Da hat Cinerama die größte, (für ihn) provokante These des Films doch glatt "übersehen": Heimat ist an einen Ort gebunden. Sie kann daher für eine einzelne Person nicht überall auf der Welt sein, auch wenn Cinerama das natürlich (aufgrund seiner marxistischen ideologischen Prägung) lautstark behauptet. Deshalb stößt ihm der Film wohl auch so sauer auf.
Es ist ein Einblick in einen ganze bestimmten, fremden Bereich, um sich da hinein versetzen können. Ich sehe daran nichts Negatives. So macht man das in Dokus großteils, insbesondere die über cineramas politische Lieblingsthemen. Würdest Du derartige Forderungen, Cinerama, auch äußern, wenn es um eine Doku über (z.B.) Flüchtlinge ginge? Würdest Du dann ebenfalls fordern, dass aus "politischen oder religiösen Lagern die jeweiligen Befürworter oder Widersacher aufeinandertreffen, um der Schwarz-Weiß-Malerei zu entgehen.", wo dann alle Argumente aller (!) Seiten zerlegt werden?
Was Deine Intentionen wirklich sind, zeigst Du ja schon hiermit:
Infragestellen, Zerreden, Relativieren, "nichts ist gewiss", die alte linke Dialektik von Adorno und Frankfurter Schule. Hauptsache jeglicher Halt und jegliche Stabilität geht verloren, damit die Gesellschaft in Deinem Sinn revolutionär umgebaut werden kann. Da steht die Religion natürlich im Weg.
Ja, das denke ich mir.
Sollte sich die Kirche zu einer Unterorgansiation der Politik umstrukturieren?
Moment, das hatten wir ja schon mal. Ging nicht gut.
Der Film ist stellenweise tatsächlich etwas statisch, was die Bildgestaltung angeht. Ich finde das aber in diesem Fall nicht verkehrt, es ist dadurch ein sehr ruhiger, fast meditativer Film. Definitiv stilistisch eher Fernsehen (3sat? Arte?) als Filmfestival, und die Länge von 45 Minuten ist für Festivals tatsächlich schwierig. Gute Sprecherstimme!
Ich finde den Film nicht konservativ. Er hat eben nur keine links-diskursive Sozialingenieurs-Agenda, so wie sie aktuell die allermeisten Filme und Dokus in Kinos und auf deutschen Festivals haben. Schön, daß es mutigerweise zur Abwechslung (Vielfalt!) mal eine Doku über christliche Themen gibt: das Christentum kritisieren und verspotten ist weit verbreiteter Sport auf Festivals, wenn man da nicht mitheult, löst es Gegenwind aus, wie man sieht.
Ach ja.. auf der von Cinerama zitierten Seite http://www.aufklaerung21.de vermisse ich ein wenig die diskursive, kritische Vielfalt, denn es wird da offenbar schwerpunktmäßig fast nur das Christentum kritisiert?