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Geschrieben

Hallo @cinerama,

 

die Spartacuskopie vom 2006er Festival war leider farbmässig schlecht, zwar die gleichen Harrisfassung, aber wohl ne Nullkopie oder KK. (Zu teuer, um weggeworfen zu werden?) Violette Schatten, Schwarz fehlte oft und sehr unschöne Farbsprünge. Von daher super, dass diesmal eine andere zu sehen sein wird.

 

Grüsse Jeff

Geschrieben

Heute, Freitag, beginnt um 11.00 Uhr das 9. Todd-AO 70mm Filmfestival in der Schauburg mit

 

DER GROSSE WALZER

 

greatwaltzaushangweb.jpg

 

"Wenn auf einmal die Gäste eines Weinkellers das Trinklied „Six Drinks“ anstimmen und zwischen den Tischen und Bänken und Weinfässern zu tanzen beginnen,

dann hat das etwas unfreiwillig Komisches an sich." ... meint Peter Kohl in unserer Festivalbroschüre.

 

Recht hat er, aber DER GROSSE WALZER macht sehr großen Spaß, wenn man den Film einfach nicht ernst nimmt und ihn stattdessen als eine opulente Musical-Schmonzette

mit unglaublichen Trash-Potential auf großer Bildwand und 6 Kanal-Stereoton genießt.

 

Was gibt es Schöneres an einem verregneten Freitagvormittag?

Geschrieben

Vielen Dank für die Mitarbeiter der Schauburg für das gelungene 70mm-Festival. Im Gegensatz zur Wahl war es wieder einmal berechenbar gut. Ich lobe hier mal ausdrücklich auch den angenehmen und freundlichen Service. So ein Festival bedeutet mehr Stress als sonst. Das Essen war übrigens auch besser und vielfältiger. Vor allem aber Dank an die Leute im Vorführraum, Theaterleiter und Kopiengeber! Über Kopien und Filme demnächst mehr.

Geschrieben

Auch von meiner Seite danke ich dem Schauburg Team, unter der Leitung von Herbert Born, für das gelungene 70 mm Wochenende in Karlsruhe. Eine intertessante Filmauswahl, perfekte Vorführung, tolles Catering, und gute Unterhaltung mit anderen 70 mm Fans.

"Der grosse Walzer" in einer recht ordentlichen Blow Up Kopie mit eindruckvollen 6-Kanal Magnetton hatte bis zur Pause meiner Meinung nach zu viel Walzer Musik. Danach aber ging das Liebesdrama ja erst los und hat damit der Handlung mehr Spielraum gegeben. Immerhin eine Roadshow Version mit Pause und schönen Szenen an Originalschauplätzen, u. a. auch am Schloss Leopoldskron bei Salzburg, wo "Meine Lieder meine Träume" gedreht wurde.

"Goya" ein DEFA 70 mm Film von 1969/70 von Konrad Wolf, hatte nicht die Qualität, die wir von Kodak Material gewöhnt sind. Dafür ist das ORWO Material Farbstabil.lDer Film hatt Längen, welcher andere Titel hat das nicht? Ich fand den Hauptdarsteller Donatas Banionis sehr überzeugend, hätte Anthony Quinn sicher auch nicht besser spielen können.

"Khartoum" vorgeführt in Ultra Panavison 70 mit reduzierter Bildhöhe in herrlichen neuen Farben. Ob die 1966 im Warner Cinerama New York auch so waren, daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Nur das der Film dort mehr Eindruck machte, da eben das Cinerama Format von 1:2,75 als Bildwand vorhanden war. Sicher war der Ton damals auch mehr dynamisch als in der DTS Fassung. Dazu müsste man aber die alten Magnettonkopien raussuchen.

"Eine Braut für 7 Brüder" am Samstag kam bei den Zuschauern gut an. Ein CinemaScope Blow Up mit herrlich gemalten Studiolandschaften. Die rotstichige Kopie hatte deutsche Sprachmischung die Songs aber in Originalfassung belassen.

Dann kam der zweite Film aus dem Osten "Du bist Min" eine Art Dokumentation über die zwei deutschen Staaten im Jahre 1968. Sehr schöne Flugaufnahmen in DEFA 70 und mit russichen Handkameras aufgenommen. Gerhard Fromm aus München war damals bei den deutschen Szenen aus Kameramann im Einsatz. Im Filmgeschehen viele Wochenschauaufnahmen vom und nach dem 2ten Weltkrieg.

"Im Rausch der Tiefe" von Luc Besson als Blow Up von CinemaScope und mit Dolby A Magnetton hatte noch Farbe, da dieser Film ja aus dem Jahre 1987 war. Es gab zwar eine längere Fassung in Frankreich, die gezeigte war 118 Minuten lang.

