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Alte Kamera Cine Nizo 16 mm: Verschlußzeit ?


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Geschrieben

Hallo !

 

Ich bin erstmalig in diesem Forum. Zufällig bin ich an eine ziemlich alte, kleine 16 mm Filmkamera (Cine Nizo 16A, ca. 1930) geraten. Nach erster Reinigung und Überprüfung bin ich ganz zuversichtlich: Trotz des Alters schnurrt die Federwerksmechanik wie eine Nähmaschine, das Objektiv (1:2,8; f=2 cm) ist anscheinend auch in Ordnung und der Sucher ist anscheinend ziemlich genau justiert.

 

Weil ich ein allgemeiner Technik-Nostalgiker (Schwerpunkte: Funk-Foto-Film) bin, juckt es mir schon in den Fingern und bald will ich die Kamera versuchsweise in Betrieb nehmen. Leider habe ich keine weiteren Informationen zum Betrieb dieser Kamera. Deshalb hoffe ich, daß mir hier jemand helfen kann:

  • Frage: Wie ist die Verschlußzeit bei 16 B/s ? -- Diese Angabe benötige ich zur Belichtungsmessung.

Die Kamera ist mit einigen rote Markierungen versehen und ich denke mir, daß diese Markierungen eine Art Standard-Einstellung bedeuten: 16 Bilder/Sek. -- Blende 4 -- Entfernung 5 m (f=2 cm) -- eine weitere Markierung (grün) befindet sich bei Entfernung 2,75 m.

  • Frage: Weiß jemand, was genau es mit diesen Markierungen auf sich hat ?

Die Kamera benötigt Filmkassetten (AGFA-Filmkassette aus Blech, 12 m). Eine Kassette ist vorhanden, kann auch nachgeladen werden, ist allerdings etwas kompliziert; Besser wären mehrere Kassetten.

  • Frage: Wo gibt es solche Kassetten ?? Gibt es einschlägige Insider-Quellen ? Bei ebay ist jedenfalls nichts zu finden

 

Vielen Dank für Eure Antworten !

Gruß, Jan

Geschrieben

Hallo und willkommen!

 

Frage 1: Genaue Werte kann ich Dir nicht sagen, die üblichen externen Belichtungsmesser von Gossen und Co. gehen bei 16B/s aber immer von 1/32s aus. (Was nicht ganz stimmen wird, da Deine Kamera bestimmt eine Sektorenblende < 180° haben wird, aber als Näherungswert sollte es reichen.)

Frage 2: Keine Ahnung, wie das bei der Nizo ist, aber spätere Modelle werben mit "der Rotpunktstellung" (alle Knöpfe, Regler, ... auf den roten Punkt stellen - schon geht's mit den "Standardeinstellungen für Anfänger" relativ fehlerfrei los)

Frage 3: Keine Ahnung - ebay, hood, mediavana, rinser, jovanovic, ... wenn die Teile in der UdSSR nachgebaut wurden, kannst Du es ja mal hier probieren: https://sites.google.com/site/olexserviceskonvas/

 

Jörg

Geschrieben

Rot ist vermutlich der Hyperfokalpunkt. Bei Blende 4 und Entfernung 5m ist dann alles scharf.

Der grüne Punkt wird vermutlich die Nahgrenze bei ganz geöffneter Blende sein. Je weiter Du abblendest, desto näher kannst Du auch ran.

 

Wenn Du Deine Kassette beladen haben möchtest, sag Bescheid, ich kann Dir da gerne helfen. Ich habe auch gerade gut passende 15m-Portionen an Kodak Plus-X, die man prima da reinladen kann. Meist muss in solchen Kassetten die Emulsionsseite auf dem Wickel nach aussen zeigen, was das konfektionieren in Dunkelheit etwas eigenwillig macht. :)

Geschrieben

Vielen Dank für Eure Antworten und die Tipps bezüglich Filmmaterial !

 

Wieso ist die Sektorenblende vermutlich < 180° ?

Die Filmkassetten habe ich in Russland leider nicht gefunden.

 

Ich würde gerne Bilder hochladen, aber es funktioniert nicht oder ich bin zu dumm dafür. Kann jemand mir das erklären ?

