Artikel zur Weltpremiere von "Lawrence of Arabia": beinahe ein Krimi: http://www.bfi.org.uk/news/lawrence-arabia-50-years-ago
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Es ist evt. interessant herauszufinden, warum das Originalnegativ von Anfang an Mängel aufwies: Druckbelichtungen oder Schlieren sind sicher allen Betrachtern des Films von 1962 bis 2013 geläufig. Erwähnenswert wäre, wo das Negativ belichtet wurde - unter anderem in Jordanien -, wo es entwickelt und die Dailies gezogen wurden.
Der Restaurateur von 2012, Grover Crisp, verallgemeinert stark:
“Some people actually like the smooth look, and those are people who never knew film or cared about film, even though they might be movie buffs. And there are some journalists like that [whom] I hear from all the time.” But he went so far as to suggest that the 4k version might realize the dream of directors (and many cinephiles): the digitized version projected “allows you to look at the image that they were looking at through the viewfinder, that they thought they were capturing. The traditional photochemical process tends to bury some of that detail.” (Zit. aus https://www.filmcomment.com/blog/this-is-dcp-is-that-it/ )
Tatsächlich mangelt es seiner 4K-Version des "Lawrence of Arabia" an genau den Vorzügen, die er bewirbt.
Wie "2001" oder "Ben Hur" war der Film immer verfügbar und präsent, aber eben so unbefriedigend ist der Stand aller heute verfügbaren Versionen und Restaurierungen. Die digitale Variante glänzt durch Sauberkeit, aufwendige Retusche und Bildstandsperfektion - enttäuscht aber ob ihrer Flachheit - es fehlt der klassische "Todd-AO - Look" (denn in der Gradation waren die Filmkopien vor 2012 steiler). Sie wirkt etwas weicher, szenenweise unausgeglichen und in der Wüstenszene zu Beginn stark ausgelaugt. Ein rechtsseitiger Ausleuchtungsfehler ist - seit der ersten [1987] bis zur letzten [2012] Restaurierung - nachwievor erkennbar. Die vom Digisat 2017 gezogene 70mm-Kopie ist "beautiful, but pretty grainy", meinen selbst englische Cineasten. Und: auf der neuen digitalisierten Version liegt insgesamt ein bräunlich- grüner Hauch.
Die etwas körnige Analogrestaurierung von 1987 weist dagegen eine Bildstandsungenauigkeit nach unsachgemäßer Bell&Howell-Kopierung seit dem Interpositiv auf, enthält alle Negativschäden von Anbeginn und zeigt ebenfalls einen Ausleuchtungsfehler. Anderseits liegt eine geschlossene Farb- und Lichtbestimmung vor, wobei von einem offenbar 1987 noch weniger gealtertem Negativ ausgegangen werden konnte. Das farbliche Ergebnis der 70mm-Fassung von 1987 konnte ähnlich auch auf die NTSC-Superbit-DVD hinübergerettet werden. Der Farb- und Lichtausgleich entspricht dennoch nicht dem Premierenoriginal, welches gold-bräunlich abgestimmt war [nicht zu verwechseln mit dem oben kritisierten leichten bräunlich-grünen Hauch] - es lag 1987 aber zumindest ein neutraler Farb- und Lichtausgleich vor, der seit 2012 fehlt, wohingegen der Tonmix 1987 unbotmässig mit Hall überzogen und 2012 verbessert wurde.
Für Vergleiche planen wir auf dem 4. 70mm-Weekend im Centrum Panorama Varnsdorf die Vorführung der Analogrestaurierung von 1987 mit einigen Schrämmchen in besagter Farbneutralität. Im Anschluß ist der Vergleich mit einer 70mm-Rolle von 1962, die direkt vom Kameraoriginal gezogen wurde, geplant. Der Vorführung soll eine Einführung zur Überlieferung des Films und eine Bewertung des Looks vorausgehen, die keine Wiederholung von bisher ausschließlich kursierenden Werbetexten und Lobeshymnen sein möchte.