"Spartacus" am Samstag war nicht die angekündigte englische rekunstruierte Fassung von 1991 sondern eine Erstaufführungskopie von 1960 in sehr gutem mechanischen Zustand und einem eindurcksvollen, bassigen 6-Kanal Magnetton mit Sprachmischung. Der Film war aus 2 verschiedenen Kopien zusammengesetzt, hatte dadurch unterschiedliches Farbfading. Sehr schön, dass dieser gezeigt wurde und nicht die Harris/Katz Version.

Am Sonntag nach dem Frühstück hat Thomas Heuerslev seine DP 70 die Geschichte von dem Todd AO Projektor mit Bildbeispielen erzählt. Als man da diese schönen Projektoren beim Schrotthändler sah, tat das schon weh.

Eine weitere DDR Filmüberraschung war "Orpheus in der Unterwelt" von 1974 gefilmt in DEFA 70. Am Anfang hatte die Kopie sehr viele Klebestellen ohne große Handlungssprünge. ein 10 Minuten Teil musste dann auf der DP 75 gespielt werden. Der Rest danach mit einwandfreien Farben auch ohne die Schlieren die sonst bei Orwo Material sichtbar sind. Die Musikaufnahmen der Offenbach Kompositionen sehr schön in 6-Kanal Magnetton. Die Handlung witzig, etwas nackte Brüste wurde auch gezeigt.

Dann kam das Kurzfilmprogramm mit einem in der Tschechoslowakei produzieten Film "Sonntag", gefilmt in 70 mm, sehr effektvollen Stereoton, Flugaufnahmen, Dorfleben, Jahrmarkt und andere Feste.

Der nächste DEFA Titel von 1 Stunde auf circa 30 Minuten gekürzt, zeigte das gesammte Programm von Flugaufnahmen, Achterbahnfahrten, Nachtaufnahmen, Doppelbelichtungen, Playback Gesang, Orchesteraufnahmen usw. in einer kleinen Spielszenen Rahmenhandlung.

"Emotion" von BMW München für das 70 mm Museumskino in Superpanavision produziert, zeigte überhaupt kein BMW Fahrzeug im Film, Flugaufnahmen über USA und Europa, Unterwasserszene ein paar Menschen in der Stadt usw. Es waren schöne Aufnahmen, aber fast keiner der Zuschauer konnte damit was anfangen. Auch die Musik war sehr elektronisch langweilig.

Zum Schluss der Kurzfilmsequenz noch eine digitale Projektion von Bluray Disc mit dem "Flying Clipper" Trailer, der demnächst eventuell in HD für das Heimkino rauskommen soll.

"Tschitti Tschitty Bäng Bäng" in einer englischen Originalfassung mit Intermission und Exit Music gefilmt in Super Panavision 70 hatte einen sehr schönen 6-Kanal-Magnetton. Leider auch schon stark gefaded, aber mechanisch in einem tollen Zustand. Seht nett Gerd Fröbe mal wieder Singen zu hören.

Mit "Unheimliche Begegnung der dritten Art" ging das Festival dann am Sonntag zu Ende. Eine sehr gut erhaltene "Blow Up" Kopie mit deutscher Sprachmischung, leider nicht so scharf wie "Der grosse Walzer", dafür mit der schönen Musik von John Williams. Der Magnetton schaffte jedoch den Frequenzumfang beim Mutterraumschiffsgetöne nicht ganz.

Die Einführungen spezielle zu den DDR Titeln waren zeitweise sehr lang, man erfuhr viele Details, die aber auch in Schriftform gereicht hätten.

 

 

"

  • Like 1
Geschrieben

Dem kann ich mich nur anschließen. Vielen Dank an das "Schauburg"-Team für das gelungene Wochende!

 

Die Kopie von "Khartoum" war das beste, was ich bisher an neuen Kopien auf 70mm gesehen habe. Geht doch. Für mich der absolute Höhepunkt.

 

"7 Brides" war die Überraschung des Festivals - nicht von der Bildqualität, vom Inhalt. Lustig (wenn auch nicht immer gewollt, ich erinnere an "a men can't sleep with sheep"), mit originellen und schwungvollen Tanzeinlagen.

 

Schade, dass die Harris-Kopie von Spartacus nicht zu sehen war.

Geschrieben

BERICHT VOM 70mm-FESTIVAL

Das 70mm-Festival in Karlsruhe war wieder einmal gelungen.

Für Daheimgebliebene sei gesagt:

Nicht nach Karlsruhe fahren ist auch keine Lösung!