 

 

Viele Grüße,

Jan

Geschrieben
Wieso ist die Sektorenblende vermutlich < 180° ?

 

Weil der Hellsektor bei dieser Kamerageneration meistens irgendwo zw. 145° und 175° liegt. (Grob gemittelt über alle Hersteller, alle Formate, ... - einige "Vorkriegs-Kameras" von Bolex haben gar nur 135°.) Gut geraten hat Deine Nizo vermutlich irgendwas zw. 165° und 170°. Genaueres wirst Du aber leider wohl nur in der Anleitung finden, sofern Du Deine Kamera nicht auseinander baust, um selbst zu messen. :-(

Geschrieben
einige "Vorkriegs-Kameras" von Bolex haben gar nur 135°.

 

Nein, die Vorkrieg-Paillard-Bolex-H haben den Winkel 190°. Nach dem Krieg, genauer ab Nummer 100401 (1954), sind es 170°. Mit dem Reflex-Modell ab 1956 waren es 144° und seit der Reflex-Kamera mit verstellbarem Verschluß sind es 135°.

 

Der Ciné-Nizo war die erste europäische Kamera für 16-mm-Film, 1925. Es gibt eine Nähe zu Pathé, was noch nicht viel bedeutet, da bei Pathé-Amateur-Kameras ein hin- und herbewegter Verschluß üblich war. Ich würde mal von 160° ausgehen.

 

Wenn du mir die Kamera zur Pflege schickst, kann ich den Winkel messen und bekannt machen. Ihr Innenleben würde mich interessieren. Muß aber nicht sein.

Geschrieben
Nein, die Vorkrieg-Paillard-Bolex-H haben den Winkel 190°. Nach dem Krieg, genauer ab Nummer 100401 (1954), sind es 170°. Mit dem Reflex-Modell ab 1956 waren es 144° und seit der Reflex-Kamera mit verstellbarem Verschluß sind es 135°.

 

Upps! Stimmt! In der Tabelle verrutscht! Peinlich!

  • 6 Jahre später...
Geschrieben

Hallo wieder !

Nach 7 Jahren (!) beginne ich nun wieder, mich mit meiner o.g. altern Cine-Nizo 16A- Kamera zu befassen. Ein kleines altertümliches Filmprojekt ist geplant, mit dazu passender Kameratechnik gedreht. Ich bin überhaupt nicht vom Fach - meine Foto-und Film-Grundfertigkeiten stammen noch aus meinen Schul-Fotolabor-Zeiten Mitte der 80er Jahre. Damals stand ich ganz gut im Stoff, aber das ist schon ganz schön lange her … Trotzdem will ich es versuchen und bin völlig gespannt.  Inzwischen habe ich sogar 5 (!) passende Filmkassetten aufgetrieben, die ich demnächst beladen will !

Nun habe ich noch einige Fragen und hoffe auf Eure Hilfe:

Noch mal Thema Verschlußzeit:

So ganz sind mir die Zusammenhänge zwischen Geschwindigkeit, Sektorblende, Filmformat und Verschlußzeit leider nicht klar. Deshalb folgende Frage:

Die äußerlich fast baugleiche Doppel-8-Kamera Cine Nizo 8E aus der gleichen Zeit hat eine Sektorenblende von 180°, bei 16 B/s beträgt die Verschlußzeit 1/40 Sekunde (beide Angaben aus Gebrauchsanweisung). Ist anzunehmen, daß meine Cine Nizo 16A ebenfalls eine 180°-Sektorenblende hat, und kann die Verschlußzeit von 1/40 Sekunde dann einfach auch für die 16-mm-Filmkamera angenommen werden ?

Daran schließt sich eine weitere Frage an: Könnte ich denn eine zur Doppel-8-Kamera Cine Nizo 8E zugehörige Belichtungstabelle aus den 30erJahren (mit der auf ziemlich komplizierte Weise aus zahlreichen Faktoren ohne Belichtungsmesser die Blendeneinstellung berechnet werden kann) auch für die 16-mm-Kamera benutzen ?

