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Geschrieben

Moin,

 

ich denke, meine Frage kann nur der Simon beantworten, aber vielleicht wissen es ja auch andere. Oder finden es interessant.

In der Pro8mm Usergroup auf Facebook stellte Phil Vigeant kürzlich vor, wie er Auflagemaß misst:

2016-07-01%20at%2014.34.png

 

Interessant fand ich dabei seine Aussage, dass mit falschem Auflagemaß vor allem Weitwinkelaufnahmen unscharf auffallen würden. Ich fragte darauf hin nach:

 

2016-07-01%20at%2014.38.png

 

Seine Antwort ("ja, ist unlogisch, aber ich weiß, dass es eben so ist") befriedigt mich nicht.

 

Zwei Fragen:

A) Hat Phil Recht?

B) Wenn ja, warum ist das so?

Geschrieben

Hallo Friedemann,

 

meine Meinung:

 

A) Nein.

 

Ich habe keine Ahnung, wie er darauf kommt. Vielleicht eine Art zerstreutes Genie. Er meint das Richtige, beschreibt es aber falsch. Ein abweichendes Auflagemaß wirkt sich in erster Linie bei Zoomobjektiven aus. Bzw das bei Teleobjektiven ggf. der Unendlichpunkt nicht erreicht wird.

 

Auch die Art und Weise WIE er misst ist etwas merkwürdig. Bei 16 und 35 nimmt man eigentlich eine Messuhr, die durch den Objektivmount auf eine gegen die Filmbühne gedrückte Messplatte tastet. Bei Super-8 mag das bedingt durch die Kassette anders sein.

 

Gruß Rainer

Geschrieben

Friedemann hat Recht. Schreibt man recht jetzt groß oder nicht? Egal —

 

Die Sache ist die: Phil verkennt, daß er beim Kollimieren von Weitwinkelobjektiven, so er das tut, diese als Verkleinerungsobjektive einsetzt. Umgekehrt sieht er bei langbrennweitigen Objektiven die Schärfentiefe sozusagen vergrößert und glaubt, die Einstellung wäre einfacher.

 

Ich habe auch einen Autokollimator und benutze ihn nur zur Einstellung von Quadern und Prismen, also z. B. zum Parallel- bzw. Senkrechtstellen des Doppelprismas von H-16 RX und H-8 RX. Unendlicheinstellung mit dem Kollimator ist überhaupt nicht erforderlich, ja eben sogar heikler, als wenn man eine Optik auf den Horizont ausrichtet und die Scharfstellung auf Mattscheibe vornimmt. Auf die Mattscheibe schaue ich natürlich mit einer starken Lupe. Dieserart kann ich auf den Mond einstellen, der nun wirklich noch einige Kilometer weiter entfernt ist als ein Berg. Das geht übrigens auch viel schneller als bis der Kollimator eingerichtet ist, vielleicht zwei Minuten.

Geschrieben

Super, danke.

Ich dachte schon, ich spinne. Und nein, ein Genie ist Phil bestimmt nicht. :)

 

Damit ich es richtig verstehe -- stimmt diese Schlussfolgerung?

Ein exakt eingestelltes Auflagemaß ist durchaus umso wichtiger, je länger die Brennweite ist. Durch die verkleinernde Wirkung eines Weitwinkels ist das einstellen des Auflagemaß durch Beurteilung der Schärfe mit einem solchen aber schwerer, was Phil zu der falschen Annahme führt, dass Weitwinkel am deutlichsten ein falsches Auflagemaß darstellen.

 

Stimmt das so? Ich habe in Sachen Optik noch viel Nachholbedarf, erbitte daher Geduld. :)

Geschrieben (bearbeitet)

In dem Punkt irrst nun du. Abweichungen vom Auflagemaß haben auf jede Brennweite den gleichen Einfluß. Jedes Objektiv steht um so und so viel zu weit vorne oder zu weit hinten mit der Folge gleicher Unschärfe. Als Grundlage für Schärfebeurteilungen legen wir den Durchmesser eines so genannten Zerstreuungskreises fest. Dieser ist unabhängig von Brennweite und Bildwinkel, jedoch abhängig vom Durchmesser des lichteinlassenden Lochs, also von der Irisblende.

