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Geschrieben

Wenn man bei den Archiven nur alles jeweils Ausländische abtrennte, wäre viel gewonnen. Warum müssen die europäischen Filmarchive mit amerikanischen Kopien vollgestopft sein? Man schicke alles Spanische nach Spanien, Material ungarischer Produktionen nach Ungarn und so weiter. Bei der cinémathèque suisse lagern Kopien von The Lion King und Antz und anderen Schunds immer gleich mehrfach und man ist noch stolz auf eingebrannte Untertitel. Weg mit dem Müll!

Geschrieben

Leider ist es so, dass seit dem 2. Weltkrieg die Hollywood Produktionen dominieren und da ist oft auch die deutsche Synchronfassung interessant. Aber es ist mit Film genau das gleiche wie mit Filmplakate, beides sind Produkte die nach dem Gebrauch für die Vernichtung vorgesehen waren. Die negative wird der Produzent selber archivieren. Alles andere ist etwas für Liebhaber. Ich denke den meisten ist es auch egal ob jemand leere Cola Flaschen archiviert oder nicht. Filmkopien sind mittlerweile nur noch etwas für Sammler.

Geschrieben (bearbeitet)

Sehr würde ich die Beibehaltung des bisherigen Archivprinzips und den Code of Ethics der FIAF hervorheben und verteidigen.

Es ist unverantwortlich, auch Duplikate, Dubletten oder Verleihkopien zu entsorgen, die nachhaltig einen Rückschluss auf der Erstauswertung des Films im eigenen Land errmöglichen.

Wo tauchte die Sintflut-These "Duplikate aufgeben" und "Wir können nicht alles retten" auf? Und warum müssen plötzlich Archive beräumt werden?

Das ist nicht notwendig und barbarisch. Alles bisher Eingelagerte und aus gutem Grund archivarlisch Aufgenommene kann und muss aufgehoben werden. Aus folgendem Grund ist hier Entwarnung zu verkünden: es kommt nun - nach Einstellung der Serienfilmkopierung und seit 2013 - kaum Material mehr nach. Vorhandene Archivräume sind das Tafelsilber des Staates und können nicht beräumt werden. Sie sind weitgehend intakt und verfügen über eine hervorragende Kühlung, weshalb auch der Zersetzungsprozess einiger gefährdeter Materialien nanezu gestoppt werden kann.

Was akut gefährdet ist und mangels Klimatisierung der Gefahr der Zersetzung anheim fällt, ist das nicht professionell gelagerter Material einiger säumiger FIlmfirmen und Produzenten . also anderenortes.

Macht man eigentlich selbstverständliche Distinktion, erstaunt die Panik in den Archiven, alles dort Gelagerte sofort digitalisieren zu müssen oder gar Auswahlkriterien für eine "Arche-Noah"-Aktion zu erhaltener analoger Güter auszuspinnen.

 

Man kann von einer Verzerrung einerseits und von Geschäftsinteressen neuer Branchen und Archiv-Kuratoren ausgehen, die etwas revolutionieren wollen und am Ende eine Kostenlawine lostreten, die in keinem Verhältnis zur geforderterten "Zugänglichkeitsmachung" von FIlmen steht. Zugänglich sind fast alle Materialien dort, wo 35mm-Projektion noch existiert. Allzu viele Anlagen muss es auch gar nicht geben; die noch vorhandenen reichen aus. Aus ganz einfachem Grunde: der Bedarf, die Nachfrage nach einem Grossteil der Filmgeschichte ist so verhalten, dass auch eine digitalisierte Variante unter dem Ladentisch verstaubt. Man sollte sich keine Illusionen machen. Und ausserdem sollte man propagieren, seltenere Filme durchaus weiterhin in Programmkinos, Plexen, kommunalen Kinos, Museumskinos und anderswo im richtigen Kinosaal zu vermarkten. Wofür Filme einst gedreht wurden (und nicht für den Konsum auf dem Smart-Phone, auch wenn der neue Eigner von Time Warner diesen Zielmarkt ganz gross machen möchte).

