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Geschrieben

Ich habe der Zeitschrift "Stern" die nachfolgende Anfrage zugesendet und beziehe mich auf die Kommentarespalten unter dem Top 10 Ranking der Kinofilme. Dazu habe ich eine Antwort erhalten und mich würde eure Meinung zu der Thematik interessieren.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

meine Anfrage richtet sich an die in der Zeitschrift aufgeführte Rubrik Kultur, mit der Übertitelung „Stern Bestseller“ in der die Kategorie Kino mit den Top Ten der letzten Woche präsentiert wird.

Mir ist schleierhaft weshalb seit Jahren das Ranking mit einem oder zwei ironischen Sätzen kommentiert dargestellt wird. So liest sich die Kategorie mehr wie Scherz aus der Rubrik Humor denn einer Information über eine in Deutschland kleine aber doch beständige Branche von Filmtheaterbetreibern die mit dieser Ware ihre Umsätze generieren. So beobachte ich die angeführte Situation schon einige Jahre und frage mich was Sie eigentlich dazu bewegt?

 

Zur Erläuterung kann ich Ihnen mitteilen, dass das so aufgeführte Ranking leider weder den Inhalt noch den Wert eines Filmes in irgendeinem Maße wiedergibt. Die einzig sachdienliche Information besteht aus dem Titel und der Besucherzahlen, die durch die scherzhaften Bemerkungen aber leider in die Lächerlichkeit gezogen werden. Als Leser erschleicht sich der Eindruck, dass neben den sauber beschriebenen Sachbuch-, Alben-, Belletristik-Charts die Kinofilme nicht lohnenswert wären  bzw. der Gang in ein örtliches Kino durchweg nicht lohnen kann.

 

Die Filmtheaterbranche hat seit Jahren mit gewissen Problemen wie strengen Filmverleihbedingungen, Streaming on Demand, illegalen Portalen, mannigfaltigen Entertainment und Freizeitprogrammen und anderer Ablenkung für Konsumenten zu kämpfen, so dass sich eine Darstellung in einem großem breit gestreutem Medium wie Ihrem, kontraproduktiv auf das Produkt Kino auswirkt und dazu beiträgt dem Film einen Teil seiner potenziellen Kundschaft zu entledigen.

 

Eventuell haben die Kollegen Ihres Resorts noch nie über diese Auswirkung nachgedacht und ich möchte die Gesamtkritik gerne konstruktiv verstanden wissen, dennoch ist es wichtig dass Sie ein Gefühl dafür erhalten, was einem Kinobetreiber mit seinem Medium in diesem Land für Steine in den Weg gelegt werden um das Potenzial toller Filmproduktionen voll auszuschöpfen.

 

Ein Auszug aus dem Heft 20 vom 11.05.17

Platz 1 Guardians of the Galaxy – Ein Waschbär spielt auch mit

Kommentar von mir: Marvel Erfolgsstory – der zweite Teil toppt den ersten, Kunden begeistert

Anmerkung von mir: Platz 4 in Belletristik – Selfies von Adler Olsen – beispielhafter Beisatz von Ihnen könnte lauten: Smartphone Schocker oder wie Kids heute sagen, „der shit is lit“

 

Platz 2 Get Out – Rassismus-Schocker. Schwarz-Weiß-Satire mit Graus Tönen

Kommentar von mir: Genialer Horrorfilm mit erfrischendem Drehbuchkonzept

Anmerkung von mir: Rassismus ist nur ein Randthema in diesem Film. Wie kommen Sie eigentlich auf die Bezeichnung, etwa wegen dem schwarzem Hauptdarsteller auf dem Plakat?

 

Platz 10 Connie und Co 2 – Emma Schweiger spielt schon seit zehn Jahren. Im Kino

Kommentar von mir: Fortsetzung der Kinderbuchreihe mit Til Schweigers Tochter in der Hauptrolle

Anmerkung von mir: Das Til Schweiger Bashing haben Sie inzwischen aber auch hinter sich oder? Der Mann steht neben seinen speziellen Angewohnheiten für die größten Kinoerfolge des deutschen Kinos. Kein alternativer Fakt.

