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Geschrieben

berliner-kinos.jpg?locale=gb

 

Dieser Bildband über Berliner Kinos ist wohl soeben frisch erschienen ... hat das Buch schon jemand durchgeblättert? Lohnt sich der Kauf? Sind alle Berliner Kinos verzeichnet oder "nur" ein Querschnitt? Und welches Kino ist das auf dem Titelbild? Die Idee finde ich ja sehr schön und reizvoll ...

Geschrieben

Folgende Kinos sind dabei:

 

Adria

Astor

Babylon

Cinema Paris

Colosseum

Delphi

Eiszeit

Eva

Filmrauschpalast

Hackesche Höfe

International

Intimes

Lichtblick

Neues Off

Passage

Regenbogenkino

Sputnik

Tilsiter

Union

Z-inema

Zukunft

Geschrieben

Buch ist heute angekommen ... lohnt sich wirklich. Schöne aktuelle Bilder mit Augenmerk auch auf kleine Details ... eine solche Mischung an Kinovielfalt gibt es in Deutschland wohl kaum anderswo ... die "Steinsessel" im Sputnik sind ja wohl ziemlich einmalig.

Geschrieben

Ebenfalls eine Einschätzung abgebend, würde ich gerne auf die Motivation und Sinnfrage zurückkommen.

Anlaß und Zweck ist sicherlich nicht allein eine Werbebotschaft, um es dem gemütlich am Kamin verhaftenden Konsumenten nur Schönheit zu verkaufen.

Gerade durch die Einbeziehung von "charakterstarken" Kinos wird deutlich, dass in gewollter Abweichung von "Postmoderne und Bequemlichkeit" der Fokus auf ästhetische Sonderformen gelegt wird: bis hin zur Ablichtung prototypischer und (für den Laien) sogar "antiquiert" wirkender Bildwerfer oder gar Ofenheizungen.

 

Es war zunächst das Anliegen des IFB-Leiters Herrn Kosslick seit 2005 gewesen, auch die nicht mehr in diesen Bildwand vorrückenden Kinostätten in Berlin zu retten, was mangels Rückendeckung scheiterte. Seit einigen Jahren - und aus dieser verbitterten Erfahrung heraus - wurde die IFB in Sondervorführungen auch auf einige klassische und tradierte Einzelkinos in Berlin ausgeweitet (allerdings nur auf die "bürgerlich-repräsentativen" Stätten konzentriert, m.E. noch zu wenig auf die "schrägen" Alternativkinos: sie alle in der Summe erst würden vermutlich die ständig ausverkauften IFB-Säle am Potsdamer Platz kommunal verträglich entlasten helfen).

 

Was heute an Originalität (wieder existiert oder noch) übrig blieb, ist bedauerlicherweise nicht der Zenith der architektonisch zu betrachtenen Kinovielfalt Berlins.

In Abzug zu bringen ist "der grösste Kinofriedhof der Welt" (rund um den Kurfürstendamm seit 1999), aber auch die enorme Kinofülle bis Ende der 60er Jahre (Wedding und Neukölln" oder Ende der 1920er Jahre am Zoo, Nollendorfplatz, Potsdamer Platz, Alexanderplatz, Gesundbrunnen, Lehniner Platz u.a.).

 

Die prototypisch attraktivsten Kinotempel existieren (bis auf die Ausnahme des klassischen Gerhard-Fritsche-Kinos am Breitscheidplatz) leider nicht mehr: geblieben sind die historischen, baulichen und wirtschaftlichen "Kompromisse" unter den tradierten Kinostätten. Vielfältig bleibt in Berlin des Jahres 2013 allerdings das programmatische Angebot analog zum Anstieg der Produktionstitel und Videoinstallationen.

 

Der Autor und Fotograf hat sich in seinem kreativen Prozeß bewußt auf den aktuellen Bestand gestürzt (der eines Tages auch vondannen gehen könnte): bislang sind ihm von diesen Häusern die mit Abstand motivisch und fotografisch besten Aufnahmen gelungen, die ich kenne. In einem 2-Stunden-Gespräch mit ellenlangen Ausleuchtungs-Proben (in einem der als besonders "schräg" und im romantischen Sinne "bizarr" auftretenden Kinos dieser Stadt) war sogar der Wunsch ansatzweise zum Ausdruck gekommen, auch die Sozialsphäre von Kinomitarbeitern "an der Kasse" oder "am Bildwerfer" aufgreifen zu wollen - dies hätte aber alle Grenzen gesprengt. Zu danken ist ihm auch, die sog. "Umsatzkinos" (Komplexe mit 7 bis 9 Bildwänden) aufgrund ihrer oft hinlänglich standardisierten Formen nicht in den Mittelpunkt gestellt zu haben.

