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Geschrieben

Am Salon de la Photographie 1958 ist die Beaulieu R 16 der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Mit einem Schlag gab es eine Alternative zur schweizerischen Allzweckkamera, eine französische Spiegelreflexsucherkamera.

 

Ihr Reflex-System bringt 100 Prozent Licht auf den Film und in den Sucher, frei von optischen Einflüssen wie bei Prismen oder Membrane. Die Beaulieu R 16 ist kompakt und leicht, sie liegt angenehm in der Hand. Das Sucherbild erscheint gut vergrößert auf Mattscheibe, das Okular ist großzügig konzipiert.

 

Es ist eine Reportage-Kamera. Sie hat nur ein Kongreßgewinde im Gehäuseboden, will sagen ⅜ Zoll. Die Auflagefläche mißt im besten Fall 18 auf 18 Millimeter. Man muß die Stativschraube schon sehr kräftig anziehen, damit das Ganze einigermaßen stabil ist. Das lederne Trageband ist kaum zu gebrauchen, weil es zu eng am Gehäuse anliegt.

 

Das Federwerk zieht 480 Bilder durch.

 

Das Tempo läßt sich zwischen 8 und 64 Bildern pro Sekunde frei durchstellen. Der Fliehkraftregler aus Messing hat zwei Gewichte.

 

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Das Gehäuse hat eine Öffnung mit Gewinde (M12×1), in die man einen Elektromotor einsetzen kann.

 

Schade ist, daß der Greifer +4 absetzt. Damit steht die Kamera etwas im Abseits, wenn ihre Bildstandsleistung dupliziert werden soll. Unter Umständen findet man einen filmtechnischen Betrieb, wo eine Kopiermaschine auf diesen Positionierabstand eingestellt werden kann. Der Aufwand erscheint jedoch groß. Es ist wichtig, daß man den Filmschleifen die richtige Größe gibt, ansonsten der Film an einem der Leitbleche schleift oder die Seitenführung nicht berührt. Das Einspannen geht rasch vor sich, weil man den Film die Wickeltrommeln entlang hinab- und gleichzeitig den Auslöser drücken kann, wodurch er sofort mitgenommen wird. Vorteil kleiner Zahnrollen!

 

In der Mechanik steckt auch bei Beaulieu eine amerikanische Konstruktion, höchstwahrscheinlich aus dem Umfeld von Eastman-Kodak. Marcel Beaulieu war Techniker bei Pathé und dieser hat alle Apparate erst bei der Familie Lumière eingekauft, dann bei Continsouza & Bünzli und später in Rochester, deutlich zu sehen bei der WEBO mit ihrer Verwandtschaft zum Ciné-Kodak Special. Die ersten Beaulieu-Kameras der 1950er Jahre gleichen stark den Ciné-Kodak-Modellen B und tragen sogar die alten Art-Déco-Drehknöpfe von Revere.

 

Im Innern finde ich ein Getriebe, das elegant und sparsam angelegt ist. Vor-, Nachwickler und Aufwickeldorn sind direkt mit der Federbüchse verzahnt, alle Wellen stehen parallel zueinander, es gibt keine winkligen Verzahnungen. Nur das Zahnrad fürs Fuß- und Meterzählwerk kämmt mit einer Schnecke auf der Federbüchse. So etwas Hübsches habe ich noch nie gesehen!

 

Das Zahnrad der kombinierten Greifer- und Verschlußkurbel ist aus Kunststoff. Ihm gegenüber ist eines aus Stahl, und zwar das auf der Reglerwelle, die von einer Seite her mit Stahlkugel unter Blattfeder axial gespannt ist. Die Verzahnung Reglerwelle-Greiferkurbelwelle ist im Verhältnis 18:45. Der Greifer hätte, ich muß da einer eigenen Äußerung widersprechen, mit etwas anderer Gestaltung des Filmkanals auf +3 gebracht werden können. Es sieht so aus, daß es Beaulieu entgangen ist, welchen Positionierabstand die Kamera bekommt. Daß die R 16 keinen guten Bildstand liefere, halte ich für ein Gerücht und schreibe es einigen Besitzern zu, die sich nicht anstrengen, die Gebrauchsanleitung zu lesen. Mit Schleifen von passender Größe läuft der Film perfekt. Auch der dünnere Gigabitfilm wird fehlerfrei transportiert. Der Greifer flutscht nicht wie bei Paillard seit 1954, er sticht unbeirrbar zu.

