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Die Paillard-Bolex H stürzt vom Sockel


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Geschrieben
Am 7.11.2019 um 11:47 schrieb Simon Wyss:

Es muß nach der Übernahme durch EUMIG gewesen sein und etwa seit der Einführung der EL, also 1974-75. Ich besitze Prospekte, den fürs 16-mm-Gesamtprogramm von 1973, und da sind die H 16 RX, M, SB und SBM noch blank. Der Hammerschlaglack war seit den 1960er Jahren auf MCE-17, ESM, MBF, am Magazinmaul, auf Akku.-Behältern, an Kompendiumteilen und 1972 am Sucherschacht der EBM. 1982 war Schluß mit der Fabrikation.

 

In den Siebzigern mußte alles „popig“ sein. Wir sagten nicht cool, sondern heiß.

Die EL gab es ab 1975, oder ?  Es gab ja auch mehrere Ausführungen.

Die EL gabs dann wohl auch bis 1982, oder ? Wie war das mit der EBM ?

Geschrieben

Ja, die EL ist 1974-75 auf den Markt gekommen. Der erste Prospekt ist mit 1974 datiert. Man könnte das noch genauer bestimmen. Sie ist bis letztes Jahr neu verkauft worden. Möglich, daß man immer noch eine bestellen kann. Die Webseite von Bolex International ist gegenwärtig unbrauchbar. Die EBM erschien 1972.

  • 6 Monate später...
Geschrieben
Am 13.4.2014 um 21:45 schrieb Ex-Mitglied Aaton11:

Du hättest Ruedi Muster anrufen und ihm mitteilen können was Du bemerkt hast. Das hätte eine Debatte über mögliche Ursachen auslösen können. Jede solche Firma hat Kontrollen. Für mich die wahrscheinlichste Ursache für das von Dir festgestellte (das Versagen ebendieser).

Statt dessen hast Du es vorgezogen das hier im Forum "auszubreiten". Und zu verurteilen

 

Falls Manfred (noch) liest:

  1. Mit Ruedi Muster habe ich bestes Einverständnis. Mein Interesse ist, den technikgeschichtlichen Überblick zu bekommen.
  2. Das mit den Kontrollen kenne ich nur zu gut. In der Fertigung sind die Schweizer pingelig, konzeptuell dagegen oft bis meistens Versager. Ich nutze die Möglichkeiten des Internets tatsächlich, um mich ein wenig zu rächen an den Ignoranten und Uninteressierten hierzulande.
  3. Es ist wieder eine H-Kamera zur Sprache gekommen, bei der etwas Grundlegendes nicht stimmte. Siehe da: https://cinematography.com/index.php?/topic/83848-bolex-h16-jitter-and-shake/&tab=comments&_fromLogin=1. Zusammengefaßt: Die Bildfensterplatte war zu breit, etwas, das ich auch schon angetroffen habe. Wenn die Filmbreite das untere Grenzmaß erreicht, wird der Streifen nicht mehr geführt und beginnt, seitwärts zu wackeln. Nach oben sind die H zuverlässig, d. h. wenn der Film quillt, breiter wird oder schon ums Höchstmaß herum geschnitten ist. Es handelt sich um ein unverzeihliches Versäumnis von Paillard. Zum Glück ist eine Bildfensterplatte relativ leicht und rasch zu bearbeiten, damit das zum Stimmen gebracht werden kann.
  • 4 Jahre später...
Geschrieben

Bei Paillard wurde wissentlich gemurkst. Ich erkläre:

 

Heute stelle ich eine H 16 REX-4 nach Garantiearbeit fertig, d. h. der Kunde hat sie nach einer Generalüberholung, die ich diesen Sommer machte, wieder geschickt, weil der Filmtransport nicht zuverlässig war. Nach einigen Malen Durchgehen aller möglichen Schaltungen erkenne ich, daß der Vorwärtsgreifer bei einer Einzelbildbelichtung am Filmsteg abrutscht. Beim nächsten Normallauf ist die untere Schleife einen Lochabstand kürzer, die obere einen länger, usw. Es kommt zu Filmstau, bis das Material die Andrückplatte abhebt, Aufnahmen völlig unbrauchbar, Film beschädigt.

