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Geschrieben

Um die Köche der grade wieder aufwallenden Digital-Film-Hexensuppe in diesem Forumsbereich vielleicht etwas abzulenken:

 

In letzter Zeit wechsle ich in unserem Kino immer wieder mal die Entfernung zur Leinwand um verschiedene Eindrücke bezüglich meiner Schärfewahrnehmung zu erhalten. Nicht zuletzt auch, weil unser Kino nach wie vor ein kleines Problem mit der Scope-Schärfe hat.

 

Dabei fiel mir mal wieder auf, wie komplex das Thema Schärfe aus subjektiver Sicht des Publikums ist.

 

Meine diesbezüglich erstaunlichste Wahrnehmung:

 

Bei uns ist die Scope Schärfe vertikal nicht konstant. In der Regel fokussiert der Vorführer beim Filmstart irgendwo auf den Bereich des mittleren Drittels. Wenn man später die üblichen Rolltitel im Abspann sieht, merkt man oft, dass die Titel unten relativ scharf reinkommen, in der Mitte scharf bleiben, und dann im oberen Drittel zunehmend weich rauslaufen. Während des Films ergibt sich die (Un)Schärfewahrnehmung im oberen Teil der Leinwand aber nicht so eindeutig. Auffallend ist, dass der (mein) Sehapparat sich bei der Schärfewahrnehmung mit subjektiv bzw. sehphysiologisch wichtigen 'Bildfeatures' täuschen lässt, während die klassische messtechnische Schärfe da keine große Rolle spielt.

 

Bei Gesichtern z.B. sind die Augen wichtig. Ein Closeup eines Gesichts mit Augen im oberen Bilddrittel sieht scharf aus, scheinbar weil mein Sehen sich mit dem Erkennen der wichtigsten Gesichtspartie schon zufrieden gibt. Schwenkt die Kamera nur ein bischen herauf oder verschiebt den Bildausschnitt, erscheint an derselben Stelle der Leinwand womöglich poorige Haut, Haare, etc., gibt es keine Schärfewahrnehmung mehr, da kein 'Schärfe-Symbol' mehr in diesen Strukturen erkennbar ist.

 

In diesen Bildbereichen spielt dann die 'messtechnische' Schärfe eine größere Rolle. Wenn man sich das mal über alle möglichen Bildinhalte und Leinwandbereiche bei einem Film überlegt, dazu technische Aspekte wie Kantenanhebung, Pixelshape, Bewegtbildkontrast, etc. dann ist wohl klar, warum Material subjektiv sehr scharf erscheinen kann, obwohl es das messtechnisch nicht so sehr ist. Die dabei möglichen Bandbreiten in den Bildinhalten sind natürlich enorm, nur als Extrembeispiel nenne ich die oft erwähnten klassischen Landschaftstotalen, die schon immer auch als Rechtfertigung für 70mm und andere Breitbildtechniken herangezogen werden.

 

Wenn man sich die mögliche Bandbreite an Zuschauer-Sitzplatzentfernungen in einem typischen Kinosaal vorstellt, dann gibt es da auch grob aufgeteilt drei Bereiche:

- Die 'Guckkasten' Fraktion ganz hinten, die bezüglich der Gesamtbildkomposition und Kadrierung im Vorteil ist und eigentlich nie Schärfeprobleme wahrnimmt, von da aus sehen selbst unsere Scope-Rolltitel im oberen Leinwandbereich noch scharf aus.

- Die 'Optimalsitzer' im mittleren Bereich, die schon mehr im Geschehen drin sitzen und Schärfe- und andere Projektionsprobleme eher wahrnehmen.

- Die 'ganz vorne Sitzer', die projektionstechnisch sicher eher die Arschkarte haben. Bei denen ist es allerdings so, dass ihr Sehfeld garnicht mehr die gesamte Leinwand umfasst. Die müssen eigentlich ständig selbst entscheiden, welcher Teil des Bildes gerade interessant ist und die Augen mitführen. Dabei ist das ohne Zweifel nicht nur ein bewusster Prozess, sondern man wird auch unbewusst eher Bildteile visuell ansteuern, die sehphysiologisch 'subjektiv wertvoller' erscheinen - typischerweise z.B. wieder Augen, Mund, etc. Hierbei wird vermutlich auch durch den oben erwähnten Effekt die physikalisch suboptimale Schärfe im vorderen Sitzbereich wieder stark relativiert, ganz zu schweigen von der ständigen zusätzlichen Belastung des Sehapparates durch das Mitschwenken der Augen.

