Hallo an alle,
dem ist doch eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Trotzdem schreib´ ich die nachfolgenden Zeilen teils mit einem Augenzwinkern. Es entbehrt aber durchaus nicht der sachlichen Grundlage, wie auch am Zitat zu sehen ist!
Nehmen wir mal an, daß Mozart, Beethoven et al auch noch in 500 Jahren gespielt werden, weil eben die Partituren (auf Papier??) noch existieren - es muß ja nicht immer die Karajan-Interpretation der DGG sein. Nehmen wir ferner an, daß der Verlust von manchem Machwerk, welches heute als Belegexemplar irgendein Langzeitarchiv "belastet", zu verschmerzen ist, weil eigentlich nicht der Archivierung würdig - man denke an alles, was sich mit dem Prädikat "schlechter Kommerz" unschwer klassifizieren läßt. Aber auch dann bleibt leider immer noch furchtbar viel Material übrig.
Wir kennen praktisch nur ein einziges, relativ stabiles Langzeitformat: Gravuren. :mrgreen:
D.h. alles, was die folgenden Kriterien erfüllt:
1. Möglichst geringe Schreibdichte :idea:
2. Möglichst robuste Methodik der Aufzeichnung (Hammer und Meißel u.d.m.) :!:
3. Möglichst robustes und Temperaturunabhängiges Speichermedium (z.B. Metall oder Stein) :shoot3:
Das Wesen einer Gravur findet man de facto bei der analogen Schallplatte wieder, wenngleich dort die Schreibdichte durchaus höher ist, verglichen mit altagyptischen Hieroglyphen oder Maja-Inschriften. Auch hier: Die Schellackplatte mit ihren groben Rillen war -sieht man man von der Zerbrechlichkeit des Materials ab- durchaus ein langlebiger Speicher; ihr Nachfolger (Vinylplatte mit Microrille) war da schon ungleich verletzlicher. Außerdem wissen wir noch nicht mit letzter Sicherheit um die Langzeitkonstanz von PVC.
Es wird behauptet, daß sich in einer fernen Zukunft nur Informationen von Speichermedien mit kleinem Signalbearbeitungs- (Decodierungs- / Wandlungs-) Aufwand einigermaßen sicher werden wiedergeben lassen. Im Umkehrschluß weist das auch auf die Wichtigkeit (und Richtigkeit) aller Medien mit kleiner Schreibdichte und einfachem Verfahren hin. Dabei sind wir wieder beim Thema, denn es gibt da eigentlich grob gesprochen tatsächlich nur zwei vergleichsweise einfache Techniken, die diese Kriterien einigermaßen erfüllen:
a) analoge Schallplatte (mechanisch oder elektroakustisch, mono oder stereo)
B) Film (sw oder f, ohne oder mit Ton)
Unser geliebtes Ton- und Videoband, egal ob nun analog oder digital habe ich hier bereits bewußt weggelassen, da es erwiesenermaßen bis zum Niedergang der magnetischen Bandaufzeichnung den Herstellern nicht wirklich gelungen ist, ein dezidiert langzeitstabiles und gleichzeitig qualitativ hochwertiges Bandmaterial zu verwirklichen. Stichwort Polyurethan als Bindemittei :mad:. Vom komplizierten Innenleben der Recorder ganz zu schweigen. Diesbezüglich hatten die noch nicht so hochgezüchteten Urrezepturen aus der Frühzeit der magnetischen Aufzeichnung zumindest anfangs weniger Probleme, da die urtümlichen Materialmixes deutlich simpler waren.
Fazit: Wir wollen immer mehr immer billiger und immer "besser". Und deswegen beginnt die allgegenwärtige Technik, uns zu überholen. Sowohl an Komplexität (wieviel vom Wissen seiner Zeit kann ein einzelner Mensch heute noch durchschauen oder nachvollziehen ?), als auch an Stabilität (wie lange soll es, wird es oder kann es halten?) lassen die technischen Entwicklungen fast zwangsläufig immer mehr zu wünschen übrig. Von den sozioökonomischen Faktoren ganz zu schweigen. Wir steuern im Ganzen durch unsere Pleonexie (= anthropologische Konstante des Menschen???) auf die Gerneralumkehr dessen zu, was der Begriff "Archivierung" eigentlich bedeutet: Wohin denn mit unseren hypothetischen und kostspieligen analogen Riesenarchiven, vollgestopft mit Medien geringer Schreibdichte? Bei der derzeit inflationären Flut irgendwelcher audiovisueller "Kulturleistungen" platterdings ein Ding der Unmöglichkeit!!.
Vielleicht wird stattdessen und sogar ganz folgerichtig etwas völlig anderes geschehen: ganz zwangsläufig -einem evolutionären Geschehen gleich- wird nur das überleben, um das man sich in besonderer Weise bemüht hat - aus welcher Motivation heraus auch immer. Alles andere ist nach dieser Meßlatte bewertet aus irgendwelchen Gründen - oder rein zufällig- bloß zweite Garnitur. Dieses- nenne wir sie mal B-Ware wird einer Art anthropologisch grundgelegten und technologisch perpetuiertem Selbstreinigungsprozess unterworfen bleiben. Solange, bis der digitale Gedächtnisverlust (blackout) beim Massenmarkt die Spreu vom Weizen trennt und ihn zum Verschwinden bringt. Und da man danach nicht mehr das weiß, was man vorher wußte, erhalten die Menschen wieder viel mehr Raum für eigenes kreatives Handeln und Schaffen.
Entscheidend ist aber auch, daß angesichts dieser Perspektive wieder mal wir Amateure hier im Kleinen besonders gefragt sind, weil wir nicht unbedingt ökonomische Kompromisse eingehen müssen, da wir nur mit dem wenigen, uns erhaltenwert erscheinendem Privatmaterial umgehen müssen.... Die Existenz und die Anzahl der posts in diesem thread geben davon ein beeindruckendes Beispiel. Die Jagd nach dem besten Filmmaterial und den Informationen zu seiner optimalen Pflege und Top-Werkstoffen geht ergo weiter, und zwar nicht nur deshalb, weil man zu einer verschrobenen Elite gehört. Es sind wie gesagt sachliche Gründe...
Welchen Informationsträger hat man damals an der Voyager befestigt, als man sie auf den Weg zu den Sternen schickte??
Antwort: Eine Gravur in Gestalt einer goldenen Schallplatte!!!
Da hatte doch wohl jemand bei der NASA ganz bestimmte Hintergedanken, oder ?... :!:
Herzlichst,
Martin