Bearbeitet von cinerama (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Der Räumungsvorschlag kommt von mir. Wenn mir jemand erklärt, mit welchem Grund Filmarchivare jammern, sie hätten zu wenig Geld zur Verfügung, während sie Neubauten errichten lassen für Millionen, Beispiel Schweiz mit Baustelle bis 2018, dann lasse ich nach. Wäre ich Direktor des Filmarchives, bescheidenerweise des schweizerischen, würden Millionen ins Duplizieren gefährdeten Films fließen und nicht in Beton und Computer. Bei den Bibliotheken hat noch kein Computer ein Buch gerettet, es sind chemische Maßnahmen, und meine Entscheidung wäre ohne Überlegen Buch, nicht Text. Das Papier zuerst, der Band. Bücher gab es lange vor dem Druck. Gleich beim Film: Fotografie zuerst, dann Geschichte, also Dokument vor Fiktion.

 

Mit Verlaub, Rückschluß auf der Erstauswertung des Films im eigenen Land errmöglichen für The Lion King, Antz, Die Hard, Edward Scissorhands?

Geschrieben (bearbeitet)

Der Räumungsvorschlag kommt vom Bundsarchiv selbst: um Platz für Digisate zu schaffen und mit der Begründung, jedwedes Filmmaterial sei kaum noch abspielbar/vorführbar nach Wegfall der Abspieltechnik u.a. in den Kinos - daher sei der Zugang zu "Film" verwehrt, der nach laut Unesco-Beschluss und nach meinem Eindruck andere Codes und Archivethiken bricht. Argumentieren wir da mit einer Minderwertigkeit der Synchronfassungen oder andererseits mit der künstlerischen Fragwürdigkeit von "The Lion King", "Antz", schaffen wir eine weitere Steilvorlage zur Räumung. Der bald weitere Räumungen auch deutscher Originalproduktionen folgen, sobald digitalisiert ist.

Laut FIAF haben auch Synchronfassungen einen kulturellen Wert. Verneinen wir ihn, werden alsbald Originalmischbänder aufgegeben. Oder auch wertvolle 35mm-Technicolor-, Magnetton- oder 70mm-Kopien. Wertvoll. weil in vielen kommunalen Kinos oder auch auf Berlinale-Retrospektiven mit dem Begriff "Originalfassung" geworben wurde. Man spielte dann im Berliner "Arsenal" beispielsweise "Circus World" in englischer rotstichiger 16mm-Kopie, mit grünem Lauftreifen, mit beschnittenem Format auf Normalformat und mit jaulendem Mono-Lichtton. Unweit des Kinos befindet sind ein Archiv mit der rotstichigen 70mm-Version (sogar auf engllsch): immerhin ein Forschritt in Aspekten der Schärfe, der Formats und des Raumtons. Unweit des Kinos besteht auch eine Privatsammlung, in der "CIrcus World" als zwar monaurale synchfronisierte 35mm-Fassung, aber als Technicolor-Druckkopie ohne Farbverlust vorliegt. Eben so existiert eine synchronisierte Technicolor-Kopie von "Gone with the Wind" in dieser Stadt (oder mehrere sogar), während man zeitgleich auf der Berlinale-"Technicolor"-Retrospektive dreist eine englische "Originalfassung" zeigt: sie wurde von Dick May mindewertig von den Farbauszügen über Intermed-Negativ umkopiert und ist bar jeder Technicolor-Charakteristik.

Das ist doch der eigentliche Skandal, oder nicht?

Wenn man dann die Räumung von Synchronfassungen fordert, vermindert man das Spektrum des Abspielrepertoires, fürchte ich. Wir erleben dann nur noch "Videobuden" in staatlichen subventionierten Archivkinos, Kommunalen Kinos und Festival-Retrospektiven.

Die deutsche Linie ist leider glasklar und verurteilenswert: keinerlei Analog-Kopierung oder Analog-Sicherung mehr. Wenn man dies schon nicht mehr erzwingen kann, so wäre doch der bedingungslose Einsatz für den Erhalt alles vorhandenen (und somit nicht mehr anwachsenden) Analog-Materials gesetzlich festzuschreiben. Wie gesagt: die Archivräume sind vorhanden, sie müssen lediglich weitergeführt werden.

Bearbeitet von cinerama (Änderungen anzeigen)
Geschrieben (bearbeitet)
Der Räumungsvorschlag kommt vom Bundsarchiv selbst: um Platz für Digisate zu schaffen und mit der Begründung, jedwedes Filmmaterial sei kaum noch abspielbar/vorführbar nach Wegfall der Abspieltechnik u.a. in den Kinos - daher sei der Zugang zu "Film" verwehrt, der nach laut Unesco-Beschluss und nach meinem Eindruck andere Codes und Archivethiken bricht.
  • „Platz schaffen für Digisate“ ist das Verlogenste, was man sagen kann. Die 35-mm-Kopie eines 100-Minuten-Films wiegt 21 kg und nimmt 0,048 m3 Raum ein, der Datenhaufen davon wiegt nichts und hat Platz auf einer Speicherkarte.