 

Statt eines fälligen Urlaubs machte ich Kurzurlaub in Karlsruhe in der Schauburg. Via Kino geriet ich in 3 Tagen auf eine Reise nach Österreich, Spanien, Ägypten, USA, DDR, das römische Reich, Frankreich, die Unterwelt, England und Vulgaria. Mittlerweile habe ich den Jetlag überstanden.

 

Freitag früh nahm ich den ICE, der eigentlich nur eine Stunde brauchen sollte und am Ende mit 30 Minuten Verspätung ankam. Gerade packte ich es noch rechtzeitig zum ersten Film:

 

DER GROSSE WALZER/THE GREAT WALTZ (USA 1972, Andrew L. Stone)

Ein 70mm-Blowup, in Panavision gedreht, zu sehen war eine gefadete deutsche Sammlerkopie.

 

Das war der letzte Film von Andrew L. Stone, der oft bei Musicals Regie führte. Sein STORMY WEATHER von 1943 ist ein empfehlenswerter Klassiker mit afroamerikanischer Besetzung (u.a. Lena Horne, Cab Calloway und den Nicholas Brothers. Von Stone sahen wir auch in vergangenen Jahren in Karlsruhe den weniger gelungenen Todd-AO-Film SONG OF NORWAY. Wer den gesehen hatte wusste, es kann nur besser werden!

 

Horst Buchholz spielt Johann Strauss Sohn (auch "Schani" genannt). Er geigt sich durchs Leben, leidet unter dem autoritären Vater, steht in seinem Schatten, ist den Frauen untreu wie der Senior und schafft es schließlich auch zum anerkannten Komponisten. Natürlich spielt die Musik von Strauss Vater und Sohn die Hauptrolle.

 

Warum wird so etwas 1972 verfilmt? Meine Schulkameraden hörten damals T-Rex. Meine Eltern hätten sich solch einen Strauss-Film vielleicht angesehen, hatten aber seit 1966 einen Fernseher und mieden seitdem Kinos.

 

Beeindruckend war der volle Orchesterklang, vor allem bei den Konzertwalzern. Gelungen fand ich auch die österreichisch klingenden Synchronisationsstimmen.

 

Musicals haben ihre eigene Logik. Da kommt schon mal Johann Strauss Sohn aus seinem Musikpavillion und geigt im Freien weiter. Geigen im Regen?

Wenn Musicals gelungen sind, erzählen Lieder und Tänze einen Teil der Geschichte. Oder sie entführen einen auf eine andere Ebene. Zwei andere Musicals auf dem 70mm-Festival würden das später erfolgreich und unterhaltsam beweisen. Die Choreographie von Onna White in THE GREAT WALTZ geht anders vor. Immer wieder hüpften da aus heiterem Himmel Männer in Lederhosen lustig durchs Bild.

 

Wir sahen zwar eine deutsche Synchronisation, aber gesungen wurde englisch. THE GREAT WALTZ hat mehrere Vorlagen, darunter Filme und Broadway-Bühnen-Fassungen. Deswegen gibt es außer den bekannten Strauss-Walzern auch Lieder, die es seinerzeit gar nicht gab. Die Erklärung: Auch an diesem Film war das erfolgreiche Musical-Team von Robert Wright und George Forrest beteiligt. Forrest und Wright adapierten häufig Musik anderer Komponisten für ihre Musicals und schrieben dazu eigene Liedtexte. Erfolgreich waren sie am Broadway mit "Song of Norway" (mit Melodien nach Grieg) und "Kismet" (nach Musik von Borodin).

 

Gelungen fand ich die Drehorte: Gedreht wurde in Österreich, in Schlössern, Parks und für die Altstadtszenen entstanden in Salzburg. Das ist nicht selbstverständlich. Jahrzehntelang wurden solche Musikfilme grunsätzlich nur im Studio gedreht. Man ging nie an Originalschauplätze, schon gar nicht ins Ausland. THE GREAT WALTZ zeigt opulente Ball- und Konzertsäle, die nicht nach Studio aussehen!

 

Goya - oder der arge Weg der Erkenntnis (DDR/UdSSR 1970/1971, Konrad Wolf)

Gedreht in 70mm, Sovscope 70 und Defa-70 und Farbe.

 

Sicher ein sehr aufwändiger Film. Ursprünglich 161 Minuten lang, kam er nur in einer gekürzten Fassung von 134 Minuten in die Kinos.

Regisseur und Kameramann klangen vielversprechend. Konrad Wolf hatte mit seinem langjährigen Kameramann Werner Bergmann auch DER GETEILTE HIMMEL gedreht. Ein Film mit gestochen scharfer Schwarzweißfotografie in Totalvision (das war das CinemaScope der DDR). Eine mosaikartig gestaltete Geschichte voller interessanter Einstellungen. Von Wolf kenne ich mehr, was ich schätze: STERNE, LISSY, SOLO SUNNY.