 

Wie auch immer: 'Gut genug' ist ein komplexes Thema!

 

- Carsten

Geschrieben

Hallo Carsten -

 

das ist wirklich ein spannendes Thema. Lustigerweise haben sich meiner Erfahrung nach diejenigen am wenigsten damit befaßt, die den größten Einfluß auf das Filmesehen haben, nämlich Kameraleute, Regisseure und Produzenten! ;)

 

Die Platzwahl im Kino resultiert nämlich auch daraus, in welchem Abstand die Bilder als angenehm und natürlich empfunden werden. Dabei spielen a) die Bildqualität und b) der Aufnahmebildwinkel eine beträchtliche Rolle.

 

zu a):

Wie sieht die heutige Kinopraxis aus? Das Vorprogramm besteht mehr oder weniger aus hochgeFAZtem Pixelmüll und unscharfem Videomaterial, selbst teure Spots sehen im Kino wie Dreck aus (an dieser Stelle mein herzlicher Gruß an die Krombacher-Brauerei, deren suppige Pseudosponsor-Spots ich seit Jahren vor jedem CineStar-Besuch ertragen muß - sauft euer Bier doch selbst!).

 

Ich bin überzeugt, daß das langjährige Bombardement mit technisch minderwertiger Werbung auf großer Bildwand eine Wirkung auf Teile des Publikums hatte - wer während der Brüll- und Ballerphase den Saal betritt, entfernt sich automatisch weiter vom Bild. Das wird noch verschärft durch Kinobauten, in denen Scope höhenreduziertes 1.85 ist, der eventuell besser aussehende Hauptfilm wird als kleiner empfunden als der pixelverseuchte Werbeblock. Verkehrte Welt!

 

zu b):

Es ist sicher jedem schon mal aufgefallen, daß manche Filme auf DVD/TV besser wirken als auf der Kinoleinwand. Das liegt an der Vorliebe der meisten Regisseure für lange Aufnahmebrennweiten, widurch sich isolierte, gut kombinierbare Einstellungen ergeben, die zwar keine Raumillusion vermitteln, im reduzierten TV-Bild aber klar strukturiert wirken.

 

Mit der übertriebenen Verwendung langer Brennweiten zerstört man aber einen der größten Vorzüge des Kinofilms, nämlich die räumlich wirkende Großprojektion. Außerdem, und jetzt wird es interessant, verlagert sich hierdurch das Perspektivzentrum im Kinosaal nach hinten. Bei einem vornehmlich mit Weitwinkelobjektiven aufgenommenen Film (z.B. BRAZIL) wären die Plätze mit einer natürlichen Perspektivwirkung im vorderen Drittel des Saales, bei einem mit langbrennweitigen Objektiven gedrehten "Flachfilm" liegen diese Plätze im hinteren Drittel des Saales.

 

Einfacher gesagt: Durch schlechte Bildqualität und aufnahmeseitig übermäßige Verwendung langer Brennweiten wurde ein Teil des Publikums im Lauf der Zeit darauf konditioniert, vom Kinobild größeren Abstand zu halten. Das ist keine bewußte Entscheidung, sondern wahrnehmungspsychologisch bedingt. - Die bedeutend kleinere "Rasiersitz-Fraktion" hat es immer gegeben, für diese Zuschauer ist die Einbeziehung durch eine bildfeldfüllende Projektion "emotional wichtiger" als das Leiden unter geringer Schärfe, Bildstandsfehler, Digitalgepixel usw.

 

Hätte ich ein Kino zu bauen, ich richtete ein deutlich kleineres Kaschformat für das Werbevorprogramm ein, denn der Hauptfilm sollte immer "größer" wirken als das Umfeld.

 

Aber wie gesagt, ich habe immer wieder mit Schaudern erfahren, wie wenig sich viele Menschen, die mit Filmgestaltung zu tun haben, um solche Fragen scheren - zum einen fehlt ihnen oft das handwerklich-technische Verständnis und Hintergrundwissen, zum anderen ist vielfach nur noch interessant, daß die Bilder so schnell, bequem und nachträglich manipulierbar entstehen, der Rest wird als Luxus und Manieriertheit betrachtet.

:roll:

Geschrieben

das ist wirklich ein spannendes Thema. Lustigerweise haben sich meiner Erfahrung nach diejenigen am wenigsten damit befaßt, die den größten Einfluß auf das Filmesehen haben, nämlich Kameraleute, Regisseure und Produzenten! ;)

 

Da wiederspreche ich mal entschieden :)

 

- Die Kombination aus Kadrage und Brennweite wird lange diskutiert, typischerweise im Storyboard oder der previsualisierung festgelegt.