  • „Nicht spielbares Filmmaterial“ sagt nur der Verbraucher (Konsument, wenn Fremdwörter mehr ziehen). Der Archivar besorgt ein Duplikat und kann frische Kopien abziehen.

Ich kann es nicht fassen, daß man beim Bundesfilmarchiv die Filmtechnik aufgibt. Es ist nicht zu fassen, es ist der Holocaust für die Filmgeschichte Deutschlands.

Bearbeitet von Filmtechniker (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Man wird sich an die Kamera-Negative erst einmal nicht heranmachen, weil damit (etwas simpel und einseitig) der Begriff des "Originals" gekoppelt wird. Aber die Benutzerstücke (= Filmkopien) möchte man ausforsten. Leider aber wurde viele Nitro-Originalnegative nach einem Brand im Bundesarchiv Koblenz kontinuierlich kassiert und nach Umkopierung entsorgt.

 

Martin Koeber von der Deutschen Kinemathek erwähnte nun desöfteren, dass man ja nicht jede verfärbte und verstreifte Verleihkopie aufbewahren müsse. Natürlich kann man dies verstehen, aber mit vielen solcher Andeutungen wurde das bisher eher konservativ und auf Materialerhalt festgelegte Bundesarchiv aus meiner Sicht erschüttert. Es stieg die Furcht, hinter dem Kinemathekenverbund "hinterherzuhängen" oder funktionslos zu werden.

 

Auf Kinematheken-Info sind unabhängige Fachartikel gerne willkommen: möchte dazu ermutigen!

Geschrieben

Ich kann es nicht fassen, daß man beim Bundesfilmarchiv die Filmtechnik aufgibt. Es ist nicht zu fassen, es ist der Holocaust für die Filmgeschichte Deutschlands.

 

Das geht mir auch extrem schwer rein bzw. schlägt auf's Gemüt. Bevor man sich nach endloser Diskussion (wie hierzulande üblich) eines besseren besinnt, ist vermutlich alles zu spät. Es ist unfassbar.

 

Ich spreche mich für ein privat getragenes und in Teilen staatlich gefördertes Crowd Archiving Projekt für existierende Privatsammlungen aus, das gleichzeitig die Übernahme von Material aus Archiven (aus rechtlichen Gründen unter Auflagen) gewährleistet und regelt.

  • 2 Monate später...
Geschrieben

Wenn ich die Beiträge lese, kommt mir der Gedanke, was wir unseren Nachkommen hinterlassen.

Denn wenn ein System so gestaltet wird, dass man die Nutzung einschränken kann und dies tut, verhindert man illegale Nutzung auch dann noch, wenn sie inzwischen legal ist.

Wenn ich mir vorstelle, dass es so etwas schon in den 20er Jahren gegeben hätte und mir vorstelle, welche Filme dann noch existieren würden.

 

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Von der Sache und vom Engagement sicher richtig. Aber der Regisseur von "Varieté" heißt Ewald André Dupont - nicht André Dubois. Und auch nicht Blanche DuBois! (Da hat wahrscheinlich die Autokorrektur wieder einmal zugeschlagen, ein Zeichen mehr wie sehr die "intelligenten" neuen Techniken voller Macken sind.)

Geschrieben

Klaus Kreimeier schrieb am 9.1.2017 in der FAZ einen lesenswerten Artikel zum Thema Entsorgung der Massenkultur beim Filmerbe:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/klaus-kreimeier-aeussert-sich-zur-digitalisierung-des-filmerbes-14610183.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Mit meinen Worten: Es kann nicht die Arbeit der Archive sein, eine elitäre Filmauswahl vermeintlicher Hochkultur zu definieren - und den Rest als "Massenware" zu entsorgen. Immer wieder stutzte ich, wenn ich irgendwelche Kanons der Filmkultur sah. Schnell konnte man bei genauerer Betrachtung immer feststellen, wie Spezialisten von einander abschreiben und zahllose Raritäten nicht kennen. Plastisch zeigte das auch die Filmreihe "Geliebt und verdrängt", die u.a. hier in Frankfurt im Filmmuseum lief. Es gab nicht nur die restaurativen Adenauer-Zeit-Filme, es gab auch damals allerhand Gegengift!