 

Leider hatte GOYA davon gar nichts. Drehbuch und Handlung schleppten sich dahin. Gelungen fand ich lediglich die Szene, wo Goya die Königsfamilie malen soll und durch die Räume dirigiert. Ein komischer Moment, wo er Rache für deren herablassendes Verhalten nimmt, indem er sie sich immer neu aufstellen läßt.

Dann kam endlich die Pause, ich kippte schnell einen Kaffee, aber es wurde nicht besser.

 

Irgendwie quälte ich mich durch diesen überlangen Film und überlegte, warum mir das so überhaupt nicht gefiel. Ich überlegte, was eigentlich den 70mm-Look ausmacht. Wir haben das hier wiederholt im Filmvorführerforum diskutiert. Neuere Filme haben oft überhaupt nichts davon, speziell THE MASTER oder HAMLET.

 

Was macht einen 70mm-Look aus? 70mm macht Arbeit! Jede Szene braucht exakte Planung, Kameraplanung, exakte Ausleuchtung, mehr Proben für die Schauspieler. Die große breite Leinwand fordert mehr als ein Fernsehmonitor. Bild und Musik haben Vorrang. Schärfentiefe, opulente Sets, von denen der Zuschauer auch etwas haben soll. Keine redenden Köpfe im Breitformat! Keine TV-Ästhetik, auch kein früher Tonfilm. Exakte Kadragen, originelle Bildgestaltung, Plansequenzen, Storyboards...

Was gar nicht geht: Mehrere Kameras und das Ganze zusammenschneiden. Herumgezoome und Wackelkamera (ein Merkmal derzeitiger Filme) haben da gar nichts verloren.

Des weiteren braucht man für 3-Stunden-Filme ein funktionierendes, spannendes Drehbuch. Bei Genres sollte man nicht übertrieben damit verhaftet bleiben, sondern dieses sprengen. Dialoge sollen nicht endlos laufen, sondern dem Zuschauer auch unterhalten. Merkbare Sätze, die im Gedächtnis haften bleiben, gehören genauso dazu wie Pointen, auch bei ernsten Filmen.

 

GOYA hat von diesen 70mm-Qualitäts-Kriterien fast nichts. Trotz zwei Jahren Vorbereitungszeit wirkt er schnell heruntergedreht. Ärgerlicherweise wirken herausragende Momente wie die Inquisitionsszene in der Kirche theaterhaft.

Gelungen fand ich höchstens einige Schauplätze. Die Prozessionen, die vermutlich in Bulgarien gedreht wurden, wirken wie bei der spanischen Semana Santa.

 

Der Einsatz von 120 Goyabildern in diesem Film überzeugte auch wenig. Das Abfilmen von Originalbildern fand ich bei Minnellis Van-Gogh-Film LUST FOR LIFE weitaus gelungener - obwohl der nur CinemaScope zur Verfügung hatte.

 

Khartoum (GB 1966, Basil Dearden)

In 70mm gedreht, im super breitenUltra Panavision-Verfahren (1:2,76).

Das war die Entdeckung des Tages. Vor allem eine Kopie, die aussah wie neu gezogen! Auch keine störende Kompression. Eine Kolonialgeschichte, aber solide Konfektion, lang und trotzdem unterhaltsam. So völlig das Gegenteil von GOYA!

 

Über die Filme am Samstag und Sonntag "Demnächst in diesem Theater!"

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Geschrieben

BERICHT VOM 70mm-FESTIVAL II. Teil

 

Samstag früh lief:

Eine Braut für sieben Brüder/Seven Brides for Seven Brothers (USA 1954, Stanley Donen)

Gedreht in CinemaScope (1:2,55), umkopiert als 70mm-Blowup, gefadete Verleihkopie von 1972.

 

Ich hatte SEVEN BRIDES FOR SEVEN BROTHERS vor Jahrzehnten im Fernsehen gesehen, in der ZDF-Reihe "Des Broadways liebstes Kind". Damals zeigten sie eine 50er-Jahre-Synchronisation mit schlecht eingedeutschen Liedern. Nun kam eine deutschsprachige Kopie mit englischsprachigen Liedern auf die Leinwand. Was für ein Unterschied!

 

Das Drehbuch war rasant und voller Gags. Verantwortlich dafür war u.a. das Drehbuchteam Frances Goodrich und Albert Hackett, das Drehbücher für IT'S A WONDERFUL LIFE, EASTER PARADE und THE PIRATE verfasste. Fast alle Songs und Tänze trieben die Handlung voran und hätten nicht herausgeschnitten werden können. Ein Musterbeispiel für ein Buch-Musical, wie es sich seit 1928 mit SHOW BOAT, aber vor allem in den 1940er Jahren entwickelte.