 

Es stimmt nicht ganz streng so, weil als veränderlicher Faktor die Anlage eines optischen Systems mit im Spiel ist.

Ein Retrofokus-Weitwinkelobjektiv hat das Hauptgewicht seiner Brechkraft vor der Blende. Ein echtes Weitwinkelobjektiv, dessen Linsen unter Umständen hinter dem Auflagemaß stehen können, hat das Schwergewicht meist hinter der Blende, zum Beispiel ein Weitwinkel-Tessar.

 

Geduld habe ich, keine Sorge.

Bearbeitet von Filmtechniker (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Schön, das freut mich.

 

Eine Empfehlung: Man beginne bei optischen Überlegungen stets mit der Lochkamera und dem Gedanken, daß das Loch unendlich klein wäre. Dabei wäre das Abbild von der Natur unendlich dunkel, aber auch unendlich scharf. Die Theorie

 

Praktisch hat man ein Loch endlicher Größe. Von jedem Punkt der Natur geht Licht durch das Loch mit endlicher Helligkeit und ebenso endlicher Schärfe. Ohne Linsen stellen wir uns parallele Lichtbüschel vor, so etwas wie Lichtsäulen. Kleineres Loch, engere Büschel, mehr Schärfe. Die Beugung lassen wir mal beiseite.

 

Nun wollen wir mehr Licht, ein helleres Abbild. Über etwa 0,2 mm Lochdurchmesser ist nichts mehr recht scharf. Wir benötigen etwas, womit wir das Lichtbüschel formen können. Linsen

 

Nun können wir ausprobieren, was geschieht, wenn wir eine Linse vors Loch setzen. Wir setzen sie hinters Loch. Dann nehmen wir zwei Linsen und so weiter.

 

Pierre Angénieux war ein Verfechter der geometrischen Optik. Er hatte lange mit den Randstrahlen rein zeichnerisch operiert und war so immerhin zur Retrofokus-Konstruktion gekommen. Er war allerdings nicht der einzige.

 

 

Das Auflagemaß muß sehr genau stimmen. Was Phil angibt, ist der doppelte Fehler, den ich als tragbar erachte. Klar, den Film in eine Ebene zwingen, ist dann noch ein Mal eine Aufgabe, für die es bis heute keine perfekte Lösung gibt.

Geschrieben

Einspruch bzgl "das macht man so nicht" (bzgl Kollimator-Verwendung bei 16mm und 35mm Kameras).

Das Auflagemaß der Kamera kann man mechanisch messen. Allerdings misst man in der Praxis sehr oft mit dem Kollimator, denn hier gegen Auflagemaß (Kamera-)Mount zu Filmebene und (Optik-)Mount zu Optik direkt mit ein. Auch um bei Kameras mit rotierendem Spiegelshutter die Mattscheibe einzustellen auf die gleiche Schärfeebene wie die Filmebene ist ein Kollimator unerlässlich. Mit dem Auge durch den Sucher bekommt man das nicht so fein hin.

Nicht zuletzt aus diesem Grund steht bei praktisch ALLEN seriösen, kommerziellen Rentals, die noch mit Filmkameras arbeiten, ein Autokollimator in der Werkstatt.

Geschrieben

Hm, aber Auflagemaß und Justage des Spiegelreflexsystems (also Sicherstellung, daß Sucher- und Aufnahmeschärfe identisch sind) sind doch zwei verschiedene Baustellen, oder?

Geschrieben

Ich muss mich leicht korrigieren, ich meinte mit dem (verkürzten Wort) Kollimator eigentlich den Autokollimator.

Wiki stellt das Ganze unvollständig dar. Man kann mit dem Gerät sehr wohl feststellen ob das Auflagemaß stimmt. (Direkt messen kann man es nicht, das stimmt). So wird das auch in allen Rentals durchgeführt. Google "Autokollimator Auflagemaß".

