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Neulich auf der Berlinale


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Frau in der Reihe hinter mir zu ihrer Begleitung:

»Warst Du schon im Friedrichstadtpalast? Da ist die Leinwand geknickt, weil der Raum so verwinkelt ist.«

Geschrieben

War eigentlich gestern jemand zu den "Berlinale Keynotes" ('Die Zukunft des Kinos')? Immerhin war Lord Foster dabei - und es ging nicht nur um Architektur, sondern auch um die soziologische Funktion des Kinos und (!) seine urbane Umgebung ...

Geschrieben

Schade - offenbar niemand aus dem Forum. Meine Morgenzeitung war zwar da, hat aber ihren Bericht nicht (!?) ins Internet gestellt. Muss recht interessant gewesen sein - der französische Regisseur (und Unternehmer) Marin Karmitz hat wohl unter anderem darüber berichtet, wie er Stadtteilpolitik mit Programmkinos betreibt und Pariser Problemviertel neu belebt.

Geschrieben

Schön wenn er sowas von sich gibt.

 

Aber Deutschland ist nicht Frankreich.

Oder will man in Marzahn, Neuperlach, MA-Vogelstang oder Chorweiler nun Arthouse Kinos neu eröffnen??? :lol: :lol: :lol:

Geschrieben

Nachdem die Kollegen der Print-Medien die diesjährigen Berlinale-Keynotes doch etwas stiefmütterlich behandelt haben, hat sich zumindest das Medienmagazin von radio eins in einem 10-Minuten Beitrag vom vergangenen Wochenende damit beschäftigt, wenn auch nur mit dem Architektur-Teil (Medienmagazin vom 20. Februar, ab 2:00):

 

http://www.radioeins.de/archiv/podcast/...gazin.html

 

Ein Plädoyer von Kosslick, die Filmtheater in den Innenstädten zu erhalten; und ein noch viel größeres Plädoyer von Foster, dass Kino auch als Gebäude interessant sein müsse. Und ein Bedauern, dass Kinokultur - und die damit verbundene élégance und der Prunk früherer Filmtheater und das Glamour-Gefühl - verloren gegangen sei. Kein Verriss von Multiplexen, aber dann doch ein deutliches Wort: "Die Architektur von Multiplex-Kinos ähnelt quadratischen Behältern für fast food." Das Verschwinden der kleinen lokalen Filmtheater beschleunige die Bedeutungslosigkeit des Kinos.

Geschrieben

Danke für den Link, zumal ich die Veranstaltung am Sonntag verpasste.

Etwas salopp moderiert, mit "Volkes Stimme" sozusagen, und als seien die Probleme erst jetzt (?) festgestellt worden - was in meinen Augen pure Heuchelei ist.

Dann diese Moderatoren, die von den "kleinen" Kinos am Kudamm sprechen, die es nicht mehr gäbe, das Astor ausgenommen (? - Das Astor war an der Fasanenstrasse, ausserdem wird das Cinema Paris noch betrieben und auch Filmpalast Berlin, die heutige Astor Film Lounge). Und der Zoo Palast sei ja "neuerdings" auch ein Multiplex geworden.

 

Na ja. Offenbar die letzten 20 Jahre verschlafen.

Wenn schon die Redakteure sich um den Wandel nicht kümmerten, ist auch von den IFB nicht all zu viel zu erwarten. Besser zwar ein solcher Versuch als gar keine Versuch, aber ich halte die Frage des Wandels der Distributionspolitik infolge der Digialisierung für weitaus entscheidender als Träume von zukünftigen Filmtheatergebäuden. Es sind auch nicht alle Multiplexe anonyme Schachteln und Fabriken. Etliche zeichnen sich aus durch neuartige Fassaden und grandiose Foyers mit Durchblick ins Freie: was es in alten Palästen oder auch kleineren, schmucken oder auch schlichten Filmtheatern so zuvor nicht gab. Zudem gibt es einige Mixturen aus Neu und Alt: etwa Colosseum und Zoo Palast in Berlin, wo man zwischen neuen und alten Sälen pendeln mag, wenn man die Abwechslung sucht.

Das ist natürlich kein Ersatz und keine Entschuldigung für den Niedergang und Abriss der bedeutendsten Häuser (Europa Essen, Mathäser München, Rivoli Hannover, Grindel und Ufa-Palast in Hamburg, Kristall Palast Düsseldorf, Filmpalast und MGM Frankfurt Main oder Royal Palast und MGM in Berlin). Aber wer glaubt, es müssten nur mehr Fosters und Himmelblaus mit Aufträgen für Kinoneubauten beglückt werden im Opitimismus ewigen wirtschaflichen Wachstums, der vergisst dabei, dass die Brisanz des kommenden Kinoelends in der Kurzweiligkeit der heutigen Kinoauswertung zu suchen ist.