Vielleicht kann mir jemand in ein paar kurzen Worten die nötigen Zusammenhänge erklären oder hat einen passenden Link dazu ?

 

Danke für Eure Antworten und viele Grüße, Jan

Geschrieben

Die Ciné-Nizo 8 haben einen auf- und abgehenden Schieberverschluß. Da gibt es keine Sektoren und 180 Grad entsprechende Belichtungszeit. Sie ist kürzer, etwa wie 144 Grad, wobei das Filmbild gegen unten kürzer belichtet wird. Das geht zum Glück mit Aufnahmen im Freien auf, deren hellerer Himmel vom Objektiv auf den Kopf gestellt in der unteren Hälfte auf dem Film liegt. Als Belichtungszeit ist zu nehmen 1/[(360⁰/144⁰) × 16 = 40], d. h. 1/40 Sekunde bei Tempo 16.

 

Für die Ciné-Nizo-16-Modelle habe ich noch keine exakten Angaben. Der Ciné-Nizo 16 I hat einen Umlaufverschluß, von außen erkennbar an einem Gehäusewulst ähnlich wie ihn die GIC-Kameras haben. 180 Grad ist bei Nizo nirgends drin.

  • 2 Monate später...
Geschrieben

Hallo – weiter geht´s  (das geht bei mir leider immer in Monats-Schritten, manchmal auch Jahre …)

Erst einmal noch vielen Dank für die letzten Antworten!

Nun habe ich begonnen, die kleine alte Kamera genauer zu untersuchen und dabei ziemlich viel herumprobiert und herausgefunden:

Allgemein: Ganz kurz noch mal am Anfang: Es handelt sich um eine Cine-Nizo 16A-Kamera, die ich vor einigen Jahren für 10 Euro auf einem Berliner Flohmarkt gekauft habe. Die Kamera ist äußerlich sehr ähnlich der im Internet sehr häufig auftauchenden Cine-Nizo 8E, nur 1-2 cm größer und ein wenig dicker. Bedienelemente, Federaufzug und optische Einrichtungen sind ziemlich gleich wie bei der 8E; Im Internet habe ich über Jahre nur ein einziges Mal eine andere Kamera dieses Typs auf einer englischen Webseite gesehen. Es scheint ein seltenes Gerät zu sein, nicht zu verwechseln mit einer anderen, größeren Cine-Nizo 16 aus den frühen 30er Jahren. Meine Kamera hat im Innern einen kleinen Inventar-Aufkleber(„Wasserbild“): ufa-Filmgesellschaft m.b.H, Berlin SW; Vielleicht ist sie früher einmal als Reporter-Kamera oder für andere „schnelle“ Einsätze genutzt worden ? Die Kamera muß mit Filmkassetten beladen werden und benötigt doppelt perforiertes 16mm-Filmmaterial.

Ich bin kein Hobby-Filmer. Meine Foto und Film-Erfahrung fußt auf Papis Super-8-Kodak-Fixfocus-Kamera sowie Kleinbildfotographie und Schul-Fotolabor vor 30-35 Jahren. Nichts desto trotz bin ich seit vielen Jahren ein Liebhaber und Bastler technischer Antiquitäten und habe ein gutes technisches Verständnis und praktisches Gefühl für diese Dinge. Mich erfreut jedes Mal besonders, daß man an solch alten Geräten – auch als Laie – so viele Zusammenhänge und Funktionen allein mit ein wenig gesundem Menschenverstand und genauer Beobachtung erfassen kann.

Was ich hier jetzt aber beschreibe, mache ich zum ersten Mal und habe natürlich nicht den technischen Hintergrund und das Fachwissen vieler anderer hier im Forum. Deshalb bitte ich um Nachsicht, falls einige Dinge nicht so korrekt beschrieben werden oder etwas naiv dargestellt sind.  

Also: los geht´s!

 

Verschluß: Der Verschluß flottiert tatsächlich auf und ab und hat keine runde, sich drehende Verschlußscheibe.