- Produzenten haben einen massiven Einfluß, und tendieren gerne zu der amerikanischen oder italienischen, auch wenn regie/kamera lieber totaler blieben (da ja die Filmemacher sich damit am wenigsten befassen, nehme ich an das diese Begriffe keine weitere Erörterung brauchen...). Hintergrund ist typischerveise die avisierte zweit/drittauswertung

- lange Brennweiten werden oft aus Etatgründen verwendet, da man, anders als Vorführer und Publikum ja die Mankos des Sets kennt - mittels geringer Schärfentiefe (dazu nimmt man lange Brennweiten und offene Blenden) kann man dann auch bösere Schnitzer im Set oder nicht freiräumbare Aussenlocations gnädig in der Tiefenunschärfe ersaufen.

- Der szenische Ablauf der Dramaturgie bestimmt oft genug, zusammen mit dem gegeben Etat, wie total oder nah das Motiv wird. Bspw. wird bei einem geringeren Etat typischerweise im VFX-Bereich kaum eine Supertotale einer Stadt wiederholt gebracht, da es -schlicht und ergreifend- erheblich aufwändiger ist, eine ganze Stadt zu modellieren als ein Haus. Und wenn ich den Etat nicht habe um die Stadt einzuführen, bleibe ich eben näher.

- Thema Brennweiten: Die weiteste die wir haben ist eine 5.3, die längste eine 418er (beide Angenieux, am Rande). Das sind traumhafte Werte im Vergleich zu bspw. den späten 80er, wo man schon happy war bspw. eine 25-250 Zoomlinse zu haben. Und naja, das kitzelt in der Tat oft genug das Spielkind, nach dem Motto, es ist da, also setzen wir es ein....

- Ein weiterer, nicht unerheblicher Aspekt ist, daß bedauerlicherweise oft genug für 4:3 defensiv kadriert wird., auch wenn man bspw. 2,35 als Master avisiert. Da haben dann oft genug auch die DVD-Verwerter ein gewisses Wörtchen zuvor mitgeredet.

 

Ansonsten - weite Zustimmung zu dem gesagten, bspw. Brazil. Ein sicherlich nicht zu unterschätzender Faktor ist, das nur am Rande, daß oft genug heute nur am Monitor geschnitten wird - die Vorstellung wie gross das auf der Leinwand am Ende wirkt, fehlt, grade jungen Regisseuren, in der Tat häufig.

 

Ein weiterer, technischer, Aspekt ist, daß inzwischen dochmit vergleichsweise geringen Qualitätseinbussen vergrößert werden kann, und moderne online 2k/1080p Schnittplätze ebendiese Möglichkeit en pssant erlauben. Auf Steenbeck/Moviola war das ja erheblich mehr Zeit&Kostenaufwand und kostete typischerweise ne ganze Kopiegneration. Da wird dann oft nachträglich aus der kunstvoll bestimmten kadrage der rechts störende Aspekt einfach per Skalierung aus dem Bild gedrängt.

 

Kritisch sei aber angemerkt, daß ich durchaus vorsichtig wäre, wenn Kellner behaupten, daß die Köche sich nicht sehr mit dem kochen beschäftigen würden... :)

Geschrieben

Nebenbei, ich weiss auch nicht, ob das nur was mit dem Alter zu tun hat, glaube ich, dass manche Dinge gerade im CG/FX Bereich heutzutage visuell 'über die Kante' gefahren werden.

Meiner Meinung nach eine Kombination von extremer Spezialisierung in diesem Bereich, in Verbindung eben mit der von Oceanic beschriebenen Arbeitsweise an Computerbildschirmen. Spiderman war mal wieder ein gutes Beispiel mit etlichen Einstellungen, denen visuell nicht mehr zu folgen war. Die Jungs & Mädels hinter den Monitoren sind derartig übermotiviert und 'visuell überspezialisiert', haben ihre Szenen schon hundertmal in Zeitlupe feingetuned, dass hier einfach eine große Wahrnehmungskluft zwischen Produzenten und Publikum entsteht.

 

Leider weiss man selten im Voraus, ob man sich im Saal eher nach hinten oder nach vorne setzen soll.