 

Die seitliche Filmführung ist richtig konstruiert mit der Einschränkung, daß ihre Federn nicht sonderlich gut zugänglich sind. Die Kamera sauber zu halten ist wirklich eher Last desjenigen, der sie überholt, als Lust des Benutzers.

 

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Der auf- und abgehende Spiegelverschluß bedarf nicht vieler Worte. Streng technisch betrachtet wird der Film ungleichmäßig belichtet. Der Praktiker sagt dagegen: Pfeifendeckel, das sieht man nicht. Wer hat Recht? Natürlich beide.

 

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Die Gehäuseschale ist ein Stück tiefgezogenes Aluminiumblech, kein Druckguß. Das Werk ist mit vier kurzen Schrauben im Gehäuse befestigt, der Revolverträger als einziges Gußstück, auch Aluminium, über zwei Schrauben mit dem Werk verbunden. Im Revolverträger sind Mattscheibenlinse und Prismensystem untergebracht. Diesem ist eine plankonvexe Linse aufgekittet, welche einen Teil des Lichts auf einen Fotowiderstand bündelt. Ich beschreibe das zweite Kameramodell, das an Stelle des flimmerfreien Schachtsuchers eine Gossen-Belichtungshalbautomatik aufweist. Nadel im Sucher durch Öffnen oder Schließen der Objektivblende senkrecht stellen, auslösen.

 

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Kleine Einzelheiten würden die Leistung des Suchers verbessern. Linsenränder und Prismenflächen könnten mit mattschwarzem Lack bedeckt werden, das Sucherrohr sollte von der Vlieseinlage entrümpelt werden, die immer wieder Härchen verlieren kann. An ihrer Stelle wird das Rohr innen durchgehend geschwärzt und mit Lochblenden bestückt, die Streulicht abfangen. Der Luftraum zwischen Prismensystem und Sucherrohr kann mit einem schwarzen Anschluß überbrückt werden, was dem Kontrast des Mattscheibenbildes noch ein Mal einen Kick gibt.

 

Nachteilig an der R 16 sind ihre Hohlräume. Einer davon liegt hinter dem Revolver in der stützenden Ausbuchtung des Gehäuses. Bei den Paillard-H-Kameras ist der Objektivrevolver abgeschnitten. Die Beaulieu wird an dieser und an anderen Stellen laut. Man hätte gut ein Schmiersystem mit Filzverteilern einbauen können, das man durchs mittlere Objektivgewinde im Revolver hindurch mit Öl versorgt. Das will ich bei meiner Kamera nachholen. Ich bin sicher, daß ich die Beaulieu ruhiger machen kann als die Paillard-Bolex.

 

Ärgerlich ist das Glöckelein: Man sollte das Klingeln abstellen können. Doch das geht nicht. Man muß es ausbauen.

 

Das Ärgerlichste ist die Gehäuseunterseite. Kann man die Zugfeder schon im Lauf nachspannen, ein Punkt, bei dem viele andere Produkte ausgestochen sind, müßte das Gerät stabil aufgestellt werden können. Mit einer Filmkamera will man filmen, das heißt vielleicht auch ein Mal die ganze Ladung ununterbrochen belichten. Man benötigt also eine solide Halterung, mit der man die Kamera verschraubt, wozu sich die Gehäusefläche mit einem Viertelzollgewinde im rechten Winkel zur Unterseite anbietet. So etwas kann gebaut werden.

