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Geschrieben

Da wir es in verschiedenen Threads immer wieder von Prognosen über Langzeitlagerung von Archivmaterial hatten (besonders Forumsteilnehmer @cinerama wurde wegen der genannten Zahl von 500 Jahren für Farbauszüge auf Kinofilm wiederholt mit Hohn & Spott bedacht), dachte ich mir, der folgende Artikel (in englischer Sprache) über die Filmarchivierung bei der Library of Congress (entspricht unserem Bundesarchiv) wäre für den einen oder anderen aufschlußreich:

 

http://magazine.creativecow.net/article/the-library-of-congress-unlocks-the-ultimate-archive-system

 

We have differing conditions depending upon the materials stored in them and their use. Our nitrate film is stored at 39 degrees Fahrenheit, with 30% relative humidity. This equates to a Preservation Index [im folgenden als PI abgekürzt; @magentacine] of 655 years.

 

For non-nitrate film preservation masters (also known as “safety film”), we store at 25 degrees Fahrenheit, 30% relative humidity, for a PI of 2125 years. All of our new film preservation masters go into this storage environment.

 

The remainder of our collection includes magnetic tapes of all types and flavors, both audio and video — Edison cylinders, wire recordings, metal stampers, etc. You name it, we probably have it. These are stored at 45 degrees Fahrenheit, 30% relative humidity, for a PI of 429 years, and in some cases, at 50 degrees, 30% relative humidity, for a PI of 244 years.

 

Wie man zu den Zahlen kam und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, wird ausführlich diskutiert, auch die Vor- und Nachteile digitaler Archivierung von Bewegtbild. Unbedingt lesen, wenn man sich für das Thema interessiert.

Geschrieben

Our nitrate film is stored at 39 degrees Fahrenheit, with 30% relative humidity. This equates to a Preservation Index [im folgenden als PI abgekürzt; @magentacine] of 655 years.

 

The remainder of our collection includes magnetic tapes of all types and flavors, both audio and video —... These are stored at 45 degrees Fahrenheit, 30% relative humidity, for a PI of 429 years

 

429 Jahre haltbarkeit für magnetband.... na denn mal toitoitoi kollegen.

 

Wie man zu den Zahlen kam und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, wird ausführlich diskutiert, auch die Vor- und Nachteile digitaler Archivierung von Bewegtbild. Unbedingt lesen, wenn man sich für das Thema interessiert.

Während die lustigen Schätzwerte wie 429 Jahre Haltbarkeit für Magnetband noch eher amüsant sind, wirds im weiteren Artikel schlicht *komplett falsch*.

 

Der Kerl ist *peinlich* - und es ist eine Schande, das muss man leider sagen, daß ein so völlig inkompetenter Zeitgenosse auf die Position bei LOC gekommen ist.

 

Nur mal zur Information für unseren Anfänger der hier lustig vor sich postet:

aus dem Artikel:

with 4K scans you wind up in the neighborhood of 128 MB per frame

Völlig Falsch.

Ein 4K Scan (im filmtypischen 10bit RGB444@10bit) ist *32* MB groß.

Also liegt er nur *vierhundert* prozent daneben. Faktor vier.

 

dann weiteres gefasel...

moving one terabyte from our robotic tape-based system to a SAN where we could do some more processing on it takes between 3 to 5 hours to complete — and that’s with 10 gigabit interfaces.

Und wieder völlig falsch.

Auf einem 10Gbit NIC bewegt sich ein Terrabyte typischerweise in etwa 15 Minuten von A nach B. Nicht 180 "bis" 300 Minuten.

Hier schon über *tausend* Prozent daneben. Mehr als Faktor *ZEHN*.

 

Solche Transfers geschehen bei uns übrigens seit Jahren täglich zigfach im fünfzehn-Minuten-Takt. Peinlich wenn der Kollege in den USA, der sicher nicht erheblich weniger Etat hat, da nicht mal die Grundlagen kennt...

 

Selbst auf einem GigbatNIC braucht ein Terrabyte nicht "3 bis 5" Stunden, sondern eher 2,5 Stunden. Der scheint wohl seine lahmen Tapedrives mit 10GB NIC zu verwechseln...

 

Vor dem Hintergrund sollte auch der Rest des Artikels mit mehr als Vorsicht genossen werden - so in etwa Faktor 4 bis 10 danebenzuliegen scheint der Kollege in nahezu allen Hinsichten... Magnetband hält 430 Jahre, Nitratfilm 655... ja sicher... Da kann man sehen für welche Löhne die Steuergelder rausgeschmissen werden.

Geschrieben

Ich weiß nicht so recht, welchen Sinn es haben soll, auf Prognosen zu bestehen, deren Erfüllung man sowieso nicht erlebt – und die Kunden, die im Vertrauen darauf zahlen, auch nicht. Vielleicht, weil diese Prognosen immer von Archiv-Leuten kommen, die davon leben, dass man ihnen glaubt?

 

Hierüber habe ich herzlich gelacht:

Our nitrate film is stored at 39 degrees Fahrenheit, with 30% relative humidity. This equates to a Preservation Index of 655 years.