 

- Carsten

Geschrieben

carsten,

guter Punkt... ähnliches Beispiel: Batman Begins. Ich behaupte mal bei

der Kampfszene zu Beginn steigen bereits 90% des Publikums nach den

ersten paar Sekunden aus, man verliert einfach völlig die Orientierung

wer nun gerade wen schlägt usw... auf DVD auf kleinem TV-Schirm dagegen

kann man das Ganze wieder ganz gut ansehen.. :roll:

Geschrieben

noch zwei gewichtige zusammengehörende aspekte sollte man nicht unterschlagen:

 

24p

Bei schnellen Kameradynamiken (schwenks, Tracking Shots, Dolly etc) reichen 24p nicht aus, uim das Auge zu täuschen, bei 35° blickrichtungsänderung pro Frame beginnt das laufende Bild zu shuttern.

Dagegen wird dann -massiv- Bewegungsunschärfe eingerechnet/montiert. Einfach mal paar schnelle Actionszenen Bild für Bild ansehen, da ist die ganze 2/4k Debatte hinfällig, weil durch den MoBlur (aka Motion Blur, aka Bewegungsunschärfe) hat man da nur noch surreale Bilder.

 

60p und mehr sind grosse Teile, gade des jüngeren Publikums, gewöhnt, sei es von computerspielen, von HD-Sport in Asien/USA etc., und mit diesem Niveau an Action konkurriert man heute.

 

Viele Kollegen diskutieren derzeit, die in DCI spezifizierten 48p nicht für 3D, sondern für schärfere Action einzusetzen - und ich gehöre auch zu der Fraktion, die das befürwortet. 2K@48p ist bei schnellen Actionsequenzen definitiv besser als 4K@24p. Die Limits die man bei sauberen 24p Schwenks/tracks/usw. hat, wenn man es richtig machen will, sind in der Tat ziemlich eng.

 

Und während man, um 4k von 2k trennen zu können, wirklich sehr sehr nahe an der Leinwand sitzen muss und obendrein geeignetes Bildmaterial (kaum Tiefenunschärfe, akkurater Focus im Motiv möglich, keine Bewegunsunschärfe, keine ProMist/SoftFX etc Glasfilter usw) notwendig ist, sind 48p bei schnellen Inhalten in der ganzen Tiefe des Kino ein -deutlicher- Unterschied.

Geschrieben

Yep, ich sehe das auch schon kommen, jedenfalls sobald sich mal die ersten Standards in dem Bereich installiert haben und die ersten wieder nach etwas Differenzierung vom Mainstream streben. 48p würde ich fast als wichtiger ansehen als 2kvs4k. Einer der großen Vorteile digitaler Technologie, dass man solche Erweiterungen vergleichsweise stressfrei umsetzen kann ohne wieder großartig bleierne Standards einreißen zu müssen. Siehe bandlose Videoformate.

 

- Carsten

Geschrieben

@oceanic:

 

Um auf die angebotene Terminologie zurückzugreifen: Als ich noch "Kellner" war, habe ich genug von (deutschen und europäischen) Regisseuren gesehen und gehört, um mir eine Meinung zu bilden. Die einzigen Beteiligten, die unter Schlamperei im Engebnis tatsächlich litten wie die Hunde, das waren die Kameraassistenten. Aber was Regisseure angeht, könnte ich seitenweise schreiben, bleibe aber nur bei einem der "größten Regisseure" und "Autorenfilm-Altmeister" Deutschlands, der seinen knallhart auf 1.66 kadrierten Film unbedingt auf 1.85 projiziert wissen wollte, "so breit wie's geht".

So geschah es, besch***en sah's aus, und wir waren froh, als der Großmeister sich vom Acker gemacht hatte und wir in der zweiten Show dem Publikum eine unverstümmelte Projektion anbieten konnten.

 

Auch die physikalischen Unmöglichkeiten, die "Deutschlands bekanntester Kameramann" in öffentlichen Veranstaltungen zusammenphantasiert hat, wären einen humoristischen Sammelband wert - reine PR, reine Egomanie.

 

(Wobei es wirkliche Könner gibt, die gerne und sachkundig über ihr Handwerk sprechen, ich sage nur Jost Vacano... Interessanterweise sind diese wahren Meister fast immer zurückhaltend bis bescheiden und müssen nicht erzählen, daß sie mit Madonna gefrühstückt haben! )

 

Die Ignoranz gegenüber dem Handwerk der Filmfotografie ist hierzulande eine gewaltige, man sieht es an den meist traurigen visuellen Ergebnissen. Wie oft kommt einem ein sauber gestalteter Film à la SCHTONK oder DAS LEBEN DER ANDEREN unter, und ist nicht Wackel-unscharf-Farbstichmüll die Regel?