 

Das passierte aber nur bei Tempo 24 und schneller, bei 12 B./s nicht.

 

Greifergruppe zerlegt, Korrosion an den Greiferbuchsen mit Stereolupe untersucht, wellige Flächen. Bronzebuchsen auf Keramikschleifkörper fein bearbeiten, bis ebene ringförmige Flächen zu sehen sind. Alles reinigen, frisch fetten, montieren, mit Kurbel untersuchen. Greifer kippen jetzt ohne Verzögerung, laufen gut. Front aufsetzen, Film einspannen, Problem besteht immer noch!

 

Front wieder ab, Filmführungsrahmen weg, Auflagemaß einfach so mal wieder messen. 20,79 mm

 

Langes Prisma heraus, Bildfensterplatte ab, Abstandblech mit Ölstein bearbeiten. Aus Gewohnheit Bildfensterplatte zwischendurch mal ausmessen: wie so oft NICHT planparallel, Vorderseite NICHT fein bearbeitet. Es ist einfach so. Die H-Kameras haben Geld gebracht, mehr als hunderttausend Exemplare können dabei nur mit Arbeitsteilung, Montagevorrichtungen und MURKS von Angelernten zusammengeschraubt werden.

 

Das Abstandblech nach Handschleifen im Sprit gereinigt, Vorderseite mit Aceton ganz entfettet. Sprühdose bereits am Schütteln hinten aus dem Haus, zwei dünne Lagen schwarzer Lack. Das war gestern. Heute ist der Lack matt aufgetrocknet, alles wunderbar. Wieder montieren, messen. 20,77 mm oben, 20,76 mm unten. Das lasse ich so. Nennmaß ist 20,7645 mm. Nur mit sehr langer Brennweite bei voller Öffnung und Fokus am Unendlichanschlag würde ein sehr weit entfernter Gegenstand nicht ganz, ganz, ganz scharf aufgenommen werden. In den allermeisten anderen Situationen wirkt der halbe Hundertstel zu viel Abstand zwischen Optik und Film wie wenn die Optik ganz leicht näher fokussiert wäre. Im Reflexsucher sieht man nichts davon. Bei Einstellung eines Normalobjektives, f = 25 mm, f/1.4, auf 22 Meter wäre der Fernpunkt, Unschärfekreisdurchmesser 0,02 mm, nicht mehr im Unendlichen, sondern bei 1,4 km. Die Schärfeebene liegt dann bei 21,9 Meter. Ihr seht die Verhältnisse.

 

Das Greiferproblem liegt in der Anlage des Greifers. Obwohl in den Serviceunterlagen (die Paillard an ihre Vertreter in der ganzen Welt geschickt hat) dargelegt ist, wie die Greifer auf Lochmitte zu justieren sind, ist die Greiferspitze auf beiden Seiten angeschrägt. Das ist widersprüchlich und technisch nicht gut, denn damit ist die Kontaktfläche mit dem Film verkleinert. Es geht aber noch eine Stufe weiter. Im Servicehandbuch von 1961 steht, ich zitiere: «Die erste Serie Greifer (Ausführung T) wurde ungünstig bearbeitet. Der rundliche Greiferschnabel transportiert den Film nicht einwandfrei und verursacht das Auffressen der unteren Filmschlaufe.» An einer anderen Stelle lese ich: «Die Nase des Greifers wurde an beiden Seiten um 30° abgeschrägt, um ein besseres Eindringen in die Perforation des Filmes zu gewährleisten.» Die seitliche Justierung wird mit dem Werkzeug BJ 1129 durchgeführt, und zwar durch Verbiegen des montierten Greifers! Gegenhalten muß die Exzenterwelle!! Das ist Schrottplatztechnik!!! Daß die Greifer ungünstig bearbeitet worden waren, erzählt deutlich von Zulieferung.