 

Das Erfreulichste an der R 16 ist ihre Kompaktheit. Neben ihr sind alle anderen 16-mm-Film-Kameras klobig und schwer. Wer es drauf anlegt und kleine, leichte Objektive aufsetzt, hat eine Draufhaltekamera von rund 2 kg Gewicht samt Gewindedeckeln, Augenmuschel, Spulen und Film.

 

Um sie unterwegs festzusetzen, befestigt man sie mit einer Klemmhalterung an einer Mauer, einem Baum oder sonst einem geeigneten Gegenstand. Mehr als drei Kilo hat man so nicht zu tragen. Drei Kilogramm Technik, die ohne elektrischen Strom funktioniert, mit jedem 16-mm-Filmmaterial, in jedem Klima.

 

Die Beaulieu Reflex 16 war die letzte Federwerk-Filmkamera. Sie enthält noch die victorianische Kurbelkiste, die Ganzmetallkamera mit Objektivrevolver, den Platinenmechanismus der ersten Handapparate und den Spiegelreflexsucher der 1930er Jahre. Für mich lebt in ihr die vergangene Zeit der Dampfmaschinen, der Blechwalzwerke, Stanzteile und Montagehallen. Wer sich auf die Beaulieu R 16 einlassen will, dem rate ich zu einem Federwerkmodell. Gepflegt läßt sie einen nicht im Stich. Sie ist eine der besten 16-mm-Film-Kameras.

 

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Untersuchtes Exemplar, Nr. 614660 G, gebaut 1962-63 laut Björn Andersson

 

 

Gewicht ohne Objektive und Film: 1740 g; Gewicht der leeren Schale: 300 g

 

 

Objektiv-Revolver mit drei C-Gewinden, Länge des gleichseitigen Dreiecks zwischen den Achsen: 47,625 mm (1.875"); Höchstlänge der Objektivgewinde: 4 mm

 

 

Wickeltrommeln mit je fünf Zähnen

 

 

Einzelbildfunktionen mit Drahtauslöser: Zeit- und Momentaufnahme

 

 

Zählwerke in Metern, Fuß und Bildern; erinnern an das Zählwerk der Carena,

deren Mechanik an Bell & Howell erinnert

 

 

Rückspulkurbel fest eingebaut, Rückwicklung maximal

eine Spannung der Zugfeder

 

 

Belichtungszeit entsprechend 144 Grad in einem Umlaufverschluß

  • Like 1
Geschrieben

Herrlich ! Rehabilitation der R16 !

Die R16-Filmer waren also doch nicht ganz verrückt !

 

Aus genau den oben genannten Gründen und der Kompaktheit wäre diese Kamera *meine* Wahl in 16mm - vielleicht aber in Elektroversion.

Sorry liebe Bolexer ;-)

 

PS: Ein Gesamtbild der Kamera wäre einleitend schön gewesen...

Geschrieben

Ich bitte dich, Außenansichten schwirren ja sofort an, wenn man das Internet kitzelt. Neinnein, mir geht es darum, das Unbekannte aufzutischen. Wie oft wurde von der eleganten Beaulieu geschrieben, dabei steckt die Eleganz im Innern. Das Gehäuse anhimmeln, auch sorry Bolexer, highly polished aluminum body und so, zeugt von vollkommener Interesselosigkeit für Technik. Da müßte die Pathé WEBO ja unten herausfallen, obschon sie ein paar klare Vorzüge über alle anderen hat: riesiger Gehäuseboden, Robustheit, tief liegende optische Achse.

Geschrieben

Mon ami, das war eigentlich ein verstecktes Kompliment. Denn so perfekt geschrieben, mit Einleitung des Erscheinungsjahres, könnte man es glatt abdrucken. Dafür fehlt aber dann doch eine Gesamtansicht der Kamera.

 

Ich kenne die R16 praktisch leider nicht, nur von diversen alten Berichten, Filmbörsen und dort in die Hand nehmen. Der selige Sielmann filmte - glaube ich - auch mit einer R16 in den Savannen und Steppen Afrikas.