 

Durch die konzise Ästhetisierung seiner Fotostrecke auf die individuellsten oder ungewöhnlichsten Prototypen bindet der Autor auch ein Plädoyer für die Gegenwart und Zukunft ein, d.h. für den Erhalt und anzuregenden Besuch.

 

Als Pendant hierzu fungiert die Fotogalerie von Kinomuseum Berlin e.V. im Kino Astor Film Lounge seit 2009, die die noch fototechnisch aufrufbaren Formen aus sehr entfernter Vergangenheit ins Gedächtnis zurückholt, jedoch auf redaktionelle Beiträge und Kommentierungen bewusst verzichtet.

 

In Ausweitung der Thematik darf auch auf die Arbeit des "Film- und Fernsehmuseums" in Hamburg hingewiesen werden, die seit Jahren durch eine Publikation und auch durch eine Website in vorbildlicher Weise die in pedantischer Chronistenpflicht überwältigende Kinovielfalt der Hansestadt nachzeichnet: http://www.filmmuseum-hamburg.de/

Geschrieben

Bitte nicht den Kommentar auf den Artikel übersehen, der die nostalgische Plauderei ueber einen angeblich historischen "Filmkunst-Bollerofen" mal eben knapp, sachlich-trocken und salopp in die Realitaet holt ... :-)

Geschrieben

Zurück zum Buch selbst...ich hab's jetzt auch bekommen und finde es "nett", schön was zu gucken für Kinofreaks wie uns, aber eben auch nicht mehr. Wovon ich offen gestanden ein wenig enttäuscht bin, sind die Fotos selbst bzw. die Art und Weise, wie sie im gedruckten Buch herüberkommen (kann nicht sagen, ob's am Ausgangsmaterial oder am Druck liegt): mir sind fast sämtliche Bilder schlichtweg zu hell, d. h. atmosphärisch wirken die Säle auf mich wie bei "Putzlicht". Scheint so, als hätte man die Belichtung hier nachträglich hochgezogen, denn in den hellen Bereichen gibt's so gut wie keine Details mehr zu sehen - schade eigentlich! Und was die gedruckte Bildqualität angeht, wage ich mal vorsichtig zu behaupten, dass jedes beim Drogeriemarkt georderte Fotobuch eine höhere Auflösung bietet. Somit bleibt's aus meiner Sicht beim "nett", aber leider auch nicht mehr. Da fand ich z. B. "Cinema" von Jean-Paul Derrider http://www.amazon.de/Jean-Paul-Deridder-Cinema-Derrider/dp/3775720510/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1361356285&sr=8-1 (sorry, wenn ich hier auf den Leiharbeiter-Versender verlinke...gibt's natürlich auch woanders...) von ganz anderer Qualität.

 

Cheers

 

O.

Geschrieben

Nette Idee,

 

nur die Bilder, so muß das nicht aussehen. Ich kenne die Problematik den Dynamikumfang in solchen Räumen einzufangen. Gut, der Aufwand muß dann schon sein. Ausgefressene Lichter und zugelaufene Schatten sind ein no go, besonders bei Veröffentlichungen.

Doch das ist halt die "moderne Zeit" mit on demand printic Mac Book Bro und Co. Jeder kann alles, ohne es je gelernt zu haben. Schämt Euch.

 

Grüße

 

Steafn

  • Like 1
Geschrieben

Hey Stefan2, da bin ich ja überfroh, nicht alleine als Nörgler dazustehen. Da Du schon das Thema "Dynamikumfang" in Bezug auf Fotografie von Kinosälen ansprichst...dürfte doch ein gefundenes Fressen für HDR sein, oder? Schon mal ausprobiert?

 

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt übrigens Hiroshi Sugimoto - der fotografiert in s/w und macht die Kamera einfach am Filmbeginn auf und danach wieder zu, also extreme Langzeitbelichtung. Sieht großformatig wirklich toll aus, ist allerdings auch sauteuer. http://www.sugimotohiroshi.com/theater.html

 

Cheers

 

O.