 

Im Restaurant sollte das Essen ansprechend serviert werden und gut schmecken - wie groß die Vorstellung der Köche und Hilfsköche von ihrer eigenen Bedeutung ist (Kellner natürlich eingeschlossen!), hat auf das Endergebnis wenig Einfluß. ;)

Geschrieben

Wer sich mit Nahrungsmittelproduktion mal beschäftigt hat, dem graust es vor der nächsten Mahlzeit. Darüber gibt es Filme!

Das brachte meine Professorin mal in Anspielung auf meine Lieblingsthemen zum Vortrag, um jungen Stunden das Gefühl der Aversion "technisch" zu erklären.

Film und Kino sind nichts anderes: 1% Kunst, 99% Handwerk.

 

Und das Handwerk prostituiert sich nun einmal für den Auftraggeber - weshalb der Metapher vom Koch als autonome Künstlerfigur pure Augenwischerei ist.

 

@oceanic, der in früheren Post zu meinen Einwänden des Monitorschnitts und der Abnahme auf nicht allzu grossen Leinwänden sowie den selbstverliebten Spieltrieb der Animateure, Cutter und Coloristen wutentbrannte Gegendarstellungen schrieb, räumt diese Praxis mittlerweile ein (s.o.).

 

Dabei ist zu fragen, ob es nicht einfach nur mit "menschlichem Versagen", sondern mit den Eigenheiten der Produktionsunstrumente und Weisen selbst zusammenhängt, was ich für ausschlaggebender halte.

 

Die Debatte um 48 oder 60p ist uralt und hat nichts mit digitalen Medien zu tun. Auch die Schärfediskussion - längst überfällig und hier hochinteressant, vielen Dank für die Thematisierung! - gehört nicht in diese Rubrik, sondern in "Allgemeines", "Small Talk" oder "Technik". Wir hatten dies schon vor Jahrzehnten alles durch: 30 fps bei Todd-AO, 26 fps bei den letzten Cinerama-Filmen, 48 fps bei Maxivision, 60 fps bei Showscan.

 

Jetzt stellt sich ein @oceanic ins World Wide Web, um für seine Erfinderfraktion der hochfrequenten Bilder gegen den Substand der DCI zu wettern.

Schön, daß er die Vorteile nun erkannt hat. Und eben darum sollte er sich vom 2k 24p-Format irgendwannd verabschieden, das schlichtweg kinounwürdig ist.

 

Anm. zu den jüngsten Actionern wie BATMAN BEGINS oder SPIDERMAN III: seltsamer Weise konnte ich (der sehr, sehr langsam in seiner Wahrnehmung ist), den Running Gags und Rotoscope-CGIs sehr gut folgen. Obwohl jüngere Leute primär hierfür konditioniert sind (Übung vor der Spielkonsole), half mir eine Analyse des Genre-Muster des neueren Immersionskinos dann weiter. Kennt man die Strukturen, Plots, Protagonisten und Verläufe, wird selbst vorhersehbar, welches Objekt sich in welche Richtung bewegt, zu welchem Zeitpunkt, nach welchen Wendungen und mit welchem Ergebnis.

Insofern - nach diesem Lernprozess - sehe ich schneller als wozu der (zum zweimalien Ansehen nötigende) Szenenverlauf verführen sollte und lehne mich entspannt (und vor Langeweile anegsicht der vielen Wiederholungen) zurück.

 

Ebenso vorhersehbar sind Kadrierungen, Schärfe und Perspektivwechsel, Ausleuchtungen und Schwenks in bestimmten Formaten (Super 35, Todd-AO, HD-24p) bestimmter Filmemacher - und ihre visuellen Limitierungen.

 

Über 90% der von heutigen Köchen abgelieferten Kinoproduktionen stellen eine Beleidigung für das menschliche Sehvermögen wie auch die Fähigkeit, visuelle Konzepte zu durchschauen, dar. Ein Großteil der "interessant", "stilisiert", "transformativ" oder "desaturiert" sich gebenden visuellen Konzepte haben nur geringe künstlerische Aussage, denen eine merklich manirierte Spielwiese des modernen Postproduction-Equipments leider anzusehen ist, die sich selbst ausstellt und vor Eitelkeit den inszenatorischen Anschluss verliert.

Und genau solcher Stil und damit einhergehende handwerkliche Aussetzer veralten schneller als man glaubt!

 

Es ist erstaunlich, daß sich der (kunstferne) Mainstream-Produzent Bruckheimer solcher Attitüden enthält und es vermeidet, eine "Zurschaustellung" des Postproduction-Equipments im "Stil" seiner Filme selbstverliebt hervorzukehren - das erfreut.