 

Die Greiferspitze hier ist bereits leicht angeschliffen. Die Eindringtiefe ist zu gering. An der fertig montierten Frontgruppe drücke ich das Nylonstück, das die Greiferspitze abfängt und führt, tiefer ein. Dann stelle ich fest, weil ich immer wieder alles anfasse und in seiner Funktion prüfe, daß der Verschluß nur mehr schwer zu drehen ist. Was klemmt?!

 

Ich habe beim Eintreiben des Nylonstücks das dünne Zwischenblech aufgebeult. Da ist kaum ein Zehntel Luft. Zum Glück ist das nicht schwer zu beheben, Doppelprisma ausschwenken, mit Kunststoffdorn von vorne etwas Gegendruck ausüben, probieren, noch mehr, Verschluß dreht wieder frei. Ganze Kamera montieren, Filmeinfädelung prüfen, funktioniert beim ersten Mal. Greifer transportiert langsam und schnell, bei Einzelbild, im Normallauf. Das Geräusch ist auch ausgeprägter, endlich alles gut.

 

Die Serviceunterlagen stellen für mich als ausgebildeten Mechaniker keine Hilfe dar. Im Gegenteil, ich sehe nur tiefer ins Chaos hinein, das da geherrscht haben muß, ein Chaos zuoberst in der Direktion. Man hatte zu Filmgeräten keine innigere Beziehung als zu einer Schreibmaschine. Es sind Stanzartikel, wir verkaufen die. Punkt.

 

Es gibt noch manche Widersprüche mehr, die behelfsmäßig gelöst wurden, zum Beispiel die Unmöglichkeit, Front und Werk zueinander auszurichten, was sich auf die Verzahnung zwischen 1-1-Welle und Verschluß auswirkt. Als Ausweg wurden vier Größen des Schraubenrades auf der Verschlußwelle bereitgehalten. Es wurde einfach ein Zahnrad mit dem am besten passenden Durchmesser ausgewählt, im Verfahren Versuch und Irrtum. Dasjenige, das am wenigsten knarrt im Lauf. Ich brauche Abstand von dem Kleingeist, der sich bei fast jeder H-Kamera zu spüren gibt.

  • Thumsbup 2
  • Surprised 2
Geschrieben

Dennoch haben die H-Kameras einen exzellenten Ruf, und das seit weit mehr als 60 Jahren. Und ebensolche Ergebnisse - trotz der beschriebenen Fertigungs -oder Montagemängel wurden damit ja auch erzielt.  Irgendwie passt das für mich nicht zusammen, oder bekommst du mit Deinen Kenntnissen und Fähigkeiten nur die "Eier" auf die Werkbank?

  • Thumsbup 1
Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Stunden schrieb Ernst Wiegand:

was war die hochwertige Alternative damals ?

 

Wenn ich mit damals die Einführung der H-Kamera nehme, also 1935, dann bestand die Konkurrenz aus Facine, einigen Ciné-Kodak-Modellen, Bell & Howell Filmo 70, Victor, Zeiss-Ikon-Movikon 16, Siemens & Halske C, Agfa Movex 30 L, Cine-Nizo 16, Kinarri 16.

 

Wenn ich 1963 wähle, das Jahr der Einführung der H-Kameras mit Großboden, dann steht als vergleichbare Amateurkamera eigentlich nur ein Filmo 70-DR oder -KR zur Auswahl. Die Arriflex 16 sind Profikameras, mit denen die Bolex nicht zu vergleichen sind. Die Beaulieu R 16 ist mechanisch noch schwächer als die jüngere H. Das Problem besteht darin, daß die Amateurgeräte nicht servicefreundlich sind, will heißen das Material leidet jedes Mal beim Auseinandernehmen und Zusammensetzen. Immerhin ersetze ich Schaumstoff durch Filz. Statt Mastix verwende ich eine moderne Fugenmasse, die in wenigen Stunden gummiartig erstarrt. An einigen Stellen wird’s besser als original.

 

 

vor einer Stunde schrieb jacquestati:

bekommst du mit Deinen Kenntnissen und Fähigkeiten nur die "Eier" auf die Werkbank?