Erstaunlich. Bemerkenswert. Geradezu bewundernswert, wie genau die das wissen (obwohl sie es sofort danach relativieren). Nitrofilm von 1901, 1920, 1951, egal, bei 3,8 Grad Celsius lagern (entspricht 39 Grad Fahrenheit), und schwupps, alle haben einen "Preservation Index of 655 years". Also ab heute bis ins Jahr 2665, ergo können auch Käptn Kirk und Co. sich im Raumschiff Enterprise mit Nitrofilm vergnügen. Bestimmt finden die das dann wahnsinnig spannend. Für Nitrofilmvorführungen in der Aula der Enterprise ist dann sicherlich Wissenschaftsoffizier Spock zuständig, an einer Simplex E 7 von 1938 oder einer Bauer BN1 von 1910, wer kann das jetzt schon wissen. Also dann, Mr. Spock: Film ab – aber Obacht bei Nitrofilm wegen der Ohrenspitzen, die kokeln bestimmt am schnellsten ab.

 

 

Es kommt aber noch viel besser:

For non-nitrate film preservation masters (also known as “safety film”), we store at 25 degrees Fahrenheit, 30% relative humidity, for a PI of 2125 years.

Also im Jahre 4135 nach Christie packen die Leute dann unsere Polyesterfilme aus. Wäre ich zu gerne dabei, wenn diese Leute die Deckel entfernen, reinschauen und dann verblüfft denken: "Was zum Henker ist das? Soll das ein Witz sein"? Und dann natürlich den Wertstoff-Roboter anrufen, damit er den ganzen Ramsch abholt.

Geschrieben

Kühne Vorhersagen ... und so genau: 429 Jahre ... was passiert in 430 Jahren?

 

Werden am 31. Dezember aus den Tonbändern dann plötzlich Spaghetti?

 

Das Material kann vielleicht diese Zeitspanne überdauern, doch die Informationen?

 

2125 Jahre? Ich kann mir schon vorstellen, daß eine Kopie auf Polyesterschichtträger recht lange erhalten bleibt, aber so lange?

 

Und auch hier die Frage: Was passiert nach 2126 Jahren?

Geschrieben

Wußte ich doch, daß ich mit den Jahreszahlen hier vielen eine Freude mache! ;) Die krummen Zahlen sind schon nett.

 

Brillo schrieb:

Ich weiß nicht so recht, welchen Sinn es haben soll, auf Prognosen zu bestehen, deren Erfüllung man sowieso nicht erlebt – und die Kunden, die im Vertrauen darauf zahlen, auch nicht. Vielleicht, weil diese Prognosen immer von Archiv-Leuten kommen, die davon leben, dass man ihnen glaubt?

 

Stimmt, und exakt das Gleiche trifft zu für die Anbieter und Betreiber digitaler Archivlösungen, die heute vollmundig die digitale Ewigkeit versprechen!

 

 

 

Um mal bei der eigentlichen Frage nach der Langzeitstabilität von Kinofilm zu bleiben und nicht wieder ins Reich der Terabytes zu flüchten, hier eine Leseempfehlung für unsere "Archiv-Anfänger", die hier lustig vor sich hin posten:

 

Das Dänische Filminstitut hat den heutigen Sachstand zum Thema Nitrozellulose-Filmmaterial in einem Papier dargelegt, das hier online zu lesen ist.

 

http://www.mediafire.com/file/tzooxymykjt/PeterZAdelstein.pdf

 

Es wird beschrieben, wie die frühere Aussage, Nitrofilm zersetze sich unweigerlich im Lauf weniger Jahrzehnte von selbst, aufgrund damals zu geringer Probengröße und eingeschränkter Analyseverfahren zustande kam. Für Nitrofilm, der die ersten 50 Jahre ohne Zersetzungserscheinungen überlebt hat, ist demnach unter Archiv-Lagerbedingungen (die spezifiziert werden) eine Prognose von mehreren hundert Jahren gegeben.

 

Im SMPTE Journal Vol 97, No 12, Dec. 1988 gibt es den Artikel "The Archival Quality of Film Bases", hier werden dem Polyesterfilm neben Vorteilen bei Maßhaltigkeit und Stabilität auch eine Lagerfähigkeit von mindestens einigen hundert Jahren zugeschrieben.

 

Mit der Erhaltung des Trägermaterials allein ist natürlich noch kein Film gesichert, denn die Information steckt ja in der Emulsion. Einige Zahlen zur Stabilität von Farbstoffen für verschiedene Materialien (Negative, Positive, Dupmaterialien usw.) finden sich auf Seite 318 aus dem Standarwerk "The Permanence and Care of Color Photographs ", gratis herunterzuladen hier:

 

Nur das Kapitel "The Permanent Preservation of Motion Pictures"

http://www.wilhelm-research.com/pdf/HW_Book_09_of_20_HiRes_v1a.pdf

 

Alle Kapitel des Buchs als PDF hier:

http://www.wilhelm-research.com/book_toc.html

 

 

P.S.: Es gibt unterhalb des LOC-Artikels eine Kommentarfunktion, mittels derer man kundtun kann, daß der Interviewte "peinlich" und "inkompetent" und nur "Gefasel" von sich gibt. Oder man könnte eine fachliche Frage stellen, wenn's einen interessierte...