Inosofern war FLUCH DER KARIBIK III eigentlich ein durch und durch dem "Traumprodukt" verpflichteter und dennloch naturalistisch wirkender Film, dessen Technik eben nicht "auffällt", weil sie einfach gut ist (ausgenommen das leicht unscharfe Digital Intermediate - sehr verwunderlich). :wink:

Geschrieben
@oceanic:

Aber was Regisseure angeht, könnte ich seitenweise schreiben, bleibe aber nur bei einem der "größten Regisseure" und "Autorenfilm-Altmeister" Deutschlands, der seinen knallhart auf 1.66 kadrierten Film unbedingt auf 1.85 projiziert wissen wollte, "so breit wie's geht"....

 

Auch die physikalischen Unmöglichkeiten, die "Deutschlands bekanntester Kameramann" in öffentlichen Veranstaltungen zusammenphantasiert hat, wären einen humoristischen Sammelband wert - reine PR, reine Egomanie.

ja, da muss ich zustimmen - vergessen wir nicht das ich eine verallgemeinerung mit einer anderen verallgemeinerung anzweifelte :)

 

ernsthaft gesprochen - ist leider in Deutschland der Qualitätsstandard, die Kompetenz und die Innovation im Langformbereich erheblich schlechter geworden.

 

Ich habe in Frankreich angefangen und dementsprechend noch viele Brücken nach dort, und wenn man im a/b Vergleich die beiden Filmländer, ihren Erfolg, ihren Anspruch und die diskutierten Themen refleltiert, ist bedauerlicherweise in Deutschland doch leider einiges im argen.

 

Die Kameraassis sind übrigens nicht die einzigen leidenden - auch viele in Produktion und Postproduktion, da dort häufig genug die Suppe ausgelöffelt wird.

 

Ich könnte auch seitenweise surreale bis tragikomische Erlebnisse aufführen, aber wähle nur ein Beispiel:

 

Ein recht erfolgreicher Film eines namhaften europäischen Regisseurs, bei dem ich die Beratung übernahm nachdem klar wurde, das einiges im argen lag. Gedreht größtenteils in Südamerika, größtenteils 35mm@24p. Um mehr perspektiven einzubinden, wurden auch mehrere DV-Kameras an Komparsen verteilt - und angesichts der Armut in der viele ebendieser lebten verschwanden dann viele der Kameras. Nun, die DV-Kameras waren 25p.... und dann wurde, um den Schwund aufzufangen, schnell am Flughafen (Brasilien gibts ja auch PAL), nachschub an DV Kameras gekauft. Der Trick an der Sache: PAL mit 60i dort unten, da anderes Stromnetz.

 

Das ganze fiel dann erst im Schnitt auf - Als man (viel real aufgenommene Hintergrundmusik, Karnevalszenen mit Trommlern usw) dann diese Kamera synchron schneiden sollte - logischerweise gabs jetzt 3 Frameraten. Weiterhin wurden wichtige O-Töne teilweise direkt in die Kameras geangelt, soweit so clever, bloss wenn diese entweder zu schnell/zu langsam laufen oder die Musik pläötzlich eine Viertelnote tiefer läuft....

 

Alles in allem 2 Monate reperatur was durch richtige Kameraauswahl 0 Tage gedauert hätte. Und wenn man jetzt denkt, sowas wäre ein Einzelfall, dann irtt man sich, selbst grosse, prestigeträchtige Produktionen, bspw. "Return to the Bismarck" fangen sich öfters solche Probleme ein.

 

Die Ignoranz gegenüber dem Handwerk der Filmfotografie ist hierzulande eine gewaltige, man sieht es an den meist traurigen visuellen Ergebnissen. Wie oft kommt einem ein sauber gestalteter Film à la SCHTONK oder DAS LEBEN DER ANDEREN unter, und ist nicht Wackel-unscharf-Farbstichmüll die Regel?

 

Ich schliefe mich weitgehen an - in den, bei uns häufigeren, internationalen Koproduktionen erleben wir solche Späße nicht - es scheint sich da tatsächlich eher um eine deutsche Krankheit zu handeln.

 

Allerdings, wackelkamera und farbstichigkeit sind heute oft gewünscht und werden mit viel Aufwand hergestellt, auch international, und inzwischen gefallen mir sogar einige, bspw. Steve McNutts Arbeit für Battlestar Galactica.