 

Über den Verschluß würde ich gerne mal fachsimpeln. Ich gehe davon aus, daß er identisch zu den Super8-Modellen arbeitet.

Bei diesen läuft ein Schlitzverschluß senkrecht von oben nach unten ab, geht geschlossen wieder hoch und dann wiederholt es sich. Identisch mit den Verschlussvorhängen einer Spiegelreflex. Da müßte das gleiche Problem - welches keins ist, sollte es denn existieren - doch bei jeder SLR auftauchen.

Wo ist der Haken ?

 

Besten Gruß

Reinhard

Geschrieben

Du musst dir den zusätzlichen Schlitzverschluß wegdenken. Den Verschluss macht nur und einzig und allein der Schwingspiegel. An dem Bildrand an dem er seine Schwingachse hat wird prinzipbedingt geringer belichtet, da diese Bildseite ja beim Öfnnen als allerletztes freigegeben wird und beim Schließen als allererstes vom schwingenden Spiegel wieder abgeschattet wird. In der Praxis hat das wohl nie gestört.

Geschrieben

Du musst dir den zusätzlichen Schlitzverschluß wegdenken. Den Verschluss macht nur und einzig und allein der Schwingspiegel. An dem Bildrand an dem er seine Schwingachse hat wird prinzipbedingt geringer belichtet, da diese Bildseite ja beim Öfnnen als allerletztes freigegeben wird und beim Schließen als allererstes vom schwingenden Spiegel wieder abgeschattet wird. In der Praxis hat das wohl nie gestört.

 

Also ist daher am einen Rand des Bildfensters immer längere Belichtung als am anderen und damit auch das Bild heller ?

 

Ach, war das nicht damals so, dass man sich dachte: 'Meist filmt man mit der reportagekamera ja draußen und da ist eh meist der Himmel im Bild und da ist es egal.'

 

Ich meine, so was oder so was ähnliches hätte ich als 'Begründung' dazu mal gehört oder gelesen . . .

 

War das irgendwie so ?

 

Micha

 

Übrigens, welche Festbrennweiten gabs original von Beaulieu dazu ?

Geschrieben

1.): Aus genau den oben genannten Gründen und der Kompaktheit wäre diese Kamera *meine* Wahl in 16mm - vielleicht aber in Elektroversion.

2.): Sorry liebe Bolexer ;-)

 

Hallo,

zu 1.): Zunächst mal freu ich mich über eine Wertung, die sich deutlich von dem unterscheidet, was man sonst zu Beaulieu liest. Zur Elektroversion (die Federwerkkamera kenn ich nicht): Ich rede hier von der Ligonie, die ja praktisch eine R16 ist - ich bin seit Jahren sehr zufrieden, augenblicklich ist die vorsichtshalber bei der Wartung. Bericht hab ich noch nicht, ich bin aber überzeugt, daß da gar nichts ist.

Der Unterschied *für mich* zur Webo: Die Ligonie/Beaulieu hat keine Sektorenblende.

Zu den Vorwürfen den Akku betreffend: Dieses Problem halte ich heutzutage für gelöst. Mir hat FFR-Film den großen Akkuhandgriff aufgeschnitten und "vergrößert" (wieder verschweißt) und mit Akku vollgepackt (Sowas gibts nicht zu kaufen). Damit filmte ich schon mehrere Jahre ohne aufzuladen. Toll.

Zu 2.): Hier klingen auch immer mal Ressentiments Bolex gegenüber an. Herr Muster nannte die H-Modelle mal "Maschinchen". Diese Maschinchen haben mir nie Probleme gemacht. Ich halte sie für etwas vom Besten was der Filmer erwerben kann

Aaton.