 

Ein Film mit dem Arbeitstitel "Sobbin' Women" (=Schluchzende Frauen) läßt stutzen. Die Handlung folgt Plutarchs Raub der Sabinerinnen, was nicht gerade ein kritisches Frauenbild verspricht. Aber genau dagegen ist der Film gebaut. Jede Szene zeigt männlichen Chauvinismus, der kräftig auf die Schippe genommen wird!

 

Betrachten wir nur den Anfang: Bariton Howard Keel spielt einen Super-Macho, der seinem Hof in den Bergen verläßt und im Dorfladen Säcke mit Mehl und Melasse verlant und nebenbei auch noch nach einer Frau fragt.

Danach geht er im Dorf mit einem Lied auf Brauschau. Natürlich kriegt er allerhand komische Abfuhren. Schließlich sieht er eine junge Frau beim Holzhacken. Das ist genau, was er für seinen Hof in den Bergen mit seinen 6 Brüdern braucht: Ein Arbeitstier, jung und kräftig. Während die junge Frau, gespielt von Jane Powell, eine Kuh melkt, macht er ihr einen Heiratsantrag. Schließlich hat er keine Zeit zu verlieren. Die junge Frau sagt nur: "Darf ich wenigstens zuende melken?"

In diesem Tempo geht der Film 102 Minuten!

 

Roh geht es bei den 7 Brüdern in den Bergen zu, aber das wird nie heroisiert - wie in manchen Western. Die junge Braut bringt den 7 Rohlingen Benehmen bei, zeigt ihnen, wie man einfühlsam mit Frauen flirtet. Natürlich mit einem Lied (Goin' courtin'). Die Reaktion ihres Ehemanns: "Wozu Manieren? Ich hab doch schon 'ne Frau!"

 

Die Tänze in diesem Musical langweilen nie. Beim Bau einer Scheune beweisen die 7 Brüder den Dorfbewohnern ihre artistischen Fähigkeiten. Natürlich kommt es zu Rivalitäten. Wo in anderen Filmen Saalschlachten ermüden, kämpfen hier Dorfbewohner und Hinterwäldler slapstickartig gegeneinander, dass es eine Lust ist. Da störten auch die gemalten Hintergründe und der künstliche Studioset nicht im Geringsten.

 

Auffallend fand ich die guten Gesangsstimmen und den vollen Studio-Orchester-Klang. Die ohrwurmartigen Melodien von Gene de Paul haben oft amüsante Songtexte. Kein Wunder, waren sie doch von Johnny Mercer, einem Spezialisten für Lyrics mit Jargon, Dialekt und Witz. Wenn die 7 einsamen Hinterwäldler in einem bluesartigen Lied ihre Einsamkeit beklagen singen sie "Lonesome Polecat" und klagen: "A man can't sleep/when he sleeps with sheep" Da schritt die Zensur ein und es durfte kein Schaf im Bild sein!

 

Du bist min - ein deutsches Tagebuch (DDR 1969, Annelie und Andrew Thorndike)

Gedreht in DEFA 70, farblich wie neu, Orwo und Sovcolor faden nicht.

 

Eine Schwerpunkt dieses Festivals waren die selten zu sehenden DEFA-70-Filme. Zu allen hielt Ralf Schenk von der DEFA-Stiftung kurze Einführungen. Ausgesprochen kenntnisreich und folgte Befragung von Zeitzeugen und Studium von Akten. Erfreulich, dass Herr Schenk ein Buch zum Thema 70mm in der DDR plant!

 

Der Dokumentarfilme Andrew Thorndike engagierte sich 1959 für Todd-AO in der DDR. Eine konsequente Entscheidung für 70mm - auch gegen das 3-Streifen-Kinopanorama der Sowjetunion. Es brauchte 8 Jahre. Das Ergebnis war das DEFA-70-Verfahren, eigene Kameras und Objektive. Zwischen 1967 entstanden in der DDR zehn 70mm-Filme, davon zwei Kurzfilme, sieben Spielfilme und Thorndikes abendfüllender Dokumentarfilm DU BIST MIN.

 

Vor DU BIST MIN sah sich das Team um Thorndike neuere Produkte aus dem Westen an: u.a. WEST SIDE STORY, FLYING CLIPPER, THE BEST YEARS OF OURS LIVES. Der Letztere ist kein 70mm-Film, sondern 1946 gedreht und bekannt für die Tiefenschärfe-Ästhetik des Kameramanns Gregg Toland. Kurz: ein Plädoyer für eine Fotografie, wie sie auch Thorndike schätzte, frei nach dem Motto: Eine große Leinwand braucht auch große Bilder!

