer oder im janz jroßen Saal läuft, aber was soll's.
Intime Atmosphäre im Foyer, neue Rennfahrerautomaten für die Nitro-Zielgruppe, die aber heute ihre gemeinnützigen Stunden ableisten muß. Eine Kasse ist offen, zwei von drei Programmanzeigen funktionieren einwandfrei, und hinter der Concessiontheke tummeln sich attraktive junge Damen wie die rehlein auf einer Waldlichtung. Mittelgroßer Saal, sehr schön. Irgendwann hört die Sexshopeingangsmusik auf und es wird dunkel. Ah, echte Filmbandprojektion, das Vorprogramm hat viel erlebt und ist "gut abgehangen". Hier braucht man definitiv kein "Filmlook-Plugin". Immerhin, perfekt scharfgestellt ist, und der Bildstand kommt auch nur mäßig zittrig daher. Kein falscher Perfektionismus, wir sind ja im Kino und nicht im Filmvorführerforum... :)
Den Trailer MEN IN BLACK III dürfen wir gleich zweimal sehen, einmal einzeln auf BW, einmal anamorph dem Hauptfilm vorgeklebt. Macht nichts, der zweite ist auch weniger verschrammt und sieht schärfer aus.
Im Eiswerbefilm - ZACK! eine Klebestelle, die um zwei Perforationslöcher versetzt ist. Nur ein Spannungsmoment, Vorhang zu, Licht an, Eisverkäufer kommt. Hitchcockwürdige Suspense: beginnt jetzt der Hauptfilm etwa mit Bildstrich in der Mitte? Nein, war nur Spaß!
Also noch einmal Trailer. Schön, daß das Bild in der Mitte so hell ist. Schade, daß es zu den Rändern hin auf ein Viertel der Helligkeit und ein Drittel des Kontrastumfangs absinkt - aber gut: Für die paar Männeken bindet man sich keine hohe Stromrechnung ans Bein, schon gar kein Luxusgehalt für Leute, die dann am Lampenspiegel herumfummeln. Auch in CS stimmt die Schärfe, dafür bin ich tatsächlich schon dankbar. Ja, dankbar. Kein Scherz, dankbar - es ist nicht selbstverständlich.
Nach den Trailern und vor dem Hauptfilm kommt noch ein Werbefilm der Brauerei Krombacher. Der Herr Krombacher wünscht uns viel Vergnügen beim folgenden Hauptfilm. Das weiß ich aber nur, weil ich den Spot gefühlte 800mal gesehen habe. Andernfalls wüßte ich es nicht, denn der Spot ist verkehrtherum eingeklebt, läuft also kopfstehend und in Bild & Ton rückwärts. Mal was anderes - was macht eigentlich das Dolby-Digital in solchen Fällen?
Hauptfilm in CS, Bild und Ton - vom Ausleuchtungs-Hotspot und dem leicht wackelnden Bildstand mal abgesehen - läuft ohne Beanstandungen. Und bald kommt die per Zettel an der Saaltür angekündigte Pause, das ging schnell! Lautes 96 Hz-Knattern vom Schwarzfilm, ein doller Service, weckt nämlich alle auf, die sonst die Pause verschlafen hätten!
Freudig wälzt sich das Besucherkollektiv ins Foyer - und kehrt mit langen Gesichtern zurück. Die 15minütige Zwangspause ist nämlich ausschließlich dazu gedacht, Flüssigkeit aus dem Körper zu entfernen, nicht aber zur Neuaufnahme. Concessiontheke wird eifrigst aufgeräumt, weder Softdrink noch Eiskonfekt sind zu haben: "Wir haben unsere Kasse schon abgeschlossen!" - Das hätten wir uns denken können, so eine 19.50-Uhr-Vorstellung ist ja auch mitten in der Nacht, irgendwann müssen die Mädels schließlich mal Feierabend machen. Die Frage eines unsensiblen Gastes, warum man dann eine Viertelstunde Zwangspause mache, hat zu Recht beleidigte Schnuten bei Blondie & Brownie zur Folge. Schließlich könne man nichts dafür, wenn der Chef das so anordne.
Genug der kleinlichen Krittelei, der Film geht schließlich gleich weiter. Vorhang auf, oh, da kommt Schwarzfilm mit grüner Kreativschraffur, und gleich so viel davon! Da hat sich jemand Mühe gemacht. Der Kasch steht rätselhafterweise auf Breitwand, damit sich die seitlichen Bildwandsegemente von der Minder-Lux-Bestrahlung des ersten Teils erholen können, dann fährt der Vertikalkasch wieder aufs erniedrigte CS, und die ersten zehn Sekunden des beginnenden Films laufen mit BW-Optik. Ein augenzwinkernder Gruß an verkrampfte Filmvorführer, die sicher denken, jetzt gehe etwas schief - aber nein! schon schwenkt der Anamorphot ein und alles geht aufs Wunderbarste weiter.
Gegen 23 Uhr verlassen wir mit den ca. 15 anderen Besuchern dankbar diesen Tempel des authentischen Kinoerlebnisses und können uns beim besten Willen nicht vorstellen, wie Filmfreunde so vernagelt sein können, sich zuhause auf HD-Displays irgendwelche Blaustrahl-Scheiben anzusehen.
Sonstige Pluspunkte:
* Toiletten waren supersauber, Flüssigseifen- und Handtuchspender großzügigst gefüllt!
* Von Konsumterror keine Rede, man wird nicht abgezockt, sondern zur Askese und Sparsamkeit erzogen.
* Die Hauptfilmkopie hatte keinerlei Laufstreifen oder Schrammen, und das am fünften Spieltag!
Kino ist das Größte!