Geschrieben

Vor 53 Jahren gab es Angénieux, Berthiot, Boyer und Kinoptik, die sofort Objektive liefern konnten. Klassische Bestückung wäre gewesen:

 

Angénieux 12,5-2.2 R4; 25-1.4 S41; 75-2.5 P3

Berthiot Cinor 10-1.9; Cinor 25-1.8; Tele-Cinor 75-3.5; oder Lytar 12,5-1.8; Lytar 17-2.8; Lytar 25-1.8; Cinor 75-3.5

Boyer 15-25-50, Topaz (Triplett) und Saphir C/D 1:1.4 (Tessar-Typ) oder 1:2.3 (Triplett)

Foca 17-25-50

Kinoptik 18,5-2; 25-2; 75-2

 

Letztere Apochromate wurden weniger von Amateuren gekauft als von Professionellen für die Arriflex 16, die Auricon, die Mitchell 16.

Geschrieben

Letztere Apochromate wurden weniger von Amateuren gekauft als von Professionellen für die Arriflex 16, die Auricon, die Mitchell 16.

 

Kinoptik scheint ja bis heute zu den 'besseren' zu gehören.

 

Welche Mitchell 16 meinst Du ? Kennst Du die SSR und die DSR-16 von Mitchell ?

 

Micha

Geschrieben

Hallo,

zu 1.): Zu den Vorwürfen den Akku betreffend: Dieses Problem halte ich heutzutage für gelöst. Mir hat FFR-Film den großen Akkuhandgriff aufgeschnitten und "vergrößert" (wieder verschweißt) und mit Akku vollgepackt (Sowas gibts nicht zu kaufen). Damit filmte ich schon mehrere Jahre ohne aufzuladen. Toll.

Zu 2.): Hier klingen auch immer mal Ressentiments Bolex gegenüber an. Herr Muster nannte die H-Modelle mal "Maschinchen". Diese Maschinchen haben mir nie Probleme gemacht. Ich halte sie für etwas vom Besten was der Filmer erwerben kann

Aaton.

 

zu 1.): Stimmt, mit den Akkus hat man ja viele Möglichkeiten. Ich hatte bei einer R-16 mal einige Plastik-Behälter dabei, die man

mit Baterrien AA bestücken konnte. Dachte ich zumindest . . . :rolleyes: Das hab ich dann auch gemacht. Ich war auf Norderney in den Dünen und filmte und filmte und filmte. Und die batterien hielten lange. Den Plastikcontainer hatte ich in einer kurzen Hose. Dann wurd's warm, wärmer, und zum Verbrennen heiß. Es qualmte, der Plastik schmolz !!! Die Batterien waren glühend heiß !! Zum Glück hatte ich eine Wasserflache dabei, o ich sie reinwerfen konnte . . .

Dannach habe ich einen Akku von Cine 60 genommen und es ging auch . . .

 

zu 2.) Aaton11, Du hast ganz recht. Die Bolex H sind wirklich Präzisionsgeräte, die allerlei Möglichkeiten bieten und die man nicht ohne weiteres mit der R-16 vergleichen kann. Sie haben eine Alleinstellung unter den 16mm kameras.

 

 

Micha

Geschrieben

Die R-16, allerdings die modifizierte Ausführung mit Objektivrevolver, war die erste 16mm-Kamera, die ich mir leistete. Unglaubliche 250 Euro habe ich dafür gezahlt -ein sehr günstiger Preis. Sie hatte einen Inventarvermerk irgendeiner Rüstungsfirma (ich vergass, welche). Ich kann das einhellige Lob nicht teilen. Stets sehr angetan war ich vom Design - eine wirklich schöne Kamera. Zudem ist sie leicht transportabel und kann fast wie eine S8-Kamera überall hin mitgenommen werden. Dagegen halte ich allerdings einige echte Nachteile: Für mich als Anfänger nicht besonders leicht zu laden. Wahnsinnig laut! Und der Bildstand konnte mich überhaut nicht überzeugen. Der Unterschied zu den Filmbildern, die ich nach Erwerb meiner Kinors mit diesen Kameras machte, war enorm - zugunsten der Kinor. Später erwarb ich zum selben Preis eine Scoopic - die berüchtigte graue Version der ersten Produktionsreihe. Im Vergleich zur R16 schnitt sie besser ab. Viel einfacher zu laden, leichter ruhig zu halten und ein deutlich besserer Bildstand. Wenn ich ihr das nicht auswechselbare Objektiv verzeihe, dann würde ich sie als bessere Immer-dabei-Kamera bewerten. Dafür spricht auch die Schnappschuß-Tauglichkeit dank Belichtungsmessung. Die bei meinem Exemplar trotz des Alters tadellos funktionierte. Dass ich das nette Maschinchen verkaufte, habe ich mir nie verziehen.