 

Das große Projekt von Thorndike sollte ein Dokumentarfilm über beide deutsche Staaten werden, zunächst mit den Arbeitstitel DIE DEUTSCHEN. Gedreht sollte in beiden deutschen Staaten, ein Projekt das nach und nach aus politischen Gründen reduziert wurde. Heraus kam ein Plädoyer für die DDR, natürlich parteiisch, aber hochinteressant.

 

Herausragend ist die Fotografie, vor allem die Flugaufnahmen. Mit erhöhter Geschwindigkeit (32 B/S) gedreht, gelingen gemächlich wirkende Flüge u.a. über Ostsee, Rügen, Usedom und die Wartburg.

 

Auf der anderen Ebene folgt der Film Kommentaren von Annelie Thorndike und immer wieder hören wir Zitate deutscher Schriftsteller. Daher auch der Titel "Du bist min" nach einem Gedicht von Walter von der Vogelweide. Aber an vielen Stellen war mir Annelie Thorndikes Kommentar zu persönlich, zu pathetisch und zu aufdringlich.

 

Nur ein Beispiel: Man sieht das KZ-Buchenwald. Was man aber sieht, ist das Denkmal des KZs und junge Soldaten. Über Buchenwald und Nazizeit erfährt man wenig.

 

Im Gegenzug geht der Film in die BRD, nach Hameln. Eine schöne Stadt, Luftaufnahmen, viel Fachwerk. Man sieht ein Glockenspiel mit dem Rattenfänger. Plakate kündigen Vertriebenentreffen an, eine Straße hängt voller NPD-Plakate. Zwischen 1966 und 1968 war die NPD in der BRD in 7 von 10 Landtagen, in Baden-Württemberg hatte sie ihr bestes Ergebnis mit 9,8%.

Wir sehen eine Wahlveranstaltung der NPD mit dem damaligen Vorsitzenden Adolf von Thadden. Altnazis rufen "Adolf", applaudieren, eine Altherrenriege, die an Karikaturen wie von Georg Grosz erinnert. Aufnahmen, die ich so noch nie sah. Die Folgerungen sind Warnungen vor einem drohenden Aufstieg des Faschismus wie 1933.

Drohte in der BRD eine neue Nazi-Diktatur? Die NPD drohte in den Bundestag einzuziehen, aber weite Kreise von Gesellschaft und Wirschaft unterstützten sie nicht. Allerdings saßen frühere ranghohe NSDAP-Mitglieder damals in hohen Positionen, man denke nur an Kiesinger, Strauß, Filbinger und Lübke. Das thematisiert der Film nicht. Auch die 68er-Proteste kommen nicht vor, obwohl ein deutliches Zeichen für wachsendes Selbstbewusstein und Demokratisierung einer Gesellschaft.

 

Der beim Festival anwesende westdeutsche Kameramann Gerhard Fromm berichtete, er sei über UIP angeheuert worden. Er berichtete von Dreharbeiten u.a. in Hamburg. Die im Film enthaltenen Stadtansichten von Hameln sind von ihm, aber nicht die von NPD-Plakaten, NPD-Versammlung und Vertriebenentreffen. Das politische Material wurde von einem DDR-Team gedreht, das sich undercover im Westen aufhielt.

 

Konnte der Film ein Erfolg werden? Ich denke an vergleichbare dokumentarische Breitwandproduktionen für ein Land: SKY OVER HOLLAND und der im Ausland verliehene sowjetische Kinopanoramafilm WEIT IST MEIN LAND/GREAT IS MY COUNTRY. Politik ist wird bei beiden völlig ausgespart.

In der DDR waren Errungenschaften wie Vollbeschäftigung stets mit Gängelung durch den Staat und Partei gekoppelt. Das galt auch für Parteimitgliedschaft, Versammlungen und vermeintlich freiwillige Arbeitseinsätze (Subbotnik). Viele wollten keinen Film sehen, von dem sie das gleiche befürchten mussten.

 

Im nachhinein halte ich DU BIST MIN für ein hochinteressantes Zeitzeugnis, das Gegenstück zum westdeutschen FLYING CLIPPER.

 

PAUSE!

IM RAUSCH DER TIEFE/LE GRAND BLEU ließ ich aus, machte ich Pause, zumal ich ihn schon zweimal gesehen hatte, ohne dass er origineller wurde.

 

Man braucht bei solchen Festivals ausgiebige Pausen. Auch das ist in Karlsruhe gelungen. Wo ein Film den nächsten jagt, leidet die Aufnahmefährigkeit. Deswegen fahre ich auch nicht mehr nach Bradford. Das ging einigen Festivalgästen, sogar Briten, ähnlich.

 

Freitag abend lief dann das Highlight:

Spartacus (USA 1959/1960, Stanley Kubrick)

Gedreht in Super Technirama 70, alte deutsche Kopie, gefadet.