 

Wohl zur Hälfte. Kunden möchten ihrer Kamera einen Service geben, andere sind plötzlich im Besitz einer H, deren Meterzähler bei 23 stehen bleibt oder der Reflexsucher duster und braun ist. Einige haben gebrochene Feder, nicht einhängende Schleifenformer, beschädigte Revolverscheibe, fehlende Klemme, usw. Es wird teils gezielt investiert, so habe ich für einen der seltenen schweizerischen Kunden ein Exemplar überholt, das er vermietet. Teils wird nur eine neue Feder eingebaut verlangt.

 

Es sind aber auch schon H-Kameras hergekommen in traumhaftem Zustand, fast wie neu. Die lagen einfach 60 Jahre im Schrank, schön trocken.

 

Die Tage stelle ich auch ein Vario-Switar 12,5-100 fertig, bei dem der Fokus und die Blende ziemlich fest waren. Klebrig gewordenes Fett von 1976. Glas intakt

Bearbeitet von Film-Mechaniker (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Simon, es freut mich zu lesen, mit wie viel Herzblut du an die Kamerawartung, ja eigentlich Grundsanierung herangehst.

Vielleicht klappts ja doch mal endlich mit meinem Besuch bei Dir.

Geschrieben

Danke für die Worte

 

Bis Ende Januar nehme ich keine Aufträge an. Ich versuche bis dahin Liegengebliebenes fertigzustellen, mich neu zu sortieren, auch mich zu erholen von den slings and arrows of outrageous fortune.

 

Um das mit den Kameras ein wenig abzurunden: Niemand braucht Film und Kino. Als 1895 bekannt wurde, daß es bewegte Photographie gebe, ging man hin und amüsierte sich darüber. Eine Mauer wurde umgekippt, ein Pferd beschlagen, ein Gärtner wurde naß, ein Säugling wurde gefüttert. Der Beginn des Amateurfilms, besser gesagt des naïven Films. 1914 der erste Langfilm, Cabiria, dann Birth of a Nation. Wenn nun jedermann eine Filmausrüstung kaufen kann, was mit Pathé KOK 1912 versucht wurde, 1923 mit Pathé-Baby dann klappte, ging es ums Nachmachen von Teilen des sich noch entwickelnden Filmgewerbes. Bis heute äffen Leute die Professionellen nach beim Klappeschlagen oder beim Scharfstellen mittels Spiegelreflexsuchers. Alles andere interessiert sie nicht. Hitzige Diskussionen über den Negativschnitt? Lange Debatten zur Ausleuchtung?

 

So habe ich überwiegend mit Gerätefetischisten zu tun. Jemand in Frankreich schreibt mir, er freue sich auf seine Bolex, an der er sehr hänge. Jemand in Italien schreibt, er warte nun seit Monaten auf ein funktionierendes Produkt (Federbruch). Daß er derjenige ist, der mich wochenlang hat warten lassen, auf verbindliche Anweisung, auf eine Rücksendeadresse, auf Geld, wird verdreht. Es ist manchmal reiner Kindergarten.

 

Die meisten Filmamateure verlieren sich in Schnickschnack, der völlig unwichtig ist. Das Wesentliche ist ihnen nicht bewußt, und zwar daß sie Abbilder schaffen von der Wirklichkeit, die Ausschnitte sind, zeitlich, räumlich, inhaltlich, die Analyse. Aus den Abbildern etwas Eigenes zu zimmern, etwas Neues, die Synthese, geht ihnen ab. Es fehlt fast immer das Persönliche, Unverwechselbare, während die austauschbaren Bilder und Computerschriften als Titel vorherrschen. Von mir wird aber Zauberei erwartet, man will ein funktionierendes Produkt, von dem ich eine Liste erstellen könnte, was alles schon bei der Fertigung in den sechziger Jahren vermasselt wurde. Bildfensterplatte nicht planparallel (immer wieder), Geschwindigkeitenskala nicht zum Regler passend (Paillard hatte drei Versionen), vorderste Linse im Reflex-10fach-Okular unpassend für Kurz- oder Weitsichtige (konnte man wählen), schlechtere Federn als früher, u. a. m.

