Ja, ich bin bekennender Anhänger vom analogen Kino, nicht nur, weil ich diese IT-Monster nicht begreife, die sich digitale Projektoren nennen. Nicht nur, weil alle kleinen Kino´s vor gigantischen Problemen stehen, weil diese digitalen Mist-Dinger empfindlicher auf Wärme, Kälte, Staub und weiß-ich-was-noch-alles reagieren als Madonna auf Kritik an ihren desaströsen ESC-Auftritt.
Ich mochte das Gemütliche an den alten 35-mm-Ratter-Kisten, sie waren – wenn der Vorführer gut gearbeitet hat – zuverlässig, robust und die beste Freundin (Honi soit qui mal y pense !) in all den einsamen Stunden in der dunklen Vorführ-Kabine. Für uns war ein Vorführer, der ab Donnerstag nichts mehr zu tun hatte, ein guter Vorführer – weil er am Mittwoch sauber, zuverlässig, präzise und gut gearbeitet hat.
Kein Bildstrich-Fehler, keine falschen Akt-Reihenfolgen, keine (neuen) Kratzer und Schleifspuren, keine Schauspieler, die rückwärts liefen, die Worte gesaugt statt gesprochen haben und Häuser, die auf dem Kopf standen.
Natürlich ist die digitale Projektion, was Qualität angeht, nicht zu toppen, ohne Zweifel. Aber davon rede ich nicht, was ich meine, ist dieses Zuviel an digitalem CGI-Mist.
Ich war die Tage unter anderem in Avengers, Aladdin und Godzilla 2 und es übelte mir unangenehm nach. Statt grandiose Bild- und Story-Einfälle endlose Tsunamis mit digitaliserten Hässlichkeiten, mit tanzenden Vogel Strauss- und Äffchen-Katastrophen oder berghohen Monstrositäten, die vermutlich nicht mal Asiaten lustig finden.
Wie soll ich einem Dreikäse-Hoch erklären, dass diese üppigen Musical-Paraden mit Will Smith ausschließlich im Computer entstanden und die in der wirklichen Welt nicht mal zu Hoch-Zeiten von Hello Dolly so opulent ausfielen.
Was darf ich Zukunft von Action-Filmen erwarten, die mich heute schwindlig zuscheissen mit Zillionen von ekligen Figuren, irrwitzigen Artistik-Einlagen und das ganze Gedöns jenseits bekannter physikalischen Möglichkeiten dann auch noch so ernsthaft zelebrieren, dass man meinen könnte, die halten ihren debilen Output für das richtige Leben (ich sag nur Fast & Furios).
Wo sind die Stunt-Doubles mit ihrer brillanten Akrobatik, wo sind die genialen Geschichten-Erzähler, die uns mit Esprit fesseln, wo sind die unerreichten Kamera-Augen, die unbestechlich Licht-Stimmungen erzeugten, die uns wohlig erschauern und staunen ließen, wo sind die Koryphäen der darstellenden Kunst, die mich mit minimalster Gestik in ein Universum entführten, wo Träume und Wünsche der einzige Grund waren für Blut-Hochdruck und Kammer-Flimmern ?
Ich liebe Kino, schon immer, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass diese Liebe immer weniger erwidert wird. Sie wird geopfert auf dem Altar der Gleichgültigkeit, kastriert im dunklen Loch der Gier, massakriert im gehetzten Alltag, verraten vom Mangel an Talent, ermordet im Nebel der Beliebigkeit.
Das Schräge, das Originelle, das Unerwartete verschwindet im Mainstream – möglicherweise das größte Verbrechen, das wir in 123 Jahren Kino-Geschichte zugelassen haben.