Geschrieben (bearbeitet)

Kreimeier u.a. Nicht-Filmfachleute; Eher ganz dagegen... 

Die Genannten sind bedauerlicherweise Verfechter des digitalen Komplettersatzes von Filmgut: Neukopierung auf Film, d.h. Originalormat, wird nicht mehr gefordert. Auch nicht der Erhalt der Filmtechnik und der superb geruesteten, staateeigenen (!) Filmkopierwerke. (Solches wuerde ja die Digitalisierungs-"Offensive" finanziell ausbremsen.)

Der Genannte Prof. griff vor wenigen Tagen auch noch Dr. Dirk Alt an, einen der Verfechter der filmtechnischen, d.h. analogen Sicherung und des Ziehens neuer Vorfuehrkopien. Und ficht stattdessen heftig fuer die Gruppe um Dr. Rother von der Deutschen Kinemathek, die aus geschäftlichen Gruenden nur noch fuer die Anfertigung digitaler "Sicherungspakete" plaedieren. Sonst schaffe man sich nur ein "neues analoges Problem", so die Kinemathek. Genau so stromlinienfoermig Herr Junkersdorf: Buisuliness-interessen. Und nachweislich wird der Bedarf mit der Branchen- und Geschichtslüge abgefüttert, Filmerbe sei schlagartig und komplett bedroht, und würde nicht sofort alles digitalisiert, so schloessen in Kürze viele digitale (!) Filmbearbeitungsbetriebe, so Frau Grieb. Kein Wort zu den gut gesicherten und klimatisiert lagernden Archiven - scheinbar existieren diese Werte nicht?

 

Motto: "weg" mit dem Projekt der kulturellen Tradition der Vorfuehrungen mit Filmrollen - sie stören das Buisiness der Broadcastverwerter.

Bearbeitet von cinerama (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Ein neues analoges Problem, cool. Es scheint demnach auch aloge Probleme zu geben.

Das Gegenstück zu digital ist nicht analog, sondern materiell.

 

Arnold & Richter hat die Filmtechnik aufgegeben. Das ist ein Problem. Nach Jahrzehnten des Kopiermaschinenbaus nichts mehr auf dem Gebiet

Fernsehen, Video, Computer-Technik sind der Tod des Films. Laufen denn da noch Leute mit „Endlösung“ im Hirn herum?

  • 1 Jahr später...
Geschrieben (bearbeitet)

Deutschland bedient die Heimkinotechnik, schließt nämlich seine Filmkopierwerke und scannt teils minderwertig die (angeblich nirgendwo mehr publikumszugaenglichen und praesentationsfaehigen) Kinofilme.

 

Oesterreich rüstet auf: fuer Erhalt und Zukunft des originalen 35mm-Kinoformats und eröffnet noch in diesem Jahr ein 35mm-Kopierwerk:

 

https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=568456600178097&id=508568529500238

Bearbeitet von cinerama (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Dieses Engagement finde ich super, aber dass die großen Kopierwerke wie Arri, Geyer, Atlantik usw. schließen mussten, das ist doch nachvollziehbar: Die Nachfrage nach Massenkopien ist weg! Es müssen nicht mehr eine Million Meter Filmkopie am Tag mehr hergestellt werden.

 

Wenn es um den Erhalt des Filmerbes geht, sprechen wir von sehr speziellen Bedarfen (Schrittkopierung, Gates für geschrumpftes Material usw.), die ein Fachbetrieb wie z.B. das Taunusfilm Kopierwerk beherrscht.

 

Glücklicherweise gibt es ja noch Debrie als Hersteller von Kopiermaschinen bzw. für die speziellen Anforderungen bei der Restauration Sonderanfertigungen.