 

Zum Glück, an diese Menschen halte ich mich innerlich, gibt es Erwachsene. Jemand in Schweden mit einer NPR, deren Magazine ich in Ordnung bringen durfte, Besitzer von Pentacon AK 16, von Eyemo, von Nizo-Heliomatic, usw. Auf jeden Fall will ich nicht für die Vitrine restaurieren, das ist vorbei. Wie das aber gehen soll, weiß ich nicht.

  • Thumsbup 5
Geschrieben
vor 19 Minuten schrieb Film-Mechaniker:

Danke für die Worte

 

Bis Ende Januar nehme ich keine Aufträge an. Ich versuche bis dahin Liegengebliebenes fertigzustellen, mich neu zu sortieren, auch mich zu erholen von den slings and arrows of outrageous fortune.

 

Um das mit den Kameras ein wenig abzurunden: Niemand braucht Film und Kino. Als 1895 bekannt wurde, daß es bewegte Photographie gebe, ging man hin und amüsierte sich darüber. Eine Mauer wurde umgekippt, ein Pferd beschlagen, ein Gärtner wurde naß, ein Säugling wurde gefüttert. Der Beginn des Amateurfilms, besser gesagt des naïven Films. 1914 der erste Langfilm, Cabiria, dann Birth of a Nation. Wenn nun jedermann eine Filmausrüstung kaufen kann, was mit Pathé KOK 1912 versucht wurde, 1923 mit Pathé-Baby dann klappte, ging es ums Nachmachen von Teilen des sich noch entwickelnden Filmgewerbes. Bis heute äffen Leute die Professionellen nach beim Klappeschlagen oder beim Scharfstellen mittels Spiegelreflexsuchers. Alles andere interessiert sie nicht. Hitzige Diskussionen über den Negativschnitt? Lange Debatten zur Ausleuchtung?

 

So habe ich überwiegend mit Gerätefetischisten zu tun. Jemand in Frankreich schreibt mir, er freue sich auf seine Bolex, an der er sehr hänge. Jemand in Italien schreibt, er warte nun seit Monaten auf ein funktionierendes Produkt (Federbruch). Daß er derjenige ist, der mich wochenlang hat warten lassen, auf verbindliche Anweisung, auf eine Rücksendeadresse, auf Geld, wird verdreht. Es ist manchmal reiner Kindergarten.

 

Die meisten Filmamateure verlieren sich in Schnickschnack, der völlig unwichtig ist. Das Wesentliche ist ihnen nicht bewußt, und zwar daß sie Abbilder schaffen von der Wirklichkeit, die Ausschnitte sind, zeitlich, räumlich, inhaltlich, die Analyse. Aus den Abbildern etwas Eigenes zu zimmern, etwas Neues, die Synthese, geht ihnen ab. Es fehlt fast immer das Persönliche, Unverwechselbare, während die austauschbaren Bilder und Computerschriften als Titel vorherrschen. Von mir wird aber Zauberei erwartet, man will ein funktionierendes Produkt, von dem ich eine Liste erstellen könnte, was alles schon bei der Fertigung in den sechziger Jahren vermasselt wurde. Bildfensterplatte nicht planparallel (immer wieder), Geschwindigkeitenskala nicht zum Regler passend (Paillard hatte drei Versionen), vorderste Linse im Reflex-10fach-Okular unpassend für Kurz- oder Weitsichtige (konnte man wählen), schlechtere Federn als früher, u. a. m.

 

Zum Glück, an diese Menschen halte ich mich innerlich, gibt es Erwachsene. Jemand in Schweden mit einer NPR, deren Magazine ich in Ordnung bringen durfte, Besitzer von Pentacon AK 16, von Eyemo, von Nizo-Heliomatic, usw. Auf jeden Fall will ich nicht für die Vitrine restaurieren, das ist vorbei. Wie das aber gehen soll, weiß ich nicht.

Simon!

Belaste Dich nicht aus lauter Idealismus mit Dingen, für die Du nicht verantwortlich bist! Du kannst nichts dafür, dass bei Paillard nicht so präzise gearbeitet wurde, wie Du es als Feinmechaniker erwartest. Du bist auch nicht dafür verantwortlich, was die Leute mit ihren Gerätschaften anstellen.