Bildfrequenz: Gemessen mit selbst gebastelten Vorrichtung mittels Fotodiode und Audiacity-Audioprogramm. Interessant: Bei Eeinstellung 8 fps à real ca. 16 fps; Bei Einstellung 16 fps à real 24 fps; bei Einstellung 32 fps à real ca 35 fps.; Kann das Zufall sein ? Ich glaube nicht. Bestimmt hat jemand den Fliehkraftregler modifiziert – vielleicht im Rahmen der „professionellen“ Nutzung durch die UfA, aus deren Bestand das Gerät zu stammen scheint (siehe oben)?;

Verschlußzeit: Ebenfalls gemessen mit Fotodiode: Bei 16 fps: ca. 1/40 s; bei 24 fps: ca. 1/70 s; bei 32 fps: ca 1/90 s;

Gleichlauf: Die Feder läuft manchmal ungleichmäßig ab, d.h. es kommt während des Ablaufens zu gelegentlichem Ruckeln. Das kann der Fliehkraftregler nur bedingt ausgleichen, so daß es dann eine kurze hörbare Gleichlaufschwankung gibt. Wahrscheinlich ist das Federblatt ineinander verklebt (verharzt o.ä.).
Generell wundere ich mich aber, wie konstant die Bildfrequenz ist. Ich habe sowohl ohne Film als auch mit Film und sowohl mit voll aufgezogener Feder als auch bis zum Stillstand des Motors bei abgelaufener Feder gemessen und bin jedes Mal annähernd auf die gleichen Bildfrequenzen gekommen. Die Kamera erreicht auch sehr schnell ihre „Sollgeschwindigkeit“: Beim Starten ist lediglich die erste Bildzeit noch minimal verlängert, danach herrscht Gleichlauf. Bei abgelaufener Feder sind lediglich die letzten 2-3 Bildzeiten vor dem Stillstand etwas verlängert. Finde ich  - bar jedes Fachwissens und jeder Vergleichsmöglichkeit – für eine fast 90-jährige Kamera mit unbekannter Vorgeschichte intuitiv nicht so schlecht.

Laufzeit und Filmlänge: Die Filmkassetten fassen 12 Meter, maximal 15 Meter; Die Filmlängenanzeige an der Kamera lässt sich auf maximal 12 Meter einstellen. Das voll aufgezogene Laufwerk läuft bei 16 fps ca. 25 Sekunden und bei 24 fps. ca 15 Sekunden. Sowohl Filmlänge als auch Laufzeit sind also kein Traum.

Sucher und Parallaxenverschiebung: Die Kamera besitzt drei Sucher, genauso wie das bauähnliche Modell Cine Nizo 8 aus der gleichen Zeit; Ich habe versucht, die Parallaxenverschiebung des von der Rückseite nach vorne verlaufenden Durchsichtsuchers, des typischen „Hauptsuchers“, zu ermitteln oder zu berechnen: Ich habe für definierte Abstände die Bildmittelpunkte (eingraviertes Fadenkreuz) und Maße des Sucherbildausschnittes mit den Mittelpunkten und den Maßen des tatsächlich auf den Film projizierten Bildes auf einer Tafel aufgetragen und miteinander verglichen. Dafür habe ich das real auf den Film projizierte Bild durch eine auf der Filmbühne aufgeklebte Matt“scheibe“ (mattes Tesafilm) mittels einer in die Kamera installierten kleinen USB-Kamera betrachtet. Mittels Laser-Pointer wurden die Bildgrenzen und Mittelpunkte ermittelt. Etwas kompliziert zu beschreiben. Ergebnis: Ab unter 2 Meter Fokusdistanz Parallaxenverschiebung beachten, richtig deutliche Verschiebung ab unter 100 cm Abstand. Die Bildmitte des aufgenommenen Filmbildes verschiebt sich auf einer Achse von ca. 34 ° abweichend vom Sucherbildmittelpunkt nach links unten (Richtung 19 Uhr). Die maximale Parallaxenabweichung bei 50 cm entspricht – oh Wunder – der im Sucher angebrachten Dreieck-Markierung einigermaßen, und das, obwohl der gesamte Sucher ziemlich grobschlächtig konstruiert ist. Das Sucherbild ist, verglichen mit modernen Kameras und Fotoapparaten, furchtbar: Sehr (!) klein, etwas verzerrt, keine Sehschärfenkorrektur …;  