 

Und noch etwas - Eine gewisse Chance liegt auch in der unbekümmerten Art, man denke nur an den Erfolg von bspw The Educators/Die fette Jahre sind vorbei, dem Sommermärchen usw.

Geschrieben

Inosofern war FLUCH DER KARIBIK III eigentlich ein durch und durch dem "Traumprodukt" verpflichteter und dennloch naturalistisch wirkender Film, dessen Technik eben nicht "auffällt", weil sie einfach gut ist (ausgenommen das leicht unscharfe Digital Intermediate - sehr verwunderlich). :wink:

:)

cinerama, wie oft noch:

Sie können auf 35mm keine Unschärfe von einem 2k DI sehen - da die 35mm Kinoprojektion dafür nicht scharf genug auflöst.

 

Zu ihren amüsanten Unterstellungen und zu dem, was sie mir in den Mund legen möchten, sage ich nichts, das ist müssig.

 

Ihre These hingegen, das die kleinen Monitore der D.I. die Ursache für eine Kadrierung wären, ist typischerweise so falsch wie inkompetent. Das Problem gab es immer.

 

Sie sollten wissen wie gross die Sichtung an einer Moviola oder am Steenbeck waren - da hat man sich nicht mit 32 Zoll, sondern mit weniger als 10 Zoll rumschlagen dürfen. Nach ihrer Schilderung und "Analyse" hätten dann ja wohl die am Schnitttisch entstanden Filme noch closer ausfallen müssen - aber das ist Ihnen wahrscheinlich schon wiedre zuviel unvoreingenomme Logik, nicht wahr.

Geschrieben
Ein sicherlich nicht zu unterschätzender Faktor ist, das nur am Rande, daß oft genug heute nur am Monitor geschnitten wird - die Vorstellung wie gross das auf der Leinwand am Ende wirkt, fehlt, grade jungen Regisseuren, in der Tat häufig.

 

Zur Schärfe:

Ich kann auf 35mm die Schärfen von 2k oder 4k D.I. sehr wohl herauslesen. Wie schon @Glattwickler anmerkte, sind die Dups der letzten Jahre unschärfer geworden. Neulich gaben auch Sie gewisse Fehlbearbeitungen über 2k D.I. zu.

Ich bin es leid, mit Ihnen Selbstverständlichkeiten immer auf's Neue zu debattieren und irgendwelche hingebogenen Gutachten (der "UNO" und sonstwelche) mir andrehen zu lassen.

Den Ihnen vorgelegten Angaben von Kodak oder Fuji haben Sie ja trotz MTF die Relevanz abgesprochen.

 

Wenn Sie uns einen Auftrag geben, ziehe ich Ihnen gerne auch ein analoges Dup vom O-Negativ mit gewollter 4kSchärfe und mehr, und man sieht den Zuwachs analoger Bildgüte auch über den Intermediate-Prozeß (den Sie so laienhaft mit x-ter Generation umschreiben).

 

Geht alles, wenn man's kann.

 

Seitdem es einige verlernt haben, sind natürlich die Entrepeneurs wie Sie im Vorteil, die aus der Unwissenheit Nutzen ziehen, zumal Ihnen selbst die Höhenflüge analog-chemischer Filmbearbeitung und Formate nur marginal vertraut waren.

 

Sie sind eben ein Videofachmann, und der ist erst dann zufrieden, wenn das von ihm verantwortete Video-Mastering sakrosankt gesprochen wird - selbst wenn es für die Großbildwand nicht hinlangt. Und es langt nach unsererer Seh- und Kopierwerkserfahrung nicht hin. Und darum hat auch DAS LEBEN DER ANDEREN ein Master solcher Art nicht nötig gehabt, sondern wurde in dieser Stadt rein fotochemisch umkopiert. Antiquiert zwar, aber trotzdem klasse, und gottlob ohne D.I.. :roll:

 

Und noch etwas - Eine gewisse Chance liegt auch in der unbekümmerten Art, man denke nur an den Erfolg von bspw The Educators/Die fette Jahre sind vorbei, dem Sommermärchen usw.

Wie meinen, bitte? :lol:

 

ernsthaft gesprochen - ist leider in Deutschland der Qualitätsstandard, die Kompetenz und die Innovation im Langformbereich erheblich schlechter geworden.

[...]

Die Kameraassis sind übrigens nicht die einzigen leidenden - auch viele in Produktion und Postproduktion, da dort häufig genug die Suppe ausgelöffelt wird.

 

Ich könnte auch seitenweise surreale bis tragikomische Erlebnisse aufführen, [...]