Geschrieben

@Ole Dost:

Hallo Ole,

wie Du möglicherweise gelesen hast hab ich die Ligonie SK 2001, auch eine Beaulieu R16 (für 9,5mm halt) - die elektrische Variante. Ich weiß jetzt nicht ob die "im Innern" völlig identisch sind, bei meiner gibts da das sogenannte "dreiflügelige Führungsstück" das herausnehmbar ist. Ich hab mehrmals am Anfang Filmsalat produziert, auch mitten im Urlaub. Ich weiß noch wie ich in St. Walburg im Café saß und Film einlegte - und meterweise Film wegwerfen müßte den ich aus dem Gehäuseinnern herausfischte.

Dann "kam ich auf den Trichter". Ich entferne das "dreiflügelige Führungsstück" beim Einlegen, halte einen (hölzernen) Zahnstocher bereit (zum Andrücken des Films an die Zahnrollen) und führe das Führungsstück nach eingelegtem Film wieder ein - sehr vorsichtig. Ich hab den Bogen raus, klappt tadellos und hatte nie wieder Probleme. Deiner Wertung zur Unterwegstauglichkeit stimme ich voll zu. Deswegen auch mein kleines Som Berthiot Vario aber....

Warum hast Du nie den Bildstand beanstandet. Es ist immer problematisch gebrauchte nicht gewartete Geräte zu beurteilen und zu sagen..."die Kamera ist halt so"....

Aaton.

Geschrieben

Zugegeben: Mein Exemplar liess ich vor dewm Gebrauch nicht warten, was ich später grundsätzlich immer tat. Anfängerfehler. Übrigens wollte ich bei Erwähnung der Schnappschuss-Tauglichkeit der Scoopic eigentlich schreiben "Belichtungsautomatik". Eine Belichtungsmessung bot meine Beaulieu R16 auch und die halte ich ihr sehr zu Gute. Leider hat das im 16mm Bereich Seltenheitswert, ist aber bei der Verwendung von Umkehrfilmen sehr, sehr hilfreich.

Geschrieben

Stimmt. Deshalb nehme ich beim Ektachrome 100D auch immer die Bolex EL. Auf deren Belichtungsmesser kann man sich 'meistens' wirklich verlassen. Bei meiner Beaulieu ist er leider kaputt gegangen *wein

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Letzter Nachtrag zu (m)einer Kamera

 

  1. Spiegelverschlußführung mit eingetrocknetem Fett verklebt
  2. Greifer von altem Fett umgeben, Schraube des Greifergelenkes trocken
  3. Mit Ausnahme eines einzigen alle Lager trocken
  4. Revolverscheibe trocken, Rastscheibe verharzt
  5. Ich finde metrische und Imperial-Maße, 1 Zoll ist der Abstand der Werksplatinen zueinander und 3.3" ist der Durchmesser des Revolvers. Die Platinen haben die Außenmaße 5" × 5" und 3" × 5".

Es sieht danach aus, daß die Werkzeuge für Gehäuse und Platinen aus Amerika stammten, die Franzosen jedoch innerhalb des Entwurfes metrischen Wellen und Lager vorsahen. Die Zahnräder haben Modul 1,25 und 0.06" (1,524 mm)! Es würde mich nicht wundern, wenn Feder, Federbüchse mit Zahnkranz und Schnecke auch aus Amerika kamen. Die Wellen sind durchwegs metrisch H8, also zum Beispiel 3,98 mm.