 

Mit dem Autokollimator betrachtet man durch die Aufnahmeoptik das auf den Film projizierte Bild des Testmusters, das "aus dem Unendlichen" in die Optik projiziert wird. Für die Mattscheide verfährt man ebenso. Das Auflagemaß stimmt wenn die Abbildung scharf ist.

 

Stefan's Erklärung stimmt. Je langbrennweitiger die Optik, desto mehr telezentrie, d.h. senkrecht auf den Film bzw. Sensor auffallende Strahlen. Wobei der Grad der Telezentrie auch von der Bauform des Objektivs abhängt, das kann sich also zwischen Optiken der selben Brennweite noch unterscheiden. Ein Beispiel waren die alten Superspeeds (Zeiss), die auf manchen digitalen Kameras Probleme machten, da dort schräg einfallende Lichtstrahlen (aufgrund der Bauweise des Sensors) nicht optimal abgebildet werden. Moderne Optiken tragen dem Rechnung und sind tendenziell telezentrisch.

Geschrieben

Lieber Stefan, du darfst nicht so pauschal aussagen: Bei einem Teleobjektiv treffen die Lichtbündel in einem deutlich steileren Winkel auf den Sensor, als bei einem kurzbrennweitigen Objektiv (Zitat von deiner Webseite). Du läßt einfach die Blende weg. Wie jedermann leicht selber nachvollziehen kann, sind die Winkel der Lichtkegel von Weitwinkel-, Normal- und Teleobjektiven bei gleichem Öffnungsverhältnis gleich. Beispielsweise WW 1:2, N 1:2 und T 1:2. Wie ich sagte, das Bild entsteht durch ein Loch in einer Wand der CAMERA OBSCURA, nicht durch Linsen. Linsen beeinflussen das Licht nur. Bei einem Weitwinkelobjektiv ist auch das Loch, die Blende, näher bei Film oder Sensor.

 

Zur Prüfung von Auflagemaß und Unendlicheinstellung mit dem Autokollimator: Das Auflagemaß kann man nur mit Längenvergleich prüfen. Es ist ja auch eine körperliche Länge, kein optisches Maß. Also Bügelmeßschraube oder Mikrometer, Tiefenmeßschraube, Meßuhr für Abweichungen zur Voreinstellung mit Endmaßen oder eine mit langem Meßweg. Oder Einlegen von Endmaßen in die Kamera und Lineal auflegen. Oder Auflegen der entsprechenden Bauteile auf Meßplatte, daneben Parallelendmaße und Vergleich mit Höhenmesser. Oder wie auch immer. Wenn das Auflagemaß einer Kamera geprüft ist, dann kann man daran gehen, den Spiegelverschluß einzustellen. Der muß in erster Linie möglichst schlagfrei laufen. Man muß gleichzeitig das Lagerspiel auf Null bringen und die Spiegelebene an den berechneten, vorgeschriebenen Ort schieben, was man mit Paßscheiben macht. Es geht nur um Hunderstel. Nachdem das in Ordnung ist, fehlt noch die Einstellung der Mattscheibe. Je nach Konstruktion ist es leichter, die Mattscheibe oder den Spiegelverschluß zu versetzen. Zum Gebrauch des Kollimators setzt man einen ebenen Oberflächenspiegel an die Stelle der Mattscheibe. Damit sind wir noch nicht durch, denn die Tiefe der aufgebrochenen Oberfläche der Mattscheibe bleibt unberücksichtigt. Genau die macht aber die letzte Feinheit aus, nicht die scharfe Wiedergabe im Kollimator. Im Kamerasucher beurteilt man ja das in der matten Oberfläche einer Glasscheibe oder -linse entstehende Bild. Einer mit Kollimator justierten Mattscheibenauflage traue ich nicht.

Geschrieben

@ Friedemann: Danke für die Blumen

 

@ Filmtechniker: Blende und Details der Objektivkonstruktion haben selbstverständlich einen gehörigen Einfluss, ändern aber nichts am dem von mir dargestellten Grundprinzip. Und genau darum ging es, denke ich. Übrigens: Sehr interessante Darlegung zum Thema Autokollimator und Justage.

 

Gruß

Stefan

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