Möchte noch etwas zu bedenken geben. Je kleiner das Film- und Bildformat, umso mehr fällt die Ausdehnung der lichtempfindlichen Schicht entlang der optischen Achse ins Gewicht.
Mit anderen Worten: Eines und dasselbe Filmmaterial wird z. B. als Kleinbildfilm und als 8-mm-Film optisch verschieden behandelt. Objektive für Video-Kameras sind mehr oder weniger auf eine mathematische Ebene gerechnet. Filmaufnahmobjektive dagegen sind meistens mit einem Rest an Farblängsfehlern belassen. Die kurzwelligen Anteile werden auf Bildfensteranlage fokussiert, die mittleren Wellenlängen (Grün) auf plus zwei, drei Hundertstel und das relativ langwellige Rot auf vielleicht plus fünf Hundertstel. Die Anordnung der empfindlichen Schichten und der Filterschichten entspricht dieser Auslegung, was nicht zuletzt zum Erfolg der Umkehrmaterialien als Schmal- und Kleinfilm beigetragen hatte. Wenn Ahnungslose vom Film-Look wabern, sprechen sie unbewußt über der Filmtechnik eigene mechanisch-optische Voraussetzungen.
Die Optikhersteller kennen diese Zusammenhänge natürlich und gehen mit ihren Erzeugnissen auf Filme ein. Die neuen Leica-Primes für professionelle Video- und Filmkameras haben nur ganz wenig Farbenlängsfehler, aber da ist auch ein Bildformat von 18 × 24 mm. Das Verhältnis der Bilddiagonale, hier 30 mm, steht zu einer Farbenfilm-Gesamtschichtdicke von angenommen 0,1 mm im Verhältnis von 300:1. Beim Doppel-8-Bild von 3,6 × 4,8 mm steht die Diagonale im Verhältnis 60:1 zum Film, die Tiefenausdehnung ist im Verhältnis fünf Mal größer.
Jetzt sind die Blauanteile im vom Objektiv entworfenen Bild die eigentlichen Schärfeträger. In der Projektion ist es aber die Grünschicht, welche das Bild trägt. Beim professionellen Negativ-Positiv-Verfahren ist es die Magenta-Schicht. Noch ein Bestandteil des unverstandenen Film-Looks. Was beim Abtasten und Darstellen mit Monitoren geschieht, ist jeweils eine neue Geschichte, die mit Film überhaupt nichts zu tun hat.
Aufnahme- und Wiedergabeobjektive sind verschiedene Biester. Ein Projektionsobjektiv für Super-8-Umkehrfilm ist ziemlich anders entworfen als eines für die Normalfilmauswertung im Kino.
Auch teure Objektive für den 16-mm-Film stehen noch woanders als die für den 35-mm-Film. Man sollte sich also überlegen, wozu man seine Optik benutzt. Umkehr-Farbfilme und Farbnegativfilme dienen halt einfach verschiedenen Zwecken. Kern, Berthiot, Schneider, Isco, auch Angénieux für kleine Filmformate, das sind Restfehlerlinsen. Es brauchen nicht chromatische oder geometrische Restfehler zu sein, die mitverkauft wurden, Bildfeldhelligkeit, Bildfeldebnung, Auflösung und Verzeichnung sind gerne die Ausweichmöglichkeiten.
Denken wir an den Fotografen zurück, der auf Platte 13 × 18 cm aufnimmt. Die Glasplatte ist sehr gut eben, sein Objektiv von 1900 hat noch heftige Fehler. Er belichtet mit f/32 während einer Sekunde. Das geht beim Filmen nicht. Die Belichtungszeit ist etwas um 1/40 Sekunde, der Film hat zum Beispiel 25 ISO Empfindlichkeit, ergo geht die Blende auf. Öffnungsverhältnisse unter 1:2.8 benötigen richtig Glas und das geht ins Geld. Ihr versteht langsam, wie es läuft.
1850 war die lichtempfindliche Schicht hauchdünn, kornlos und sehr gut eben. Als Objektive kannte man nicht viel anderes als den Achromaten, das ist ein verkittetes Linsenpaar, und den Meniskus. Belichtungszeit war mehrere Minuten, anderes als Violett und Blau wurde nicht aufgenommen. Laub dunkel, rote Äpfel fast schwarz. Blaue Augen dafür stechend hell.
Wir sind verwöhnt.