 

 

Getriebe:

  • Federbüchse 135 (.06)
  • Wellen Vor- und Nachwickler 15 (.06)
  • Zwischenrad aus Pertinax 93
  • Zahnrad auf selber Welle 45
  • Kunststoffzahnrad auf Greiferkurbelwelle 45
  • Zahnrad auf selber Welle 31
  • Zahnrad auf Reglerwelle 18
  • Zahnrad auf Welle des unteren Spulendorns 27 (.06)
  • Zwischenrad auf selber Welle 135

Was man nicht alles aus einem Gegenstand herauslesen kann!

 

Damit endgültig nur noch Projektion

  • Like 1
  • 4 Wochen später...
Geschrieben

Allerletzter Nachtrag

 

Das Kernstück dieser Kamera und Verkörperung der Hauptidee ist die kombinierte Greifer-Verschluß-Kurbelwelle. Das Gelenk des Greifers ist aber ganz einfach gemacht, ist trocken und hat Spiel, was Wunder. Man sollte bei einer Beaulieu R 16 also immer wieder die Abdeckung abnehmen und mit einer Spritze ein Tröpfchen schweres Öl in das Gelenk geben. Die Kurbelwelle ist in einem Kugellager und mit einem Zapfen in einer Bronzebuchse gelagert. Ans Kugellager kommt man, nachdem man einen Kegelstift aus der Kurbelwelle entfernt hat, was etwas Vorbereitung erfordert. Der Stift ist in der Länge eingepaßt. Das offene Rillenkugellager ist auch furztrocken und erhält von mir eine halbe Fettfüllung.

 

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Der Greiferarm ist der untere (schwarze). Der Kurbelarm für den Verschlußschieber ist der obere (blanke), der mit der Kurbelwelle fest verbunden ist. Den Scherspuren nach beurteilt war das Stanzwerkzeug schon ziemlich abgenutzt, als diese Teile hergestellt wurden. Man hat also ein Mal investiert, die Aktion gestartet und so viel herausgequetscht, wie nur geht. Wer auch immer dahinter stand, man hat ein weiteres Wegwerfprodukt aufgezogen. Kauft, ihr Idioten!

Meine Partnerin sitzt gerade an der Nähmaschine und säumt Vorhangstoff. Sie sagt, ihre frühere, eine Toyota, wäre besser gewesen als diese Janome. Ich sage zu ihr: Es gibt alte, solide für wenig Geld. Jedenfalls könnte ich eine Nähmaschine reparieren.

 

Ich schweife mit meinen Gedanken zu einem neuen Filmbetrachter, einem Gerät, das alle Schneidetische und Moviola hinter sich ließe, das alle Vorteile der bekannten Produkte in sich vereinte ohne deren Nachteile. Kompakter als die ausladenden Tische, griffig wie eine Serrurier. Auf jeden Fall würde man die Lager von außen her schmieren können wie bei einer gut gebauten Nähmaschine.

  • Like 1
Geschrieben

Vielen Dank Simon! Unfassbar, was Beaulieu gemacht hat. In Super8-Kameras sieht es leider nicht besser aus. Erstaunlicherweise machen Beaulieu-Kameras sehr gute Aufnahmen.

 

Deine Beiträge sind nicht nur inhaltlich tiefgründig, sondern auch optisch tiefgründig ;-)

 

Könntest Du noch einen äußerst allerletzten Beitrag schreiben und uns das Kurbelwellenlager mit Buchse zeigen?

Geschrieben

Hallo,

 

Erst einmal vielen Dank für die tollen Beiträge.

Oft macht man sich gar keine Gedanken darüber wie viel Mühe das Erstellen der Bilder allein macht.

 

Dieses Teil habe ich Anfang der 90er auch einmal besessen. So weit alles gut bis auf die Akkus, denn damals dachte noch keiner an Li Ionen Akkus.:-)

 

Allerdings hatte ich als Naturfilmer Probleme damit, genau wegen des Schwingspiegels. Als ich lange Tüten davor bebaut habe, waren die Bilder irgendwie unscharf und unruhig.