Du bist verantwortlich für die Kameras, die man Dir zur Reparatur anvertraut, für nicht mehr und auch nicht weniger. Und dafür, dass Du nach bestem Wissen, Gewissen und Können alles Dir Mögliche gegeben hast, um sie bestmöglich wiederherzustellen.

Das sollte Maßstab für die Definition des persönlichen Erfolges sein, da habe ich bei Dir auch null Zweifel.

Und wenn es zuviel wird, dann helfen eine schöpferische Pause und etwas Abstand. Kopf hoch, Du hast allen Grund dazu.

Thomas

 

 

 

 

 

 

  • Thumsbup 5
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Film-Mechaniker:

will ich nicht für die Vitrine restaurieren, das ist vorbei. Wie das aber gehen soll, weiß ich nicht.

 

Vermessen, ist jetzt klar.

 

Als Abrundung des Paillard-Bolex-H-Kamera-Sockelsturzes: Es ist eine attraktive Kamera. Man kann sie als die Fortgeschrittenenkamera nehmen, wenn der Filmo die Federwerkkamera schlechthin ist. Anfängerkameras für 16-mm-Film wären dann eine Agfa Movex 12, eine Siemens & Halske, eine GIC, eine Revere 101, eine Meopta Admira 16 oder auch eine Keystone.

 

Es braucht einiges, um eine H korrekt zum Funktionieren zu bringen. Auf jeden Fall habe ich noch nie einen Greifer so auf Lochmitte ausgerichtet, wie es bei Paillard üblich war. Das Exzenterrad ist zwar aus Stahl gemacht, aber an einem montierten Greifer herumdrücken birgt das Risiko von verbogenem Exzenter. Wenn man ein Ersatzteil aus der Schublade ziehen kann, ist das Risiko tragbar. Das ist aber Geschichte.

 

Zwei Monate vor der H ist in Frankreich die Facine auf den Markt gekommen. So eine hatte ich noch nie in Händen. Auch bei ihr kann man die Feder abkuppeln und den Film unbegrenzt zurück- und vorwärtskurbeln. Tempo bis 80 B./s und zur Alleinstellung Auf- und Abblende auf Knopfdruck. Die Objektivhalterung ist speziell und vielleicht der Hauptgrund für den Mißerfolg gewesen. Berthiot lieferte Objektive mit Facine-Fassung. Die Facine besitzt einen Zweiflügelverschluß, von dem keine Vibrationen ausgehen. Eine frühe H schüttelt leicht.

 

Wenn ich die H trotzdem als sehr gute Kamera nehme, vermisse ich einen ebenbürtigen Paillard-Projektor. Der G ist Mist. Als der herauskam, mußten die Hühner hinterm Haus lachen, denn bei ihnen im Stall waren ein Ampro und ein ALMO aufgestellt, ein Bauer-Selecton S, ein Bell & Howell Filmosound, ein Liesegang-Argus und ein Oehmichen.

Geschrieben (bearbeitet)

Danke für den ausführlichen Bericht zur Fertigungsqualität einer Bolex H16, @Film-Mechaniker Offenbar wurde nicht nur bei Beaulieu mit Wasser gekocht, sondern auch bei Bolex Paillard.  Größtes Manko ist leider das fehlende Schwingspiegelreflexsystem.

Die russische Krasnogorsk K3 ist offenbar eine echte Alternative. Immerhin hat sie einen rotierenden Spiegelumlaufverschluss. Mittlerweile wechselt sie gelegentlich für 400 € den Besitzer. Soviel kostete vor einigen Jahren noch eine Bolex H16 Reflex.

Als ich vor vielen Jahren das erste Mal das Innenleben einer Beaulieu 4008 ZMII sah, war ich auch sehr enttäuscht, über die vielen dünnen Stanzteile, aber auch fasziniert vom komplexen Schwingspiegelreflexsystem mit verstellbarem Schiebeverschluss.



 

Bearbeitet von Martin Rowek (Änderungen anzeigen)

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