  • 2 Monate später...
Geschrieben

Auf die Anfrage
Wann werden von der Kinemathek wieder analog restaurierte Filme angeboten? (Frau Meerapfels Filme sind dennoch stets sehenswert...)

antwortete die Deutsche Kinemathek in Berlin (mit Sprecherfunktion für den deutschen Kinematheksverbund) folgendermaßen:

 

 

Lieber Herr G.,

es hat etwas gedauert, aber ich habe mich nun direkt bei Herrn Körber, unserem Leiter der Abteilung Audiovisuelles Erbe informiert. Er erläuterte mir folgende Punkte bzgl. unserer Digitaliserungsprojekte:

1. Die analoge Technologie bietet nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Bearbeitung, die eine authentische Wiedergabe der Vorlagen in vielen Fällen nicht erlaubt.
2. Für analoge Restaurierungen gibt es viele der dafür benötigten Materialien nicht mehr, für zahlreiche Verfahren gibt es auch keine Dienstleister mehr, die solche Restaurierungen zu angemessenen Preisen und der notwendigen Kompetenz anbieten.
3. Es gibt für analoge Bearbeitungen keinen Etat im Haushalt und keine Fördermöglichkeit, wohl aber derzeit Fördermittel für Digitalisierungen.
4. Analoge Kopien sind im Kino nicht mehr einsetzbar, da es kaum noch Projektoren gibt. Von den analogen Kopien aus kann man keine anderen Formate (DVD, VIdeo on Demand etc., TV-Master) ableiten, ohne dass hohe Zusatzkosten entsthene.
5. Analoge Kopien sind sehr verwundbar und werden durch den Kinoeinsatz schnell beschädigt. Digitale Kopien sind demgegenüber unverwundbar, solange die Masterdateien in einem gut geschützten Archiv zur sofortigen und nahezu kostenfreien Neuanfertigung der Vorführkopie zur Verfügung stehen.

Außerdem schicke ich Ihnen anbei einen Artikel aus der März-Ausgabe Kinema Kommunal mit einem Portrait einer unserer Filmrestauratorinnen. Der könnte Sie vielleicht interessieren.



Herzliche Grüße
A.B.
Geschrieben

Die üblichen Gemeinplätze von Uninformierten und Desinteressierten. Je weniger jemand die Filmtechnik kennt, umso pauschaler und ausschließender wertet die Person. Der Politiker in Amt (und Würden) fühlt sich unter Druck, etwas Gegenwärtiges zu veranlassen. Weil es eine Richtung in der Zeit gibt, eine Hauptrichtung, nämlich vorwärts, wollen Menschen mit dem Zurückliegenden, Bestehenden, nichts mehr zu tun haben. Sie glauben, etwas zu verpassen oder nicht dabei zu sein, wenn sie nicht dem Neuesten, Letzten huldigen.

 

Es stimmt nicht, daß

 

1. die analoge Technologie nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Bearbeitung bietet, die auch eine authentische Wiedergabe der Vorlagen erlaubt. Was für ein hohles Blabla! Der Belichtungsumfang aktueller Dupliziermaterialien (von Kodak, Fuji, Agfa und Ilford erhältlich) steht dem digital verarbeitbaren Leuchtdichteumfang nicht nach. Puncto Farbtiefe hält die gestufte Digitaltechnik mit der stufenlosen fotochemischen nicht mit.

 

Es stimmt nicht, daß


2. für analoge Restaurierungen es viele der dafür benötigten Materialien nicht mehr gibt, es für zahlreiche Verfahren auch keine Dienstleister mehr gibt, die solche Restaurierungen zu angemessenen Preisen und der notwendigen Kompetenz anbieten. Der spezialisierten Labore sind in Europa ein Dutzend. Bei Bedarf bin ich auch sofort zur Stelle.

 

Es trifft wohl zu, daß

 

3. es für analoge Bearbeitungen keinen Etat im Haushalt und keine Fördermöglichkeit, wohl aber derzeit Fördermittel für Digitalisierungen gibt.

 

 

Das Folgende ist wieder Beweis von Ahnungslosigkeit, wenn nicht Unfähigkeit, sich richtig auszudrücken, so pauschalisiert ist das:


4. Analoge Kopien sind im Kino nicht mehr einsetzbar, da es kaum noch Projektoren gibt. Von den analogen Kopien aus kann man keine anderen Formate (DVD, Video on Demand etc., TV-Master) ableiten, ohne dass hohe Zusatzkosten entstehen.

 

Wie viele Kinobetriebe mit Filmtechnik müssen am Laufen sein, damit Archivmaterial sein Publikum findet?

 


5. Analoge Kopien sind sehr verwundbar und werden durch den Kinoeinsatz schnell beschädigt. Digitale Kopien sind demgegenüber unverwundbar, solange die Masterdateien in einem gut geschützten Archiv zur sofortigen und nahezu kostenfreien Neuanfertigung der Vorführkopie zur Verfügung stehen.