Geschrieben

Da macht endlich mal jemand in Deutschland ein Fotobuch über Kinos seiner Stadt und ein Verlag traut sich auch das herauszubringen ... und schon stehen die Bedenkenträger Schlange.

 

Mir hat das Buch gefallen und ich habe einige Kinos im Bild kennengelernt, die ich vorher noch nicht gekannt hatte. Die Konzepte der unterschiedlichen Betreiber lassen sich schon an der Ausstattung der Kinos erkennen und ich fand es hochinteressant. Mir hat auch die Bild- und Motivauswahl gefallen, sowohl Liebe zum Detail als auch weite Ansichten. Das photografische Konzept lag hier weniger auf Stimmung (also kein schwarz-weiß, keine Licht- und Schattenspiele, keine extremen Langzeitbelichtungen) sondern nüchtern, klar, ohne Personen, einheitliches neutrales Licht. Das kann einem gefallen oder nicht, ist aber künstlerische Entscheidung des Fotografen. Meiner Ansicht nach hat man hier einen ehrlichen Bildband über Kinos zu einem fairen Preis herausgebracht. Und das ist schon mal eine ganze Menge. Würde mir wünschen, ein solches Buch über Kinos gäbe es von jeder Stadt.

 

 

Laßt das Buch erst einmal 50 Jahre alt werden, dann wird man erkennen, was man an solchen Bildbänden hat,

  • Like 1
Geschrieben

Vorredner schrieb:

 

Das photografische Konzept lag hier weniger auf Stimmung (also kein schwarz-weiß, keine Licht- und Schattenspiele, keine extremen Langzeitbelichtungen) sondern nüchtern, klar, ohne Personen, einheitliches neutrales Licht. Das kann einem gefallen oder nicht, ist aber künstlerische Entscheidung des Fotografen.

 

Unfug mit Hang zur Ferndiagnose, wie ich es jedenfalls sehe.

 

Einige Stunden mit dem Autor und Fotografen verbracht, bestätige ich den Stilwillen zu unterschiedlichen Belichtungsreihen und auch Langzeitbelichtungen. Ständig waren im hiesigen Kino die unterschiedlichen Lichtsteuerungen von mir anzuwerfen und auszutesten. Das hat natürlich nichts mit "nüchterner" oder gar dokumentarischer Zurückhaltung zu tun, wie der Vorredner unterstellt. Das wäre auch gar nicht die Aufgabe von Kunst: im Gegenteil.

 

 

Der Autor selbst hierzu:

 

Grundsätzlich bin ich in Bezug auf meine Motive nicht festgelegt, aber für bestimmte Motive habe ich wohl ein besonderes Händchen. So fallen mir oft kleine Details auf, die gerade bei isolierter Betrachtung ihren ästhetischen Reiz haben. Dabei habe ich mich von der – eher dokumentarischen – Sichtweise gelöst, man müsse noch erkennen, was auf dem Foto abgebildet sei. Im Gegensatz dazu finde ich es gerade besonders interessant, wenn das Ergebnis abstrakt wirkt und dadurch auch ein wenig mit der Wahrnehmung des Betrachters spielt. Meine Vorliebe für solche abstrakten Details zeigt sich besonders bei Motiven aus der Natur und Architektur.

 

[...]

 

So habe ich zum Beispiel Passanten auf der Strasse mit unterschiedlich langen Belichtugnszeiten belichtet, um eine etwas geisterhafte Bewegungsunschärfe einzufangen. Um die Konturen aber trotzdem noch erahnen zu können, musste ich mit unterschiedlichen Zeiten experimentieren. Generell experimentiere ich gerne mit Unschärfe, was natürlich auch wieder meiner Vorliebe für abstrakte Fotos entspricht.

 

[...]

 

Aus: http://achtung-poste...n-im-interview/

Geschrieben

 

So habe ich zum Beispiel Passanten auf der Strasse mit unterschiedlich langen Belichtugnszeiten belichtet, um eine etwas geisterhafte Bewegungsunschärfe einzufangen. Um die Konturen aber trotzdem noch erahnen zu können, musste ich mit unterschiedlichen Zeiten experimentieren. Generell experimentiere ich gerne mit Unschärfe, was natürlich auch wieder meiner Vorliebe für abstrakte Fotos entspricht.