Seitlich neben der Aufnahmeoptik befindet sich eine (vermutlich nachträglich) angebrachte Halterung für einen aufsteckbaren Durchsichtsucher. Im Internet habe ich keinen zu diesen Halteschienen passenden Sucher gefunden. Der Multifokalsucher von Bolex H16 passt da jedenfalls nicht dran. Einen guten Zusatzsucher zu haben wäre ein echter Traum im Vergleich zu dem eingebauten Sucher …

Später habe ich versucht, das alles auch noch zu berechnen mittels Brennweite, Abstand, Bildgrößen und Ausmessung der Anordnung von Sucher- und Aufnahmeoptik. Die Rechenwerte entsprechen tatsächlich einigermaßen meinen empirisch durchgeführten Messungen.  Ich bin sehr stolz, denn in Physik hatte ich früher meistens eine 5;

Objektiv: Meyer-Görlitz Trioplan f 2 cm, 1:2,8; Pilzbefall sehe ich nicht, kann sein, daß eine leichte schleierhafte Trübung vorliegt, aber da bin ich mir noch nicht mal sicher. Blenden- und Entfernungseinstellung waren zunächst etwas schwergängig, das hat sich aber irgendwie von selber gegeben, je mehr ich das Objektiv wieder benutzt habe. Geölt habe ich da nichts, weil ich mir vorstelle, daß Öl mit der Zeit auch zwischen die Linsen kriechen könnte.

Bei der Mattscheibenbetrachtung des auf die Filmebene projizierten Bildes fiel mir eine relativ starke Randabschattung auf, ich denke, daß kann man aber nur anhand realer Filmaufnahmen wirklich beurteilen.
Das größte Rätsel für mich sind die Einstellungsmarkierungen auf dem Objektiv: Roter Punkt bei 5 Meter, grüner Punkt bei ca, 2,5 Meter, rot Blende 4; Vermutlich ist der rote 5-m-Punkt der Hyperfokalpunkt bei Blende 4 und der grüne 2,5-m-Punkt der Hyperfokal-Nahpunkt oder ein Hinweis auf zunehmende Parallaxenverschiebung bei < 2 Meter Abstand. Das alles ließ sich aber durch sämtliche Berechnungen über entsprechende (Internet-)Formeln nicht nachvollziehen. Dafür fehlt mir aber wirklich die Kompetenz und auch die nötige Großhirnmasse. Fall mir in diesem Punkt jemand weiterhelfen könnte, wäre ich wirklich dankbar.

Filmkassette: Grüne lang-ovale Blechkassetten von AGFA; Dieselben Kassetten verwenden frühe AGFA-MOVEX 16-Filmkameras, das habe ich inzwischen einige Male im Internet gesehen. Diese Kassetten waren jahrelang im Internet nicht aufzutreiben. Nun waren in kurzer Folge mehrere für kleines Geld zu finden, welch ein Glück! Die Kassetten sind nicht leicht zu öffnen, dafür muß ich mir noch eine Einspann-Vorrichtung basteln. Im Innern befinden sich zwei Wickelkerne, in die der Film mittels eines Flachfederringes eingeklemmt wird. Ursprünglich wohl vorgesehen für 12 Meter. Nach Ausprobieren fasst die Kassette aber 15 Meter. Ich habe mir eine Aufwickelvorrichtung gebaut, mit der ich 15 Meter Film im Dunkeln von einer 30-Meter-Spule abwickeln und auf den Wickelkern aufwickeln kann. Die Längenmessung richtet sich nach der Anzahl der von Hand ausgeführten Kurbel-Umdrehungen, das habe ich zuvor mit altem Filmmaterial ausprobiert. Gar nicht so einfach, den Film im Dunkeln in die Filmkassette einzufädeln und wieder alles zu verschließen.