 

Das Wort Kopie, lat. und ital. copia ( = Menge, Masse) widerlegt das Gesagte. Kopien sind zum Verbrauch bestimmt. Stehen deswegen keine Gipsnachbildungen wertvoller Steinbildkunstobjekte in den Museen? Gibt es nicht seit Jahrhunderten Abschriften und Nachgemaltes für den pueblo? Gegen den letzten Punkt läßt sich nichts einwenden: Alles für Nichts ist der uralte Opportunismus.

Geschrieben

Es ist noch viel schlimmer, als ich es bisher zu sagen wagte. Die traditionelle Fotografie und Kinematografie als mit Digitaltechnik ersetzbar oder als ersetzt werden müssend zu behandeln ist Ausdruck völliger Kulturlosigkeit, Banausentums und grenzenloser Rücksichtslosigkeit gegenüber einem Phänomen, von dem man/frau selbst seinen/ihren Posten ableitet. Hier tritt eine Überheblichkeit an den Tag, die wir Filmleute uns im 20. Jahrhundert nicht hätten ausmalen können.

 

Da werden Weiber zu Hyänen und treiben mit Entsetzen Scherz;
noch zuckend, mit des Panthers Zähnen zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu;
der Gute räumt den Platz dem Bösen und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn;
jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn.
Weh denen, die dem Ewigblinden des Lichtes Himmelsfackel leihn!
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden, und äschert Städt' und Länder ein.
 

Geschrieben

Man wechselt vom unbequemen Filmmuseum zum Distributor von Medien-Content.

"Filmmuseum" bedeutet jedoch das genaue Gegenteil.

Die, die es machen, denen macht die Vergangenheit nicht wirklich Spass. Lieber vermittelt man mit neuen Medien Zitate und Derivate der Unterhaltungskultur. Ganz sicher hat das nichts mit Wissenschaft zu tun. Aber mit erhofften Einnahmen.

  • 3 Monate später...
  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Sehr "ueberraschend" wirbt der Sprecher des Kinematheks-Verbundes, Dr. Rother (Direktor der Deutschen Kinemathek) im Deutschlandfunk fuer den Erhalt der analogen Kopierwerke.

 

Monatelang plädierte er fuer die Stilllegung. Nur ein Statement unter vielen, die sich gleichen: In ihrer Replik gaben Rainer Rother und Martin Koerber von der Stiftung Deutsche Kinemathek zu bedenken: „Ein solches Vorgehen [Erhalt eines Filmkopierwerks. - Erg. von @cinerama] wuerde in hohem Maße Mittel binden, ohne ein sichtbares Ergebnis zu liefern.

 

 

 

Auf "Digitale Dämmerung" finden sich aktuelle Fragen zur Ausrichtung der Institutionen:

https://duskofdigital.wordpress.com

 

Auf Kinematheken-Info verschiedene Beiträge von Helmut Herbst, Daniel Kothenschulte, Dirk Alt oder Simon Wyss. Zuletzt auch zur Aeusserung von Dr. Rother eine Lesart, die die offizielle Vermeldung vom Kopf auf Fuesse zurückbringen will:

http://kinematheken.info/jean-pierre-gutzeit-bedrohtes-filmerbe-das-werte-karussell-neuer-medienmuseen/

Geschrieben

Sind (wir) Filmleute nicht Idioten? Streiten uns über das Daseinsrecht des Films wie betrunkene Studenten  . . .

 

Bibliothekare stellten das Existenzrecht des Buches nie in Frage. Vor dem Buch macht selbst der kränkste Digitalo Halt.

Es gibt Druckereimuseen, weitergeführte Setzereien mit körperlichen Lettern (auch aus Holz oder Kunststoff für Plakate),

Papiermühlen, Handschreibvereine, Schreibmaschinenaficionados, Stenografen u. a. m.

 

Gut, es hat sich ein Club um die Mitchell-Kameras formiert, bei einigen Filmarchiven wird der Apparatefundus zunehmend

aufbereitet und gepflegt, es sind ahnungslose Gesprächspartner, die so schrecklich dreinreden. Man muß viel besser vor-

bereitet sein auf Zusammentreffen mit Politikern und Sängern.

Geschrieben (bearbeitet)

Großartiges Forum zu Mitchell-Kameras - in USA moeglich, im Deutschland des postmodernen Kinematheks-Verbundes und dessen Sprecher undenkbar?