Wenn hier die Auswertungs-Fenster immer kürzer werden, und immer mehr auf HD (als Amphibienformat für TV plus Kino) produziert wird, dann werden die Säle sich künftig leeren und funktionslos.

Kosslick hat eine Problematik erkannt (und ein solches Thema wurde von uns mehrmals auch angeregt), aber ein Grossteil der Presse und der IFB-Besucher ist doch absolut happy mit den "Kino"-Stätten am Potsdamer Platz samt der bukolischen Empfänge, und werden nicht müde, die alten "ranzigen" Spielstätten aus der Berlinale-Ära der alten Frontstadt (Westberlins Berlinale) schmunzelnd abzutun.

Der allergrößte Teil der Filmjournalisten versteht weder etwas von Filmtheaterbau noch von Filmtechnik. Man könnte sie auch von zuhause aus ihre Renzensionen via PC-Download schreiben lassen, anstatt weiterhin in Pressevorführungen einzuladen.

Das kann man nicht oft genug beklagen, denn als hier das letzte grosse Kinoabholzen vor zehn Jahren begann, engagierte sich die Presse in keiner Weise. Im Gegenteil: einige Abrisse wurden noch gelobt und neue Modefilialen oder Elektronikmärkte als "neuer Impuls" für das jeweilige Einkaufszentrum abgefeiert.

Vor 25 Jahren war das Desaster schon klar absehbar. Wer z.B. Kudamm und Bezirkskinoszene des alten Westberlin kannte, aber auch die Veränderungen in der Programmkinoszene, dem war klar, dass es zur Anonymisierung der Filmverwertung oder auch zur Anballung neu errichteter Kinosäle kommen würde.

 

Ob die "neuen" Ideen Kosslicks und Foster wie kulinarisches Kino, Restaurant, Erlebnis und Ambiente mehr sind als nur Schlagworte, sei dahingestellt.

Es baut m.E. keiner mehr neue, himmelaufragende Filmpaläste, wenn die Auslastung nicht gegeben ist.

Hätten wir die Besucherzahlen von 1958, die achtmal höher als heutige waren, dann gäbe es auch ausreichende Kapitalien, um überall Fosters und Himmelblaus anzuheuern.

Die Berlinale unter Kosslick ist doch nicht einmal in der Lage oder gewillt, einen einzigen Saal für alle historisch relevanten Filmformate adäquat herzurichten. Warum haben denn Berlinale, Deutsche Kinemathek und Filmhaus nicht seinerzeit im Europa-Center den stillgelegten Kinokomplex aufgekauft? Säle, die auch Foster nicht hätte besser bauen können...

 

Die Zukunft der Berlinale ist wohl überwiegend mit dem Elend am Potsdamer Platz verbunden, welcher die tradierten Kinobezirke schwerstens schädigt, aber nicht ohne weiteres von selbst verschwinden wird.

 

Frau in der Reihe hinter mir zu ihrer Begleitung:

»Warst Du schon im Friedrichstadtpalast? Da ist die Leinwand geknickt, weil der Raum so verwinkelt ist.«

Da meint jemand den ulkigen Vorhang.

Ist aber auch egal, denn die Leinwand dahinter ist für die Saalproportion eh zu klein, und das Bild ist schlecht und dunkel ausgeleuchtet, vom topfigen Ton ganz abgesehen.

 

Schön wenn er sowas von sich gibt.

 

Aber Deutschland ist nicht Frankreich.

Oder will man in Marzahn, Neuperlach, MA-Vogelstang oder Chorweiler nun Arthouse Kinos neu eröffnen??? :lol: :lol: :lol:

 

Marzahn hatte doch das SOJUS: vorbildliche Archtektur und akustische Raumgliederung. Vorletztes Jahr dichtgemacht, dank DVD und Auswertungsfenstern.

Geschrieben

(Nachtrag) Spät gefunden, aber immerhin: Von der (nach Ankündigung) vierstündigen Veranstaltung stehen Videoaufzeichnungen in einer Länge von rd. zweieinhalb Stunden hier im Internet:

 

http://www.berlinale.de/de/60_jubilaeum...Videos.php

 

Noch nicht im Einzelnen angesehen - dazu werde ich erst am Wochenende Zeit haben; aber es scheint, dass jedenfalls die kompletten Vorträge sowie die Abschluss-Diskussion wiedergegeben sind. Wobei ich etwas bevorzugen würde, wenn das Ganze eines Tages auch auf Papier vorläge ...

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