Die Vergleichskamera: Zum Vergleich habe ich eine billige, ziemlich vergammelte Cine-Nizo 8E aus dem Internet ersteigert. Bevor ich mich demnächst an die Öffnung und mechanischen Wartung meiner „guten“ Kamera mache, habe ich dieses Vergleichsmodell „geschlachtet“; Ich musste schon gewaltig grübeln, wie ich das Gerät überhaupt öffnen konnte. Letztendlich habe ich aber alles hinbekommen und über die nahezu unzerstörbar wirkende Mechanik, insbes. den Fliehkraftregler, im Inneren der Kamera gestaunt. Demnächst werde ich mich mit allem Feingefühl und den gemachten Erfahrungen dem Innenleben der 16A zur Reinigung und zum Schmieren widmen.

Der Probe-Film: Leider teilte Herr Draser von Andec-Film in Berlin meinen Enthusiasmus bisher nicht so sehr. Kann sein, daß man mir meine Laienhaftigkeit zu sehr anmerkt. Ich denke, daß die Leute aus der Branche das nicht gerne sehen: Schon wieder einer, der auf dem Flohmarkt irgendeine verrottete Kamera gefunden hat und die nun unbedingt ausprobieren will, obwohl von nix keine Ahnung …

Naja, Trotzdem habe ich jedoch einen Probefilm gedreht. Mal sehen, was dabei herausgekommen ist. Die Entwicklung ist noch nicht fertig. Ich bin hoch gespannt …;

So, soviel erst einmal für die, die es interessiert …

Viele Grüße, Jan

Geschrieben

Flohmarkt und vergammelte Kameras schrecken mich grundsätzlich noch nicht. Du gehst die Sache auch ernsthaft an, weshalb ich gerne mitdiskutiere. Ich habe mich umgesehen, du hast Recht, der 16 A ist eine Kamera für Agfa-Movex-Kassetten und hat einen Schiebeverschluß. Den Belichtungszeiten bist du bereits auf die Spur gekommen, wir können von 144 Grad Entsprechung ausgehen wie bei den Ciné-Nizo-8-Modellen, gleiche Konstruktion. Der Ciné-Nizo 16 A erschien gerade vor Weihnachten 1934.

 

Der Zusammenhang mit den farbigen Punkten ist mir nicht bekannt.

 

Der Ciné-Nizo 8 hat ein umlaufendes Federhaus (die Mechanik ist bis zur Heliomatic beibehalten worden), weshalb man die Feder während einer Aufnahme nachspannen kann. Damit ist ununterbrochene Belichtung des ganzen Filmvorrats möglich. Ob dies auch beim 16 A geht, hast du schnell herausgefunden. Das Vorgehen bedingt Kamera auf gutem Stativ.

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hallo Filmtechniker, vielen Dank für Deine Antwort.

 

Inzwischen habe ich einen kleinen Probefilm angefertigt: Ich bin wirklich begeistert.
Ich denke, daß ein Laie nicht erkennen kann, daß die Aufnahmen mit einer 85 Jahre alten Kamera gemacht wurden.  Eine kleine technische Störung (plötzlich wackelnder Bildstand und Filmtransportunterbrechung) trat zwar auf, aber ich weiß schon die Ursache: Die Andruckplatte hatte sich gelöst. Das lässt sich aber beheben, indem die Arretierschrauben der Halterung einfach ein wenig fester geschraubt werden.  Fazit: Stativ + sich an den Belichtungsmesser halten + das herkömmliche Basiswissen über Belichtungszeit, Blende, Bildschärfe beachten, und so richtig schief kann es anscheinend nicht gehen.

 

Nun noch einige Fragen zur Wartung der Kamera:

  • Welches Öl empfiehlst Du für die Lager der schnell drehenden Teile ?
  • Welches Fett für Zahnräder und langsame Teile ?
  • ist es richtig, daß beim Fliehkraftregler nicht der Brems"klotz" (Leder oder Filz) und auch nicht die "Bremsscheibe" geölt oder geschmiert werden sollen ?
  • Was kann ich machen um die Feder wieder leichtgängig zu machen, ohne die ganze Kamera auseinander nehmen zu müssen ? (irgendwas ins Federgehäuse reinsprühen ??)

Viele Grüße,

Jan

 

 

Geschrieben

Jan, weiter oben habe ich mich vielleicht zu zurückhaltend ausgedrückt. Bei einem so alten Gerät ist eine Generalüberholung wirklich das Gescheiteste. Einfach etwas hineinsprühen und -träufeln entfernt alte Fettharze und Abrieb nicht. An die entscheidenden Stellen kommt man allermeistens auch nicht heran, es sei denn, man tauche die ganze Kamera unter Öl, wovon ich aber dringend abrate.

