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Woody Allen - Schwein oder Opfer ?


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Geschrieben

https://www.tagesspiegel.de/kultur/woody-allen-veroeffentlicht-memoiren-ganz-nebenbei-ist-das-umstrittenste-buch-der-saison/25690706.html

 

Gleich vorweg, ich mag Woody Allen, vor allem seine alten, albernen Komödien. Seit Manhattan bröckelt meine Liebe zwar und der neue Woody geht gänzlich an mir vorbei. Da ich seine Filme gerne in OV gucke, sind seine schwer textlastigen Psycho-Analysen für meine mageren Englisch-Kenntnisse nur bedingt genießbar.

 

Nun hat der 84-jährige Woody Allen seine Memoiren geschrieben, er beschreibt - wen wunderts - seine Sicht der Ungeheuerlichkeiten, die ihm vorgeworfen werden. Leider ist bei dieser Schlammschlacht eine klar erkennbare Schnittstelle zwischen Wahrheit und übler Nachrede schon lange im Nebel dieser übergeordneten Me-Too-Debatte verschwunden. Beinahe stündlich wurden wir eine Weile von vermeintlichen und echten Opfern tränenreich überflutet, wahrhaftige Größen im Kino wurden hysterisch gevierteilt oder heroisch verteidigt, Gerüchte überlagerten Fakten, Beweise verloren gegen Wut, Wahrheiten verlieren sich in dieser Flut von Vermeintlichem und Tatsächlichem. Ich habe mich von diesem Theater angewidert verabschiedet. Irgendwann ist in diesem unübersichtlichen Gewusel die Wahrheit egal, traurig zwar, aber unvermeidlich.

 

Weil sie nicht mehr interessiert, wenn Emotionen den klaren Verstand pulverisieren. Hysterie ist eine ungesunde Basis für realistische Beweisfindung. Abgesehen davon sind diese Untaten im intimen, privaten Rahmen passiert oder eben nicht, wer will da schon unbefangen Partei ergreifen ? Es ist immer auch eine Frage der visuellen Betrachtung von Tätern und Opfern. Ist ein Unhold ein Schwein, weil er wie eines aussieht ? Was ist an den Tatorten wirklich passiert ? Wer lügt ?

 

Nur eine Gewissheit ist von Bestand - wer auch immer in diesen Strudel von Anschuldigungen gerät, hat verschissen. Egal, ob schuldig oder nicht. Die Person ist erledigt, ruiniert, gebrandmarkt, ein Paria. Egal, ob berühmt oder nicht. Auch Woody Allen hat es erwischt und im vorauseilendem Gehorsam gegenüber einer vermeintlichen öffentlichen Empörung haben Verlage sich geweigert, sein Buch zu veröffentlichen. Und jene, die das Buch drucken, werden auch gleich niedergeschrien ! Ich mag diese Inquisition nicht. Wer Woody mag, soll das Buch kaufen, wer ihn nicht mag, solls lassen - so einfach ist das. Das ganze Theater hat der Mann nicht verdient...

 

Geschrieben (bearbeitet)

Jenseits der nicht zu klärenden Frage, was wahr ist und was nicht: Man muß sich nur den Brief durchlesen und das öffentliche Sozialverhalten einiger der Protagonisten (Klapsmühle Twitter) ansehen.

 

Offener Brief: Woody-Allen-Autobiografie im Rowohlt Verlag

 

Wenn Personen wie Sascha Lobo und Margarete Stokowski sich beklagen, daß kein "fact checking" erfolgt sei und man das Buch deshalb nicht veröffentlichen dürfe, dann frage ich mich, seit wann eine Autobiografie wie ein amtliches Dokument beglaubigt werden muß. Hier möchten sich Menschen, deren einziges Geschäftsmodell darin besteht, andere anzupöbeln und deren eigene Textsammlungen und Buchform von Literatur denkbar weit entfernt sind, durch Angriffe auf einen prominenten Künstler wichtig machen. Aufmerksamkeit ist ihre Währung, schrilles Auftreten und Fordern in (A)sozialen Medien der Weg dahin.

 

Bearbeitet von magentacine (Änderungen anzeigen)
Geschrieben

Allen ist ein schwieriges Thema, da ihm (anders als bei Weinstein oder Polanski) sein mutmaßliches Fehlverhalten nie nachgewiesen werden konnte. Die Anschuldigungen basieren ja hauptsächlich auf Aussagen von Mia Farrow und deren Kindern und Farrow ist auch keine unkritische Persönlichkeit. Die Aussagen von Moses Farrow (einem ihrer Adoptivsöhne) stellen Mia als manipulative Psychopathin dar, welche ihre Kinder gegen Woody Allen ausspielen wollte. Was von allem wahr ist, wird wohl nie ganz geklärt werden. Evtl. sind Farrow und Allen beide miserable Menschen, welche ihre Kinder missbraucht haben, evtl. ist nur eine/r von beiden schuldig. Das weiß niemand außer den beiden und ihren Kindern (und selbst da muss man aufpassen, was die Kinder damals tatsächlich mitbekommen haben und was evtl. nur eingetrichtert wurde).

