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Geschrieben

Kommenden Dienstag (22. Dezember) läuft Roman Polanski‘s »Tanz der Vampire« – »Neue Visionen« hat gänzlich neue 35mm-Kopien von diesem Titel ziehen lassen, auf die man gespannt sein darf. Schön, ihn wieder mal auf großer Leinwand zu sehen; schon allein wegen der optischen Opulenz, an der eine famose Ausstattung wie auch Kameramann Douglas Slocombe gleichen Anteil haben. Mit meinem alten Prof stritt ich vor langer Zeit – er hielt, unterstützt von seinem Oberassistenten, TdV für einen unbedeutenden Film, kannte ihn aber nur vom Fernseher; und behielt letztlich nicht wirklich recht. Andererseits: Für die weibliche Hauptrolle der Sarah Shagal war mal Jill St. John vorgesehen; ob das dann ein anderer Film geworden wäre? Gleichwohl hat die Polanski-Fangemeinde die Fotos von Sharon Tate im Playboy nicht wirklich goutiert; man war vom Meister anderes gewohnt.

 

Und überhaupt: Dass er nicht zu den Filmfestspielen 1967 erschien! Es wäre immerhin sein dritter Film in Folge gewesen (nach »Repulsion/Ekel« und »Wenn Katelbach kommt«). Im Hintergrund tobte nur ein erbitterter Streit um die definitive Schnittfassung. Die damalige Lesart war, dass Polanski auf die Berlinale verzichtete und dafür seine 108-Minuten-Schnittfassung zumindest in Großbritannien und Deutschland ungekürzt auf den Markt bringen durfte. Executive Producer Martin Ransohoff – oder MGM Supervising Editor Margaret Booth, die zu diesem Zeitpunkt schon einige Werke der Filmgeschichte auf dem Gewissen hatte – kürzten jedenfalls die internationale Fassung um ganze zwanzig (!) Minuten und ließen gleichzeitig eine (alberne) Animations-Sequenz von etwa drei Minuten Länge vor dem MGM-Leo anbringen, die schon die gesamte Filmhandlung vorwegnahm; die folgenden 88 Minuten hätte man sich danach auch irgendwie sparen können. »The Fearless Vampire Killers or: Pardon Me, But Your Teeth Are in My Neck« war auf dem amerikanischen Markt zwar ein absoluter Flop (und wurde Jahre später durch die Langfassung unter dem Titel »Dance of the Vampires« ersetzt), ist aber als Filmtitel bis in die Titelsequenz auf DVD erhalten geblieben.

 

Obwohl man fragen darf, wo denn die ursprüngliche englische (und die deutsche?) Titelsequenz abgeblieben sein mögen: Es ist doch immer noch der originale wunderschöne Titelvorspann, unterlegt von der Musik von Krzysztof (Christopher) Komeda. Genau an diesem Titelvorspann – der fallende Blutstropfen, der sich von Titelzeile zu Titelzeile schwingt, vor dem Hintergrund des sich drehenden (?) Mondes (vielleicht die einzige wirkliche Ungenauigkeit des Films); dann fährt die Kamera zurück, und genau dieser Mond beleuchtet eine Winterlandschaft in den Karpaten, in der sich der Schlitten mit Professor Abronsius und seinem Gehilfen Alfred nähert – hatte sich aber das ZDF in seiner Erstausstrahlung vergriffen (und infamerweise durch einfache title cards ersetzt). Auf (empörte) Nachfrage antwortete die Redaktion seinerzeit sinngemäß, es tue ihr ja schrecklich leid, aber die Original-Titel seien doch leider zu breit für die Fernseh-Wiedergabe gewesen. Jahre später erinnerte man sich an die abgeschnittene Titelsequenz, klebte sie zurück und gab das Ganze als »restaurierte Fassung« aus. – Übrigens sollte man sich das Vergnügen leisten, ausnahmsweise im Titelvorspann etwas genauer hinzuschauen; tja, einer der Mitwirkenden firmiert als »Dr. Ludwig Von Krankheit«, und – nein, das wird jetzt hier nicht verraten. Die Titelsequenz findet man aber hier:

 

http://www.youtube.com/watch?v=LXv4GhiXhQA

 

Die Dreharbeiten zu »Tanz der Vampire« hatten im sphärischen Breitwand-Format begonnen, ehe man sich entschloss, die Aufnahmen im CS-Format fortzusetzen. Die schon gedrehten Einstellungen wurden auf CS aufgeblasen, weswegen schon in den alten Kopien einige Außen-Aufnahmen durch ein deutlich gröberes Korn auffielen. Und eine einzelne Einstellung (vergessen?) fand dann ihren Weg auch ohne Umkopierung in die endgültige Schnittfassung. Der deutsche Schlusstitel sah übrigens immer so aus, als sei ein Negativ eingeschnitten worden (was angesichts des Filmschlusses durchaus Sinn gemacht hätte), tatsächlich handelte es sich aber nur um eine unglaublich schlampige Kopierwerksarbeit.