 

Die Schmierung von Federwerkfilmkameras ist komplizierter, als man sich vorstellt. Bislang habe ich darüber nichts veröffentlicht, doch hier möchte ich ein wenig darüber sagen.

 

Bei den wie Uhrwerke aufgebauten Mechanismen brauchen die Lagerzapfen der Wellen ein Fett, das nicht davonläuft, dennoch langsam nachzieht und möglichst lange nicht oxidiert. Die Zahnräder dagegen, Doppelhebeln, müssen mit Öl geschmiert sein, weil die Zahnflanken doch recht schnell aufeinander abwälzen. Das Öl sollte von den Flächen der Zahnräder zu den Zähnen nachziehen. Deshalb sind einige (bessere) Konstruktionen mit Öffnungen ausgestattet, damit man ohne weiteres Zutun jederzeit Öl einbringen kann, manchmal direkt, manchmal über Filze. Dazu gehören die Filmo-70- und Eyemo-71-Modelle der Bell & Howell Co., die Arriflex 16 ST, die H-Kameras von Paillard-Bolex ab 1964 (mit der 1-1-Synchronwelle), die EMEL-C und andere mehr. Eine vollständige Liste ist mir nicht bekannt.

 

Zentrifugalregler sind mit Bremskörpern aus Leder, Hartpapier, Kork, Hartholz, Messing, Stahl oder vollsynthetischen Kunststoffen besetzt. Leder sollte trocken bremsen, Hartpapier leicht ölig, Kork trocken (bildet eine dünne Verbundoberfläche aus den Korkfasern und Metallabrieb), Holz trocken, Metalle gefettet. Die Reglerlager wieder Fett, Zahnkränze ölig

 

Die Antriebsfeder muß und kann man nicht leichtgängig machen. Es ist das Getriebe, das nicht leicht läuft, wobei die am schnellsten bewegten Elemente am stärksten bremsen. Also nichts in eine Federbüchse geben, das erzeugt nur eine klebrige Pampe, hier nachzusehen. Wenn ich dich auf meine Kamerabeschreibungen hinweisen darf, lade ich zu entspanntem Lesen ein.

 

Solltest du dennoch selber Hand anlegen, wünsche ich gutes Gelingen. Es kann sehr lehrreich sein. Als ausgebildeter Mechaniker kenne ich (hoffentlich) ein paar Sachen mehr als ein Laie. So kann man an einigen Dingen anstehen oder vielleicht etwas kaputt machen, was oft schade ist. Einen Fernkurs werde ich bestimmt nie geben.

 

Schön zu lesen, wie Filmen Freude macht!

Geschrieben

Hallo Filmtechniker,

 

noch einmal herzlichen Dank für Deine hilfreichen Antworten!

 

Leider finde ich Deine Kamerabeschreibungen, die ich gerne entspannt lesen würde, nicht. Hast du einen kleinen Link für mich ?

 

Ich will die Kamera nun selber warten. --- Eine Übungs- und Vergleichskamera CineNizo 8E habe ich ja schon mal geöffnet. Sie ist wahrscheinlich sehr bauähnlich; daran kann ich ein wenig üben und mich dabei an Deine guten Hinweise halten. Daß Du keinen Fernkurs geben kannst, verstehe ich vollkommen!

 

Leider bin ich mir immer noch nicht im klaren, welches Öl und welches Fett ich besorgen soll. In den meisten Beiträgen wird dazu zwar allerhand erwähnt und gemunkelt, aber immer sehr vage und für mich leider nicht so verwertbar.

 

Nun möchte ich mich an eine Empfehlung von F. Wachsmuth halten, die in einem Beitrag zu lesen war:

  • Öl: Nyoil Shutter oil
  • Fett: Robbe Teflonfett 5532

Kann ich mit dieser Auswahl viel falsch machen ?

 

Dank für Deine Antwort,

Gruß, Jan

 

 

 

 

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