 

Mein Lösungsvorschlag wäre ein ganz einfacher. Präsentieren Sie diese Reihe doch einfach wie all die anderen Kategorien. Benennen Sie die Charts, picken sich einen Film raus und schreiben Sie eine kurze sachliche Inhaltsangabe dazu. Die Frage die im Raum steht lautet: Wieso müssen die Autoren denn ausgerechnet im Kulturteil und nur bei der Kategorie Kino witzig sein?

Mit freundlichen Grüßen

 

Die Antwort dazu:

Zitat

Sehr geehrter Herr,

 

herzlichen Dank für Ihre Mail und Ihre konstruktive Kritik. Wir bekommen regelmäßig Post von unseren Leserinnen und Lesern zu unseren Kinobestsellern, wobei sich hier Lob und Tadel die Waage halten. Wir haben vor einigen Jahren dieses Format schlicht aus Platzgründen umgestellt. Grund dafür war eine Neugestaltung der Spalten und der damit reduzierte Raum für eine Kurzbesprechung.

 

Im Gegensatz zu den Buch- und CD-Charts ist die Deckungsgleichheit bei unseren Filmtipps im Heft und den Titeln, die dann in die Top Ten einsteigen, relativ hoch. Das heißt, die meisten Produktionen werden von uns vor Start rezensiert. Natürlich können wir wegen des begrenzten Raumes nicht alle Produktionen berücksichtigen, da im Schnitt zehn bis zwölf Filme pro Woche starten. Wir versuchen, in jeder Ausgabe einen gesunden Mix hinzubekommen aus kommerziellen und Arthouse-Filmen. Nicht selten blutet uns das Herz, wenn wir kleine, ambitionierte Werke nicht berücksichtigen können, doch wir müssen auch bundesweit denken, denn oft starten diese Filme mit sehr kleiner Kopienzahl in den größeren Städten.

 

Ich stimme nicht mit Ihnen überein, dass sich unser Duktus in den Kinobestsellern kontraproduktiv auf das Produkt Kino auswirkt, da überschätzen Sie dann doch unseren Einfluss auf das Zuschauerverhalten. Filme wie „Fast & Furious“, „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ oder aktuell „Alien Covenant“ laufen auch ohne den stern erfolgreich – zumal die recht junge Zielgruppe für diese Produktionen nicht unbedingt identisch ist mit der älteren Zielgruppe unseres Heftes.

 

In einem Punkt haben Sie aber Recht: Man kann drüber streiten, ob das witzig ist oder nicht, was wir da wöchentlich veranstalten. Viele Leserinnen und Leser finden: ja. Viele auch: nein. Als wir damit angefangen haben, achteten wir sehr auf die Reaktionen unserer Leserschaft. Da die Reaktionen in den Lesertests vorwiegend positiv waren, haben wir beschlossen weiterzumachen. Humor polarisiert ja immer, und dass wir nicht immer ins Schwarze treffen, liegt in der Natur der Sache. Und eine flapsige Assoziation hat absolut nichts mit Respektlosigkeit zu tun. Til Schweigers Beitrag zum Erfolg des deutschen Kinos ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, davor ziehen wir den Hut. Denn eins muss ich hier auch ganz deutlich sagen: Wir lieben Kino, und zu dieser Liebe gehört auch ein ironischer Umgang damit.

 

Zu ihren dezidierten Kommentaren. Das kann man natürlich so machen, wobei im Falle von „Get Out“ der Informationsgehalt von „Genialer Horrofilm mit erfrischendem Drehbuchkonzept“ für den Konsumenten nicht unbedingt höher ist. Außerdem: Wenn ein Film sechs bis acht Wochen in den Top Ten steht, stößt man auch seine Grenzen.

 

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und verbleibe mit freundlichen Grüßen

 

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