 

Noch ein Wunsch? Ach ja – vielleicht greift doch noch jemand in die Kiste und holt fürs Vorprogramm einen der Kurzfilme von Polanski hervor. »Ssaki/Säugetiere« beispielsweise oder »Zwei Männer und ein Schrank«. Und etwas Schnee für den kommenden Dienstag wäre auch ganz schön – das würde schon dem Gang in die »Kurbel« ein wenig das Flair eines Abenteuers in den Karpaten verleihen. Wölfe gibt’s in der Großstadt schließlich an jeder Ecke, und Blutsauger … reden wir nicht drüber …

 

tanz-der-vampire-neue-visionen-filmverleih-gmbh.jpg

 

„Wollen wir einem Engel erlauben, durchs Zimmer zu gehen?“ (Vampir Herbert während eines Flirtversuches zu Alfred

– wenige Sekunden später war es dann geschehen …)

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Das Jahr ist annähernd vorüber, und so auch die Filmreihe zum 75. Geburtstag der Kurbel (letzte Vorstellung, nächsten Dienstag, mit Victor/Victoria von Blake Edwards). Bleibt als Erinnerung die eine oder andere Wiederentdeckung (Was gibt’s Neues, Pussy), einige schöne Technicolor-Kopien (Der unsichtbare Dritte, In der Hitze der Nacht, Die Brücke von Arnheim) und manche Wiederbegegnung mit Filmen, die in den zurückliegenden Jahrzehnten auf den Bildschirm verbannt waren (Zeugin der Anklage, Ein Amerikaner in Paris, Doktor Schiwago, Der dritte Mann). Und schließlich das Bedauern, dann doch nicht alles gesehen zu haben – weil dann doch viel zu häufig im Büro hängengeblieben.

 

Lerneffekt der Filmreihe: Es gibt sie noch, die Kopien etlicher interessanter Filme, die man lange nicht mehr gesehen hat; davon einige (wenige) neugezogen, die Mehrzahl freilich in dem unberührten Zustand, in dem sie vor langer Zeit aus dem Kinoeinsatz kamen. In gewisser Weise spielte sich also ein Stück »Kinoarchäologie« ab – lobenswert einerseits, was sich die Betreiber da zugemutet hatten; staunenswert andererseits, was an Kopien in welchen Zustand zum Vorschein kam. Manche noch so hervorragend, dass man sie gerne archivarischer Konservierung anempfohlen hätte; während andere beim weniger erfahrenen Publikum eher einen Kulturschock ausgelöst haben dürften, insbesondere bei demjenigen Teil, der von DVD »klinisch reine« Bilder gewohnt ist.

 

In diesem Sinne gibt es bei derartigen Reihen durchaus Anlass, Dinge zu erklären, um sie verständlich und verstehbar zu machen. Und neben dem Erklären – vielleicht gelegentlich sogar einer Einführung? – bedarf es wohl auch geduldiger Programmpflege. Dafür aber dürften Besucher aus Altersjahrgängen gekommen sein, die schon lange nicht mehr im Kino waren. Und auch ich habe erst wieder lernen müssen, dass wir ein wunderschönes Kino mitten im Charlottenburger Kiez haben.

 

Bleibt (zunächst) der Abschied von einer Filmreihe und die Frage in die Runde der Kinobetreiber: Wer übernimmt den Stab? (Ich verspreche, einen neuen Thread aufzumachen …)

 

technologicalhistory005.jpg

 

 

Aufmerksam wurde ich auf diese Reihe übrigens echt durch Zufall (?), weil ich in den ersten Januartagen an der Kurbel vorbeikam, als sie gerade Citizen Kane ankündigten. Gestaunt, an die Kasse geeilt und gefragt, ob der Film denn wohl in 35mm liefe (man hat hierzulande schon viel zu viele DVD-Projektionen erlebt). Schaut mich der Typ echt schräg an, verfällt in Schweigen und denkt und denkt … und äußert nach langer Pause, immer noch nachdenklich: Er müsse jetzt erst mal nachdenken, wie breit der Film in ihren Projektoren denn eigentlich wirklich sei … Wir haben uns einige Zeit schweigend angeschaut und uns dann, zur Abkürzung des Denkprozesses, auf die Formel verständigt: Alles Filmband, nichts digital … :wink:

  • 1 Monat später...
Geschrieben

Leider etwas zu spät, aber konnte in der Eile der letzten Tage diesen Thread nicht mehr auffinden:

 

Gestern um 20:00 Uhr "Belle de Jour" in neugezogener OmU-Kopie aus dem Neue Visionen-Stock im Moviemento Berlin. M.E. eine sehr schöne Kopie, gute Schärfe, wenig Korn. Einzig der etwas unruhige Bildstand fiel negativ auf. Da einzige OmU-Kopie schon relativ verschrammt mit einigen Laufstreifen und Schrammen, insgesamt aber noch annehmbar aufgrund der optischen Qualitäten. Die Überraschung: Saal zur Hälfte gefüllt!

 

War etwa sogar jemand anwesend?

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hab den Thread zur "Kurbel" nochmal vorgesucht – vor fast genau einem Jahr im März lief dort Was gibt's Neues, Pussy (siehe weiter oben: http://forum.filmvorfuehrer.de/viewtopi...91&start=1 ), jetzt ist er erneut - diesmal im Original mit deutschen Untertiteln - im Rahmen der Romy Schneider-Retrospektive im Berliner ARSENAL zu sehen (am kommenden Montag 15. März; Wiederholung am Mittwoch, 24. März – in beiden Fällen Kino 1). Politically absolutely not correct und schon gar nicht gender-gerecht (auch das aktuelle Programmheft des ARSENAL merkt zaghaft an, dass »allerdings die Frauen insgesamt wenig zu lachen haben«), aber dafür aus einer Zeit, als man mit dem Begriff "Orgie" noch etwas anzufangen wusste.

 

Hier schon mal die Titelsequenz:

 

... und Paula Prentiss und Peter O’Toole in leicht entfesseltem Zustand:

 

Wenn ich denke: Diesen Film haben wir uns seinerzeit im Rahmen des Französisch-Unterrichts angeschaut (im "L'Aiglon" am Kurt-Schumacher-Damm, dem Kino für die französischen Streitkräfte in Berlin), angeführt von unseren beiden Französisch-Lehrern (von denen einer eine entfernte Ähnlichkeit mit Peter Sellers aufwies)! So waren sie, die sechziger Jahre ...

 

Programm des ARSENAL hier:

http://www.arsenal-berlin.de/de/arsenal/kalender.html

http://www.arsenal-berlin.de/de/arsenal...332918bb2c

 

Die Kopien von »What’s new Pussycat« sind von Technicolor, die Negativentwicklung und -bearbeitung lag jedoch bei L.T.C. Saint Cloud – und irgendwie war das keine richtig gewinnbringende Zusammenarbeit, denn schon die EAs waren von bemerkenswert auffälliger Unschärfe (gemessen an dem, was man sonst von Technicolor gewohnt war) und die Trickblenden ziemlich grobkörnig. Tut der Unterhaltung jedoch keinen Abbruch …

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

... und unter dem Stichwort "Glanz und Glibber - Silvia Hallensleben besichtigt lüsterne Frauenjäger" noch ein redaktioneller Hinweis des heutigen TAGESSPIEGELs auf die Wiederholungsvorstellung am kommenden Mittwoch:

 

http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/...37,3059640

 

War jemand am Montag da? War leider von anderen Dingen eingefangen ...

 

Dr. Fritz Wolfgang Sigismund Fassbender wurde in der deutschen Fassung zu Prof. Nikita Popowitsch umbenannt. Welche Verschwendung - aber es läuft ja die Originalfassung (mit Untertiteln)...in der Françoise Hardy Peter Sellers anhaucht: "I can't spell Sigismund." Aber da ist der Film ja schon fast vorüber...

  • 4 Monate später...
Geschrieben

Eine letzte Ergänzung dieses Threads - mit einem Zufallsfund auf youtube:

 

 

Zum 75. Geburtstag des Berliner Kinos "Die Kurbel" - stammt vom vergangenen Jahr (!), der Informationsgehalt ist annähernd jedoch unverändert ...

 

(Eigentlich war ich auf der Suche nach einem Beitrag des rbb vom vergangenen Sonnabend - 14. August - , der aber leider weder dort im Archiv noch - welche Einfalt - auf youtube steht. Hat ihn jemand gesehen?)

 

Und was lernen wir außerdem noch bei dieser Gelegenheit? Im neuen Forum kann man Videos direkt einbinden ... super! :grin:

 

  • 1 Jahr später...

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