Brief von Herrn Weber vom Cinecitta an Ministerpräsident Marcus Söder
Mit Wirkung zum 23. August wird auch die bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung entsprechend des Beschlusses der MPK vom 10. August angepasst, womit eine weitreichende 3G-Nachweispflicht zumindest in Land- und Stadtkreisen mit einer Inzidenz jenseits der 35 geschaffen wird. Wolfram Weber, Betreiber des Cinecitta in Nürnberg (wo diese Grenze bereits überschritten wurde), sieht sowohl wirtschaftliche als auch logistische Herausforderungen, die er in einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder zusammenfasst - und um einen Vorschlag zur Entlastung der Kinos ergänzt.
Der Brief im Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr Dr. Söder,
nach Endlos-Lockdown und der schwierigen Phase des Wiederhochfahrens waren wir auf einem guten Weg, die Besucherzahlen sind stetig gestiegen und haben (trotz geringerer Sitzplatzkapazitäten wegen Einhaltung des Mindestabstands) fast schon Vor-Pandemie-Niveau erreicht: seit 27.5. hatten wir 140.000 Besucher im Cinecitta'. Wir hätten im Prinzip nun den Punkt erreicht, an dem keine staatlichen Überbrückungshilfen mehr in Anspruch genommen werden müssen. Die 3G-Regelung droht nun aber, die positive Entwicklung wieder ins Gegenteil zu verkehren.
Unser Eindruck ist, dass Kinos missbraucht werden, um die Impfquote zu erhöhen. Insbesondere für Nicht-Geimpfte wirkt die Regelung als Barriere, umso mehr, wenn Tests selbst finanziert werden müssen. Ob der gewünschte Effekt erreicht wird und sich diese Personen wirklich impfen lassen, ist fraglich, erst einmal werden sie dem Kino fernbleiben. Wir rechnen mit Umsatzeinbußen von ca. 30% - und das obwohl wir bereits Eigeninitiative ergriffen haben, um den Impffortschritt zu beschleunigen: Die Cinemagnum-Kassenhalle wird dem mobilen Impfteam des IZ Bayern zur Verfügung gestellt, auf Raummiete wird verzichtet. Die Aktion wird auf allen unseren Kanälen beworben, wir waren deshalb auf Social Media schon Anfeindungen ausgesetzt.
Als unverbesserliche Optimisten sind wir darum bemüht, immer positive Signale zu setzen: Wir haben unsere Kinos zum frühestmöglichen Zeitpunkt geöffnet, als der Rest der Branche noch mehrheitlich zögerte und lieber auf staatliche Hilfen setzte. Wir haben trotz anfangs fehlender Blockbuster ein umfangreiches und vielseitiges Programm angeboten, das die Menschen weg vom heimischen Streaming und zurück vor die große Leinwand gebracht hat; das Publikum wusste dies zu schätzen. Alle behördlichen Auflagen wurden erfüllt; bezeichnenderweise erhielten wir während der ganzen Zeit der Pandemie keine einzige Kontaktverfolgungsnachfrage vom Gesundheitsamt. Und obwohl die Kinos zu keiner Zeit als Treiber des Infektionsgeschehens in Erscheinung getreten sind, werden diese nun durch die 3G-Regelung bestraft.
3G ist mit erheblichem zusätzlichem Aufwand für die Kinobetreiber verbunden. Am Montag, 16.8. hatten wir im Cinecitta' 2500 Besucher: wenn alle beim Eintritt durch den Haupteingang hätten kontrolliert werden müssen, wären dadurch Personal-Mehrkosten von ca. 800,- Euro entstanden - und nun ist Montag nicht gerade der besucherstärkste Tag und das Cinecitta' hat nicht nur einen Eingang. Der offene Charakter ist ja gerade ein Merkmal, das dieses Haus auszeichnet und das erhalten bleiben soll; wollten wir aber an allen Eingängen Kontrollen aufstellen, würde das die Personal-Mehrkosten mindestens verdoppeln.
Um wirklich zu überprüfen, ob die vorgezeigten Dokumente dem jeweiligen Kinogast zugeordnet werden können, müsste laut 3G-Verfügung auch der Personalausweis kontrolliert werden. Dazu sind wir aber vom Gesetz her gar nicht berechtigt: Wenn sich jemand weigert, können wir dies nicht durchsetzen. Es müssten dann schon Polizeikräfte vor Ort sein, die diese Berechtigung haben, aber das ist relativ schwer umsetzbar bei unseren Öffnungszeiten und dem dafür nötigen Personaleinsatz.
Unser Vorschlag wäre deshalb, die Kunden beim Kartenkauf (und natürlich auch über alle anderen uns zur Verfügung stehenden Mittel und Wege) zu informieren, dass sie geimpft, genesen oder getestet sein müssen, um unsere Kinos und die Gastronomie besuchen zu dürfen. Wir würden außerdem betonen, dass stichprobenartig Kontrollen durchgeführt werden. Sollte bei einer solchen Kontrolle ein Verstoß entdeckt werden, so muss die betreffende Person mit einem Bußgeld rechnen.
Diese Vorgehensweise entspräche dem System, das z.B. auch bei der Maskenpflicht in der Fußgängerzone greift: Auch hier wird ja nicht jeder kontrolliert, der diese Zone betritt; es werden aber in Abständen Kontrollen durchgeführt und falls Personen angetroffen werden, die gegen die Auflagen verstoßen, wird ein Bußgeld erhoben.
Unserer Meinung nach könnte mit so einer eher pragmatischen Lösung genauso das Ziel erreicht werden mehr Leute zum Impfen zu bewegen, ohne dass die Kinobetriebe mit erheblichen Mehrkosten belastet werden. Auch unnötige Kontakte würden vermieden, die sich zwangsläufig bei der Kontrolle aller Gäste im Eingangsbereich ergeben werden. Durch die Pandemie-Auflagen haben wir erreicht, dass ca. 85 % der Tickets online gebucht werden, wodurch Schlangenbildungen beim Kinobesuch fast vollständig vermieden werden konnten.
Wir bitten, unsere Anregung zu überdenken, und hoffen auf einen baldigen positiven Bescheid.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfram Weber"