Meinen Sie Partner bei X-Filme? (!). Das würde mich schon interessieren.

Geschrieben

:)

cinerama, wie oft noch:

Sie können auf 35mm keine Unschärfe von einem 2k DI sehen - da die 35mm Kinoprojektion dafür nicht scharf genug auflöst.

 

 

Herzlichen Glückwunsch Herr Oceanic, damit haben Sie dann ja den Freibrief zum Pfuschen in der Tasche.

Bei der Haltung wundert mich die Kopienunschärfe, die wir seit Einführung der DI feststellen, dann auch nicht mehr.

Geschrieben
Sie können auf 35mm keine Unschärfe von einem 2k DI sehen - da die 35mm Kinoprojektion dafür nicht scharf genug auflöst.

 

Ich hatte es schonmal in einem anderen Beitrag gefragt: Wieso sind dann 35mm Kopien von Genesis-Material grundsätzlich unschärfer als 4k-DIs?

Geschrieben

Habe mir Oceans 13 im Abaton in Zürich angesehen.

Da ich davon ausgehe dass deren Technik auf einem guten Stand ist,

frage ich ich, weshalb der Film in vielen Szenen eher unscharf rüberkommt.

Zudem haben die seitlichen Rolltitel so geholpert dass man den Inhalt

kaum lesen konnte. Auch einige Seitenschwenks holperten vor sich hin.

 

Bei einer Visionierung im City Uzwil ist mir dies Dinge nicht aufgefallen.

In Uzwil wurde Digital vorgeführt???

 

Gruss Rio

Geschrieben
Zudem haben die seitlichen Rolltitel so geholpert dass man den Inhalt

kaum lesen konnte. Auch einige Seitenschwenks holperten vor sich hin.

 

Bei einer Visionierung im City Uzwil ist mir dies Dinge nicht aufgefallen.

In Uzwil wurde Digital vorgeführt???

 

Das hat wohl nichts mit 35mm/70mm/digital zu tun. 24 Bilder pro Sekunde bleiben 24 Bilder pro Sekunde.

Geschrieben

Das hat wohl nichts mit 35mm/70mm/digital zu tun. 24 Bilder pro Sekunde bleiben 24 Bilder pro Sekunde.

 

Weshalb werden solche Schwenks überhaupt gefilmt?

Warum kopiert man solche Texteinblender ein?

Das macht doch gar keinen Sinn, somit ist Oceans 13 nicht 35mm-kompatibel!?!

 

Rio

Geschrieben
Weshalb werden solche Schwenks überhaupt gefilmt?

Warum kopiert man solche Texteinblender ein?

Das macht doch

 

Das verstehe ich nicht ganz. Wie gesagt, 24 B/s sind 24 B/s - egal in welchem Filmformat. Wenns in einem Format ruckelt, ruckelt es auch in den anderen.

Geschrieben

Deshalb habe ich ja geschrieben dass bei einer digitalen Visionierung

diese Effekte nicht aufgetreten sind.

Digitale Projektoren haben keine Flügelblenden....

 

Gruss rio

Geschrieben

Das ruckeln liegt an den 24B/sek und nicht an den 48, 50 oder 72 Hz der Flügelblende. Deshalb dürfte es (vom perfekten Bildstand der Digitalprojektion abgesehen) keinen Unterscheid machen. Oder macht gerade der perfekte Bildstand den subjektiven Unterschied?

Geschrieben

Lieber MaxBiela

Deshalb irritiert mich das Ganze so.

An was könnte es sonst noch liegen?

 

Gruss Rio

Geschrieben

Ich kann's mir zwar nicht vorstellen, aber bei halbwegs gleichmäßigen Bewegungen wie Rolltiteln gibts zumindest Techniken, die sowas abspielseitig gnädig glattbügeln, und wenn nur als Nebeneffekt der Dekompressions-Glättung. An und für sich würde ich ja davon ausgehen, dass heutige Cinema-Projektoren 1:1 wiedergeben und keine frame-interpolation auf der Basis von Bewegungserkennung machen, wie das bei verschiedenen besseren Geräten der Unterhaltungselektronik schon passiert. Aber möglich wäre es. Es ist zwar ne üppige Auflösung, aber eben 'nur' mit 24p. Rechenleistungsmäßig wäre sowas aktuell schon drin.

Die Bildwerfer an sich machen ja ohnehin locker Vielfache von 24p, warum dann nicht interpolieren auf ein 'künstliches' 48p oder 72p?

 

 

Ciao - Carsten

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