 

 

Wo sind denn in dem Kinobuch "Passanten auf der Strasse" zu sehen?

Geschrieben

Hey Preston,

 

besten Dank für den "Anschubser" - meine Anmerkungen sollten in der Tat nicht so negativ herüberkommen, wie es erscheinen mag. JEDES Buch über unser aller Lieblingsthema ist herzlich Willkommen, ich bin halt nur von den Bildern ein wenig enttäuscht, aber das Buch ist grundsätzlich prima.

 

Kannst Du mir denn erklären, was das auf Seite 89 unten links vor der Leinwand bzw. auf der nächsten Seite dann oben rechts in Großaufnahme ist? Also Im "Union"? Ist das ein Hornlautsprecher? Aber nur auf einer Seite?

 

Cheers

 

O.

Geschrieben

 

 

Kannst Du mir denn erklären, was das auf Seite 89 unten links vor der Leinwand bzw. auf der nächsten Seite dann oben rechts in Großaufnahme ist? Also Im "Union"? Ist das ein Hornlautsprecher? Aber nur auf einer Seite?

 

 

 

Keine Ahnung ... sieht wie etwas Selbstgebautes aus. Vielleicht kann/mag einer unserer Berliner Experten dazu mehr sagen.

 

Geschrieben

Kugelwellentrichter ("physikalisch korrekt") für Tiefton. Type Capitol (RFT, Chassis 4 x 50 Ohm in Serie, deutscher Normanpassung für Lautsprecher) Mit Ringradiator Hochtöhern. Gebräuchlich in den 60ern in der DDR. Vorbild war Klangfilm der 40er.

Im Kinosaal ist dieses eine Brandlast...

 

St.

  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Zurück zum Buch selbst...ich hab's jetzt auch bekommen und finde es "nett", schön was zu gucken für Kinofreaks wie uns, aber eben auch nicht mehr. Wovon ich offen gestanden ein wenig enttäuscht bin, sind die Fotos selbst bzw. die Art und Weise, wie sie im gedruckten Buch herüberkommen (kann nicht sagen, ob's am Ausgangsmaterial oder am Druck liegt): mir sind fast sämtliche Bilder schlichtweg zu hell, d. h. atmosphärisch wirken die Säle auf mich wie bei "Putzlicht".

 

Yes, genau, richtig, stimmt. Ich finde das Buch auch echt nett, ich hätte mir einen anderen künstlerischen Zugang gewünscht, aber nun ist es so, und ich freu mich, es am Tresen liegen zu haben und Gäste beim Drin-Rumblättern über die Berliner Kinogeschichte philosophieren zuzuhören. Allerdings überwiegt für mich auch der 'dokumentarische' Charakter der Bilder: mit Ausleuchtung und den Farben bin ich nicht so ganz d'accord.

Oliver Du triffst den Nagel auf den Kopf, die Fotos sehen nicht nur so aus, viele wurden bei Putzlicht geschossen. Zumindest bei mir im Laden. Und bei vielen Kollegen... - da ich in allen bis auf drei (yeah, Freak!) Sälen schon Filme geschaut habe, und weiß, wie die unter 'Realbedingungen' ausschauen - ... vermute ich dasselbe. Und ja... es hat schon einen Grund, warum das normale Publikum viele der Säle nur bei Schummerlicht zu sehen bekommt, Herr Buschmann entromantisiert da ein paar 'Besenkammern'!

Die Fotografin Sylvia Ballhause hat eine komplett anderen approach gewählt. Sehr streng, keine Details, immer dieselbe Perspektive: aus der letzten Reihe auf den geöffneten Vorhang, Normalobjektiv, fast über-ästhetisierend. Überraschend wie wunderschön da einige Säle wirken, die ich im 1st Life schon als Bruchbude wahrgenommen habe. Wundert mich, daß der Link hier noch nicht aufgetaucht ist: http://www.kino-fotografie.de/

Naja, kennt wahrscheinlich jeder im Forum schon auswendig..

Leider sind die einzelnen Fotos nicht verlegt, aber es gibt anscheinend noch immer den Kalender mit 12 Motiven von 2010... Das sit auf eden Fall ein super Geschenktipp. Anekdote am Rande: der Kalender hängt, obwohl ausgedatet, noch immer im AG-Kino-Büro. Und wird jeden Monat noch brav umgeblättert.

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