Hallo,
mein Arbeitsplatz war im "Untergeschoß". Nach der Schulung an der Maschine war ich fast zwei Jahre (mit-) verantwortlich für die Herstellung der Prozesschemie bis ein Platz im analytischen Labor freiwurde (der Mitarbeiter "stieg auf" und wurde Gruppenleiter an einem andern Arbeitsplatz)und ich die chemischen Analysen aller Prozesse (also auch Ektachrome und "Papierbild")machte. Dazu gehörten auch Dinge wie Überwachung der Gestellreinigung, Rückgewinnung von Methylchloroform der "Super-8 Schmierung", Bedienung des Auto Analysers etc.
Die Räumlichkeiten im "Untergeschoß": Mixraum mit drei Räumen. Im mittleren die Stahlbehälter mit Chemikalien, zwei Waagen. Fässer mit Formalin etc. mit Faßpumpen, Arbeitspult des Gruppenleiters. Rechter Raum: Mixtanks und Vorratstanks der Chemie aus Edelstahl je 300 Liter fassend für Kodachrome, rechte Umpumpung mit Filtern (es gab ein linkes und ein rechtes System). Die Umpumpung betraf MQ...
Heureka....eben kommt die Post und bringt die 8 Urlaubsfilme von Cine Dia - erste Sichtung: Tadellos. Mist und ich muß in den Garten weil der Winter kommt.
...die Umpumpung betraf MQ (der Erstentwickler), Cyan, Yellow und Magenta. Das Härtebad hatte eine eigene Pumpe (K12, bei K14 fiel das weg weil der Film fabrikatorisch vorgehärtet war). An der Wand Behälter für den Systemüberlauf (nur Cyan und Magenta wegen der Kupplerückgewinnung. Bei Yellow lohnte das nicht).
Linker Raum: Mix- und Vorratstanks für den RCP Prozess (praktisch Kodachrome für den Profi. Der Prozess war aber anders), linke Umpumpung, Trockenschrank und (gewaltige) Zentifuge für die Kupplerückgewinnung und Mahlwerke. Der rückgewonnene Kuppler wurde dem Neuansatz in bestimmtem Verhältnis mit neuem Kuppler wieder zugeführt. Diese Chemikalien waren sehr teuer. Dann gabs noch ein Chemikalienlager mit Paletten für den "gewaltigen Verbrauch" (pro Schicht waren drei Härtebäder fällig) und das bedeutete pro Badansatz ca. 300 kg Natriumsulfat und andere Chemikalien mit ca. 35 Litern Formalin....
Eine eigene Abteilung waren Bleich- und Fixierbad mit 5000 Litertanks mit der Silberückgewinnung. Ein Raum war für die Gestellreinigung.
Der am meisten aufgesuchte Ort war der Kaffeautomat. Millivoi (ein kroatischer Kollege, keine Ahnung wie man das schreibt, ich vermute das heißt auf Deutsch Emil), ein respektabel großer Mann der aber langsam, fast schlurfend lief, erklärte vor Schichtbeginn immer, ...muß i erst einen Kaffee holen sonscht kannscht nicht iiberleben das Ganze...Einmal als ich über den Formalingestank schimpfte sagte er grinsend...da kannscht deinen Kurac damit einreiben, dann wirscht Freude haben....
Verfixt was Wichtiges fehlt noch - der Rotametergang. Links und rechts mit je einer Sprechanlage von der das Bedienungspersonal die Befehle vom Kontrollraum bekommt. Je nachdem wieviele Maschinen mit Kundenfilm beladen sind, soviel Nachfüllösung strömt zu. Ein Rotameter ist ein Durchflußmesser für Härtebad, MQ, Cyan, Yellow, Magenta, Boro (chemische Nachbelichtung für Magenta), Bleich- und Fixierbad und das steuert der "Rotametermann" nach den Angaben vom Kontrollraum. Auch dieser ist neben dem analytischen Labor im Untergeschoß. Dort tut Anton Dienst - in der Spätschicht alleine (in der Frühschicht drei Leute). An der Wand große Karten auf denen der Prozessverlauf zu sehen ist. Jede Maschine mit Auswertung der Teststreifen (13 Maschinen einschließlich der RCP-Maschine). Anton erklärt mir, daß der komplizierte Kodachrome- Prozess einfacher zu steuern sei als Ektachrome. Auf den Teststreifen sind drei farbige Felder und Anton erklärt mir, daß die Farbdichte aber auf den Graufeldern gemessen wird. Dann ist ein Badzusatz zu machen: M38 für Magenta und der Kuppler wird in Natronlauge gelöst...
Ich hör jetzt auf, das war ein kurzer Überblick, aus dem wohl hervorgeht, daß "heutige Labors" mit dem Geschilderten wenig zu tun haben.
Aaton