Bis ich dann einen alten Kameramann traf, der mich angrinste und meinte, ich solle doch mal mein olles Berlebach- Holzstativ benutzen.

Tatsache, es war wie weg. Warum? Leider hatten sich die Schwingungen der Kamera auf das Stativ fortgepflanzt und das Ganze war ständig in Bewegung. Da Holz das dämpft, war alles gut.

Aber wegen der Einstellung des Kodachrome K25 und dem neu erschienenen Velvia in 9,5 bin ich umgestiegen und habe die Beaulieu samt einer Bolex H16 verkauft.

 

Gruß otti

  • Like 1
Geschrieben

Hallo,

um es gleich zu Beginn zu sagen: Ich hab mich selten in letzter Zeit so geärgert wie darüber was ich in diesem Thread las. Da schreibt jemand über die Beaulieu R16 und ein anderer überschlägt sich in Dankbarkeitsbekundungen...."da seien die Beaulieu Filmer doch nicht so dumm gewesen...etc.".

Dann kommts: Man hätte einmal investiert, soviel herausgequetscht wie es geht und ein weiteres Wegwerfprodukt gefertigt - "kauft ihr Idioten" (echt starke Formulierung - unter jedem Gesichtspunkt, vor allem unter dem des vorgetragenen Vorwurfs).

Prompt kommt der Kommentar anschließend: Unfaßbar was Beaulieu gemacht hat aber erstaunlicherweise seien Aufnahmen mit Beaulieu gut.

Da wird eine Kameramarke niedergemacht - wieder einmal.

Ich weiß nicht ob ich mit meiner Ligonie ein Wegwerfprodukt in der Hand halte. An einer Bolex H8RX DS-8 hat einer immerhin schon mal einen gehärteten Greifer und ein gesintetes Lager eingebaut. Aber nicht nur wenn ich an den Herrn denke, auch der Gedanke an Wittner erfüllt mich mit Zuversicht.

Ich werde generell mich nach meinen persönlichen Erfahrungen richten und nicht nach dem Geschreibe von Autodidakten in Foren. Bis jetzt funktioniert die Kamera astrein.

Aaton.

Geschrieben

Tja, mit dieser Merkwuerdigkeit, Zoll- und metrische Masse in einem Geraet, habe ich schon vor 35 Jahren unangenehme Bekanntschaft gemacht. Ich hatte naemlich in meine Beaulieu MR8 einen Blitzkontakt eingebaut und dabei die Befestigungsschraube der Aufzugkurbel gekillt. Es stellte sich heraus, dass das Gewinde WW 1/8'' links war! Natuerlich hatte niemand ein entsprechendes Schneideisen. War also nix mit selber Anfertigen. Zum Glueck gab es damals bei Ritter eine Ersatzschraube fuer DM 15.

 

Gruss

 

Liliputkino

Geschrieben

Wäre die R16 eine schlechte Kamera gewesen, hätte sie sich nicht so lange am Markt halten können. Ich hatte bisher nie eine R16, sie lag als Neukamera damals außerhalb meines Budgets. Allerdings hatte ich mehrfach gehört, dass sie als Primaballerina bezeichnet wurde.

 

Es gibt Liebhaber der Beualieus und deren Gegner. Nicht nur in 16mm sondern auch in Super8. In Super8 filme ich selber hauptsächlich mit der 4008 ZMII mit Angenieux-Zoom. Das Endergebnis ist hervorragend, wenn auch die Kamera ihre Eigenheiten hat.

 

In 16mm habe eine H16 Reflex mit Federwerk (Laut, klobig, schwer) und eine ganze Flotte von Siemens 16mm-Modellen(auch unergonomisches Gehäuse, aber leise, präzise und m.E. heute völlig unterschätzt). Wie da im Vergleich die R16 ist kann ich nicht sagen. Wenn mir mal eine gut erhaltene R16 mit Federwerk über den Weg läuft und der Preis nicht utopisch ist - ich würde es ausprobieren...

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