 

Woody Allens Biografie nicht verlegen zu wollen, ist aber natürlich das gute Recht der jeweiligen Verlage und ich kann die Entscheidung aus wirtschaftlicher Sicht total verstehen. Die Person Woody Allen ist im aktuellen Zeitgeist schwierig und ein Verlag, der ihn unterstützt, macht sich öffentlich angreifbar. Zumal seine aktuellen Filme (nicht nur meiner Meinung nach) heutzutage unangemessen wirken. Insbesondere das Frauenbild von "A Rainy Day in New York" machte auf mich einen sexistischen und rückständigen Eindruck. Abgesehen davon, dass Elle Fanning im Film gerade 18 Jahre alt sein soll und als Angebetete für drei Charaktere mittleren Alters fungiert. So eine Story von jemandem präsentiert zu bekommen, der seine Adoptivtochter geheiratet hat, finde ich unangenehm.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 54 Minuten schrieb stracki:

Allen ist ein schwieriges Thema, da ihm (anders als bei Weinstein oder Polanski) sein mutmaßliches Fehlverhalten nie nachgewiesen werden konnte.

 

Zu Polanski und Samantha Geimer. Genau dieses ambivalente Verhalten vom "Opfer" ist der Grund dafür, dass diese üblen Geschichten immer im Dreck landen. 2017 hat sie sich für Roman in die Bresche geschlagen und ihn vehement verteidigt :

https://www.sueddeutsche.de/panorama/prozess-wegen-vergewaltigung-missbrauchsopfer-setzt-sich-fuer-polanski-ein-1.3541149

 

Selbst der damalige Staatsanwalt David Wells hat zugegeben, den Fall Polanski "aufgepeppt" zu haben und sich selbst der Lüge bezichtigt  : https://www.spiegel.de/panorama/justiz/anklage-wegen-vergewaltigung-ex-staatsanwalt-gesteht-luege-im-polanski-fall-a-652717.html

 

Und heute will Geimer offenbar ihr Buch verkaufen und behauptet das Gegenteil von damals :

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-10/roman-polanski-sexueller-missbrauch-vergewaltigungsvorwurf

 

Wie soll da einer durchblicken ? Wie bei Allen und Farrow. Es ist zu Kotzen. Die Unschuldsvermutung, die jedem zusteht, ist in diesem überhitzten medialen Hype doch nur noch ein schlechter Witz. Ob Polanski und Allen schuldig sind, interessiert nicht, da die Verurteilung mit "lebenslänglich geächtet" bereits gefällt wurde.

Bearbeitet von Rabust (Änderungen anzeigen)
Geschrieben (bearbeitet)

Es lassen sich auch nicht zur Rehabilitierung oder Vergeltung die Filme auslöschen, um eine Schuld zu sühnen.

 

Der Maler Caravaggio war ein Stricher und ein Mörder (ohne, dass ich hier das eine oder das andere zu bewerten befugt bin.) https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39447072.html

Aber das erzeugte Kunstwerk entfacht noch einmal ein Eigenleben, die Sublimierung des eigenen Ichs. Also ist keine Person durchgängig nur Vergewaltiger oder Mörder, sondern immer auch eine komplett andere Persönlichkeit.

Man kann sich darüber streiten, ob die frühe Kunstmalerei des Adolf Hitler ansehenswert ist. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht. Eventuell sehr naiv und idyllisch (anstatt rachsüchtig) -und deswegen künstlerisch nicht ganz der große Wurf.

 

Lieber ein Bild vom Caravaggio.

 

Caravaggio-Die-Ruhe-auf-der-Flucht-nach-Ägypten-1594-96.jpg

Bearbeitet von cinerama (Änderungen anzeigen)
Geschrieben
vor 19 Stunden schrieb magentacine:

Wenn Personen wie Sascha Lobo und Margarete Stokowski sich beklagen, daß kein "fact checking" erfolgt sei und man das Buch deshalb nicht veröffentlichen dürfe, dann frage ich mich, seit wann eine Autobiografie wie ein amtliches Dokument beglaubigt werden muß

 

Das sind die selben Menschen, die einen medialen Feldzug gegen Upload-Filter geführt haben, ohne zu merken, dass sie jetzt selbst analoge Upload-Filter fordern.

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb tomas katz:

 

Das sind die selben Menschen, die einen medialen Feldzug gegen Upload-Filter geführt haben, ohne zu merken, dass sie jetzt selbst analoge Upload-Filter fordern.

 

Quatsch. Niemand hat gefordert, dass Woody Allen sein Buch nicht veröffentlichen darf.

Es haben aber Autor/innen eines Verlages gefordert, dass dieser Verlag es nicht veröffentlichen soll - und zwar mit der Begründung, dass es kein Fact Checking des Textes gegeben habe.

Das ist etwas grundlegend anderes!

 

Hier der Text der Rowohlt-Autor/innen im Original:

https://www.54books.de/offener-brief-woody-allen-autobiografie-im-rowohlt-verlag/

 

 

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