 

Herr Rother (Deutsche Kinemathek) weist empört Unterstellungen seitens Dr. Dirk Alt und seitens des ehemaligen Direktors des Österreichischen Filmmuseums (ueber die jedenfalls ich nur das Beste sagen kann), Alexander Horwarth, zurück. Er vertritt die Auffassung, die Charakteristiken der Eigenschaften heutiger (Kodak?)-Printmaterialien bei der Neukopierung aelterer Filme seien als Hindernis fuer den Erhalt des Filmkunstwerks einzustufen. Dr. Rother im Wortlaut hier: 

Unzutreffende Vorwürfe gegenüber der Digitialisierungsinitative

Alt und Horwath beschädigen ihr Anliegen durch unzutreffende Vorwürfe und die Umdeutung der Digitalisierungsinitiative zu „der“ Strategie „der“ deutschen Filmerbeinstitutionen. Im Kern jedoch setzen sich beide für mehr Aufmerksamkeit (und finanzielle Mittel) für die Bereiche ein, denen auch wir uns verpflichtet sehen. Dirk Alt hebt wesentlich auf Filme jenseits der Kinos ab, die zeithistorischen Wert besitzen, sein Beispiel ist der Film über die Massaker in Libau. Ein anderes Beispiel wären etwa die Filme der Polizeisammlung Berlin – von der Deutschen Kinemathek digitalisiert und nun zugänglich für historische Forschung wie dokumentarische Kompilationen. Alts Behauptung der Bevorzugung „industrieller Massenware“ geht fehl. Ein Blick selbst in die „Kostenabschätzung“ von PricewaterhouseCoopers hätte darüber informieren können, dass dokumentarische Filme dort gleichberechtigt auftreten und „ephemere Filme“ – wie der Libau-Film einer ist – explizit aufgeführt sind.

Film ist ein Aufführungsereignis – allerdings ist die Engführung auf die mechanische Projektion analogen Films problematisch. Auch die Projektion digital entstandener oder inzwischen digitalisierter Filme ist Kino. Horwath identifiziert das Aufführungsereignis mit einer bestimmten Aufführungstechnik. Das ist fatal, wie sich an seinem Verständnis von „Faksimile“ zeigt.

Eine Frage der Restaurierungsethik

Ein Faksimile soll dem Original gleichen, die Film-Kopie aber ist die Verwandlung des nicht zur Vorführung bestimmten Negativs in „Film“. Eine Verwirklichung dessen, was im Negativ angelegt ist, aber auch: seine Interpretation. Erst Licht- und Farbbestimmung verwandeln das Werk in ein potentiell originalgetreues Kinoereignis. Wie getreu es sein kann, hängt von der Qualität des überlieferten Ausgangsmaterials ab, aber auch davon, ob die ursprüngliche Bearbeitungskette mit passenden Positivemulsionen oder auch den auf die Tonsysteme passenden Verstärkern überhaupt noch zur Verfügung steht. Einst auf Agfa-, Fuji- oder Kodak-Film gedrehte Filme, kopiert auf modernem Farbfilm mit seiner anderen Charakteristik: kann man sie noch Originale im Gegensatz zu (digitalen) „Faksimiles“ nennen? Der ursprünglich im mechanischen Druckverfahren reproduzierte Dreistreifen-Technicolorfilm, heute meist auf modernem Farbmaterial dargeboten – soll das ein Original sein?

Die analoge Vorführung ist eine bewahrenswerte kulturelle Praxis, wie auch deren Voraussetzungen: die Produktion von Rohfilm, die Arbeit von Kopierwerken. Die Vorführung eines Digitalisats aber bedeutet kein grundsätzlich minderwertiges Aufführungserlebnis. Tatsächlich können digitale Versionen analoger Filme jener Erfahrung, die der Film einmal ermöglichte, näher kommen, als jede heutige analoge Umkopierung es könnte – eben weil die Digitalisierung Möglichkeiten bietet wie zum Beispiel die bessere Reproduktion des ursprünglichen Farbraums. Das angemessene Aufführungserlebnis ist keine Frage der Technik, sondern eine der Restaurierungsethik. Darum, und wie dafür Verständnis und zureichende Mittel geschaffen werden, sollte es in der Debatte um das Filmerbe gehen.

 

Zit. aus: http://m.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/digitalisierungsinitiative-von-filmen-in-der-kritik-15100198.html

 

 

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