Aber das Ganze ist wirklich kein Altruismus und Liebhaberei eines altersmilde gewordenen Kinonostalgikers, sondern kühl abgewogene betriebswirtschaftliche Kalkulation:
a. mit fremdsprachigen Filmen,
b. mit 2015 älterem Hauptpublikum,
c. mit der Nostalgie,
d. mit dem Rauswurf des gelobten Betreibers aus seiner eigenen Aktiengesellschaft, der CinemaxX AG um etwa 2006.
Du selbst erwähnst den Rückzug des Betreibers aus dem gegenüberliegenden 50er Jahre-CinemaScope-Kino "Cinema" - zu Zeiten, als der Erstaufführungs-Markt von den UFA-Theater-Gruppe von Volker Riech und von H.J. Flebbes eigener CinemaxX-AG abgeschöpft war. Somit schien der Mainstream-Markt durch das UFA-Multiplex in Hamburg und zum anderen durch das UFA-Kinocenter "Grindel" (dort mit den fremdsprachigen Filmen) gesättigt.
Und daher war zu deiner Zeit (um 2000) ein Betrieb natürlich ein hohes Wagnis, das erscheint mir logisch.
Danach passierte Folgendes, wenn ich es richtig interpretiere: das "UFA-Grindel" schloss und wurde abgerissen (und gegen eine evtl. Wiederaufnahme des "Grindel"-Betriebs wetterten die Vorstände der CinemaxX AG im "Filmecho" in aller Öffentlichkeit - man brauche das "Grindel" nicht in Hamburg. Eines der weltweit opulentesten Breitwand- und Grossraumtheater (die von Herrn Riech verkleinerte Leinwand hätte man wieder rückgängig machen können), wurde per se als minderwertig und marktstörend bekämpft.
Durch die Schliessung wurden plötzlich die fremdsprachigen Filme frei. Nach und nach trat im Mainstream-Gewerbe eine Übermüdung beim Multiplexbesuch ein, die gerade Multiplex-Erfinder Flebbe selbst ständig hellsichtig hervorhebt.
Also ist man in eine Marktlücke vorgestossen, in die auch andere hätten eindringen können, korrekt?
Zeitgleich zum hier beglückwünschten Betreiber bemühten sich natürlich auch hoch erfahrene, angesehene und kompetente Programmkinobetreiber Hamburgs um das "Savoy". Gerne hätte ich diese beglückwunscht, weil sie künstlerisch, sozial und akademisch Kulturveranstalter sind, denn sie hatten auch eine starke Affinität zum Repertoirespiel auf Film (weil dies oben angesprochen wurde), zur Mindestausstattung beim Digital Cinema mit 4K (wo man besser auf Deine Expertise und Installation zurückgreifen sollte) und bewusst auch zu berühmten Klassikern des 70mm-Films mit der Absichtserklärung zu Festivals. Vor allem: eine Verkleinerung der Bildwand wie jetzt geschehen, hatten diese Bewerber kategorisch abgelehnt, und vor der Übernahme durch den jetzigen Betreiber wurde das "Savoy" bekanntlich von der Hamburger Kinemathek auf nachwievor dem bedeutend grösseren Bildwandrahmen bespielt.
Natürlich kann man sagen: bitte aufhören mit dem Nörgeln, das ist Schnee von gestern, die anderen Betreiber haben nix gezahlt/sind keine so guten Selbstvermarkter wie der Jetzige.
Da aber mit dem Neuanfang durch den jetzigen Betreiber auch eine geschmackvollere moderne (oder alternativ: historisch passendere) Ausstattung des "Savoy" verspielt wurde, da eben so eine hochwertigere Projektionstechnik und avanciertere Programmkultur nebst diversen modernen Festivals ad acta gelegt wurden, weil eben auch das Bild so klein ist wie nie zuvor, weil vor allem aber das "Grindel" dem "Bäumchen-Wechsel-Dich"-Spiel der Standortterminatoren zum Opfer fiel,
fällt mir kein Grund ein, warum man immer wieder presseseitig und auch branchenintern Leuten mit einer anfechtbaren Politik Ehrerbietungen macht? Woher bitte nur kommt diese Unterwürfigkeit, wenn man fragen darf? Doch eher von Denen, die als Filmfans von aussen betrachtend den Abriss älterer Filmtheater bedauern und auf jede Wiederinbetriebnahme anspringen, als handelte es sich um ein Geschenk der Götter oder um ein Wunder der Natur. Das ist es aber nicht. Man muss immer an das erinnern, was aus guten Gründen besser sein könnte und auch möglich gewesen wäre. Letzlich aber (in vollem Bewusstein, d.h. mit Absicht) verhindert wurde.
Es geht m.E. um Geld, Prestige, Marktmacht, Marktverschiebungen oder Marktverdrängung.