 

Ich habe SPARTACUS schon oft gesehen, nach meiner Meinung einer der besten Monumentalfilme. Zwar hatte Kubrick keine freie Hand und hat den Film nachher eher abschätzig beurteilt. Da ist vor allem die solide Kamera, das gut funktionierende Buch und die exzellenten Darsteller. Unvergessen die Zeile: "Ich bin Spartacus!"

Oft geschmäht werden die Szenen von Ustinov und Laughton, dabei passen beide wunderbar und sprengen auf ihre Weise das Genre des Sandalenfilms. Genial wirkt der verhaltene Abgang von Laughton. Beiläufig nimmt er zwei Dolche und entscheidet sich für den schöneren - um ganz beiläufig aus dem Leben zu scheiden!

Im Gegensatz zu Herrn Rübenacker möchte ich bemerken: Die Musik von Alex North klingt nach meiner Meinung aber nicht durchgängig wie Strawinsky, man denke nur an das wehmütige Varinia-Motiv.

 

Sonntag früh lief

Orpheus in der Unterwelt (DDR 1974, Horst Bonnet)

In DFEA 70 gedreht.

 

Diesen Film fand ich wenig gelungen und schwer durchzusitzen. Auch wenn der Regisseur für den Prager Frühling 1968 Flugblätter verteilte und dafür ins Gefängnis kam, mir fehlte hier der subversive Charakter der Offenbachschen Vorlage. Einige Sidekicks fallen auf, aber ansonsten war so etwas in der DDR auch kaum möglich. Vielleicht ist mir als Westdeutscher auch vieles entgangen. Auffallend fand ich vor allem den Satz: "Das hast du jetzt von deiner laschen Innnenpolitik!" Das hätte sicher auch auf Schily, Schäuble oder Friedrich gepasst!

Im Übrigen fehlte der oben von mir genannte 70mm-Look.

 

 

 

Die Geschichte des DP-70-Projektors/Kurzfilmprogramm

Sehr Kenntnisreich und amüsant war der Vortrag von Thomas Hauerslev zum Thema DP-70-Projektor.

 

Weniger gelungen waren die dann folgenden Kurzfilme. Endlich einmal sah ich fürs BMW-Museum gedrehte 70mm-Film AUTO-E-MOTION, der allerdings reichlich belanglos 70mm-Aufnahmen aneinanderreiht.

 

Gelungener fand ich den Kurzfilm DEFA 70 von Werner Bergmann. Kein großer Film, sondern ein ein Testfilm eines Kameramanns, der die Möglichkeiten des 70mm-Films auslotet. Keine große Handlung, sondern spielerischer Umgang mit verschiedenen Techniken. Also realistische Aufnahmen, Aufnahmen im Freien, Landschaft, Stadt, Rummelplatz, die im Breitfilm obligatorische Achterbahn (diesmal eher eine 7er-Bahn), Nachtaufnahmen, Studioaufnahmen, Tricks, Tricktischbearbeitungen, Tanzaufnahmen, Dunkel und Nachtszenen, ein Schlagersänger und vollklingende Orchesteraufnahmen. Damals sicher ein schöner Vorgeschmack auf die kommenden 70mm-Produktionen!

 

Hier muss ich erst einmal eine Pause einlegen, die Arbeit ruft! Es wird noch einen 3. Teil geben.

  • Like 1
Geschrieben
Der Magnetton schaffte jedoch den Frequenzumfang beim Mutterraumschiffsgetöne nicht ganz

Die Magnettonwiedergabe war bei der Mutterschiffsequenz einfach nicht sauber. Übersteuerte Aufnahmen verzerrte Höhen und Bässe.

Das war aber auch in den 4-Kanal Magnettonkopien so. Überhaupt hatte die Sprache extreme Höhen gegenüber andere Werke im Festival.

Geschrieben

Da hat offensichtlich jemand von meiner Lieblingszeitung den Weg nach Karlsruhe gefunden http://taz.de/Ein-Festival-von-Breitbildfilmen/!124398/

 

Weil ich eh schon am Schreiben bin: Dank an Herbert Born und seine Mitarbeiter. Besonders gefreut hat mich das mal einige der DEFA-Filme liefen. "Goya" war nun nicht unbedingt ein Meisterwerk, aber ganz gut. Insbesondere die Szenen die die Inqisation betreffen und natürlich das umstellen des Königspaars als Rache. Interessant war für mich "Du bist min". Ich wusste das es diesen Film gab, ich hatte ihn vorher noch nie gesehen. Das war wirklich eher ein Film für den Parteiunterricht oder das FDJ-Studienjahr. Interessant war für mich auch wie die ganzen ideologischen Phrasen auf einen heute wirken. Interessant waren natürlich auch die Einführungen durch Ralf Schenk.

Geschrieben

Die Magnettonwiedergabe war bei der Mutterschiffsequenz einfach nicht sauber. Übersteuerte Aufnahmen verzerrte Höhen und Bässe.

Das war aber auch in den 4-Kanal Magnettonkopien so. Überhaupt hatte die Sprache extreme Höhen gegenüber andere Werke im Festival.

 

Die deutsche Tonfassung ist leider meilenweit entfernt vom originalen 6-Kanal Dolby Stereo Sound. War bei diesem Film schon immer so und wird es auch immer bleiben. Würde sehr gerne den Film nochmal in der englischen Originalfassung auf 70mm sehen - das war ein Tonerlebnis!

Geschrieben

Würde sehr gerne den Film nochmal in der englischen Originalfassung auf 70mm sehen - das war ein Tonerlebnis!

 

Diesen Film habe ich in der englischen Originalversion mit einem Electro Voice Soundequipment auf 70mm gesehen.

 

Man hatte regelrecht das Gefühl das die Projektionsfenster im Kinosaal zerbersten. :lol: :lol: :lol: :lol:

 

Geschrieben

Auch in Anbetracht der Diskussion im Nachbarthread darf ich mir vielleicht erlauben, einen Vorschlag für das Jubiläumsfestival im nächsten Jahr zu machen. Auch bestärkt durch verschiedene Diskussionsrunden in Karlsruhe, möchte ich den Vorschlag unterbreiten, nächstes Jahr ein "Best Of" - Programm zusammenzustellen, wo die großen Hits der letzten 9 Jahre "wiederaufgeführt" werden.

 

Da die Leute zu den gewünschten Titeln unterschiedliche Meinungen haben, darf ich anhand der Festivalprogramme von Thomas Seite nun meine Wunschfilme vorschlagen:

 

Die tollkühen Männer in Ihren fliegenden Kisten, My fair Lady, 2001 - Odyssee im Weltraum, Baraka, Grand Prix, Agenten sterben einsam, Der König und ich, Eisstation Zebra, Play Time, In 80 Tagen um die Welt, Westwärts zieht der Wind (sehr wichtig wegen Diskussion im Nachbarthread!!!), Flying Clipper - Traumreise unter weißen Segeln, Das goldene Haupt, Airport, Terminator 2, Pathfinder, Onkel Toms Hütte, Project Brainstorm, Im Rausch der Tiefe, Die unheimliche Begegnung der dritten Art, The Wall, Alien - Filme, Indiana Jones - Filme

 

Unter Berücksichtigung des dreitägigen Festivals einerseits und andererseits der vermuteten Möglichkeit, einige Filme auch außerhalb von Festivals in 70 mm sehen zu können, schlage ich also konkret vor:

 

Erster Tag:

Die tollkühnen Männer in Ihren fliegenden Kisten

My fair Lady

Grand Prix

 

Zweiter Tag:

Agenten sterben einsam

Eisstation Zebra

Westwärts zieht der Wind

Flying Clipper - Traumreise unter weißen Segeln

 

Dritter Tag (im Wunschprogramm unschlüssig):

Das goldene Haupt

Pathfinder

Der König und ich

Airport

 

Abre auch die anderen Filme möchte ich unbedingt nochmal wiedersehen.

 

Bin mal gespannt, was die Mitforenten dazu sagen.

 

Liebe Grüße

Martin

Geschrieben

@Martin

Deine Auswahl gefällt mir sehr gut, ich würde dann gerne aber auch noch die restaurierte Fassung von Spartacus sehen wollen.

 

Grüße

e10

Geschrieben

Super Idee! Aber für einen Film gleich eine neue Filmbahn, Schaltrolle und Vor/Nachwickelzahnrollen anfertigen...? ;-)

 

Ich vermute, daß es noch eine ganze Reihe von weniger bekannten Technirama-70 Produktionen gibt. Die großen Klassiker erfreuen natürlich immer wieder, aber ich freue mich am meisten über sonst kaum präsente Neuentdeckungen wie SHEHERAZADE oder THE GOLDEN HEAD.

Geschrieben

Ich vermute, daß es noch eine ganze Reihe von weniger bekannten Technirama-70 Produktionen gibt. Die großen Klassiker erfreuen natürlich immer wieder, aber ich freue mich am meisten über sonst kaum präsente Neuentdeckungen wie SHEHERAZADE oder THE GOLDEN HEAD.

 

Da gibt es noch einiges an unentdeckten bzw. nicht oder nur selten gezeigten Filmen ...

 

Ein Beispiel: BARABBAS

 

BARABBAS%20-%20plakat.jpg

 

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