Geschrieben

Also 2000 Jahre finde ich auch mehr als merkwürdig. Vorallem eben weil es ja eigentlich um die Information und die Farbstoffe geht und nicht nur darum, wie lange es dauert bis der Träger sich biologisch zersetzt hat.

Aber auf der anderen Seite

 

Nur mal zur Information für unseren Anfänger der hier lustig vor sich postet:

aus dem Artikel:

with 4K scans you wind up in the neighborhood of 128 MB per frame

Völlig Falsch.

Ein 4K Scan (im filmtypischen 10bit RGB444@10bit) ist *32* MB groß.

Also liegt er nur *vierhundert* prozent daneben. Faktor vier.

 

Wovon geht Ihr denn aus? Von 35 mm 3 perf, 4 perf, 2 perf, CS, Vistavision?

 

Nehmen wir 4 perf und die von Euch angegebenen 10 Bit (warum nur 10, warum nicht 12 oder 16?), ergeben sich 4096 x 3072 x 3 x 10 Bit, das ganze /8 = Byte / 1024 / 1024 = 45 MB.

Bei 3-perf liegen wir tatsächlich bei ca. 33 MB. Bei 2-perf sogar nur bei 22 MB.

Und wenn das Ganze mit 16 Bit geschieht?

4096 x 3072 x 3 x 16 /8 /1024 /1024 = 72 MB.

Wie der Mann auf 128 MB kommt, kann ich mir grad auch nicht erklären. Deshalb halte ich die Aussagen auch für fragwürdig, oder zumindest erklärungsbedürftig.

Geschrieben

Ist ja gut, magentacine, es will dir doch keiner deine kleine analoge Filmnische nehmen. Ist ja auch nett, das du Links sammeln kannst, aber die Archiv-Mäuse sagen sowieso fast immer das Gleiche, 100 Jahre, 300 Jahre, 500 Jahre usw. Du liebe Güte, glauben die wirklich, in 200 Jahren möchten sich die Leute mit Polyesterfilm oder Nitrofilm amüsieren? WOZU? Das ist doch dann nur noch Müll. Nitrofilm ist bereits heute nur noch Müll, sobald er überspielt wurde. Was willste denn danach damit? Anbeten? Wozu den Mist dann wieder teuer lagern?

 

Die heutigen Archive können gerne ihren Beitrag leisten, indem sie so schnell wie möglich so viel wie möglich digitalisieren, um so viel wie möglich davon dem Publikum zur Verfügung zu stellen. Aber das geschieht ja bis dato kaum. Die machen sich ja schon vor Angst in die Hosen, wenn sie mal einen Stummfilm als 2K-DCP verleihen. Ist doch lächerlich, was bis dato als 2K-DCP herauskam.

 

Heute bei Amazon finde ich 5.765 Bluray, davon unter "Stummfilme" nur 12 Stück! Und auch das stimmt nicht, weil 8 falsch einsortiert sind. Es sind nur 4 Stummfilme auf Bluray, davon kein einziger deutscher. Große Gratulation zum Beispiel ans Bundesarchiv und die Murnau-Stiftung für dieses überschäumende Engagement, die Filme dahin zu bekommen, wohin sie gehören, nämlich zum Publikum. Aber gell, Hauptsache die Nitrofilme lagern seelenruhig die nächsten 600 Jahre vor sich hin, dann ist der Archivauftrag ja erfüllt - und die Arbeitsplätze gesichert.

Geschrieben

Nun ja. Die "Metropolis"-Premiere lief gleich an zwei Standorten über HD-Projektion, in München laufen 2K-3D-Filme; so groß scheinen die Berührungsängste nicht zu sein.

Außerdem gibt es ja nicht nur Stummfilme - zum Beispiel die HD-bearbeitete LOLA MONTEZ gibt es durchaus auf BluRay.

 

Ob künftige Generationen sich noch für irgend ein Archivgut interessieren werden, weiß keiner. Auch heute stehen die wenigsten Kölner morgens mit dem Gedanken auf, daß ihnen das eingestürzte Stadtarchiv fehlt.

Geschrieben

Nur mal zur Information für unseren Anfänger der hier lustig vor sich postet:

aus dem Artikel:

with 4K scans you wind up in the neighborhood of 128 MB per frame

Völlig Falsch.

Ein 4K Scan (im filmtypischen 10bit RGB444@10bit) ist *32* MB groß.

Also liegt er nur *vierhundert* prozent daneben. Faktor vier.

 

Wovon geht Ihr denn aus? Von 35 mm 3 perf, 4 perf, 2 perf, CS, Vistavision?

Von der heute typischen Masternorm für 95% des DI.

Das ist, genormt, wenn man bei 4K arbeitet: 4096*2160.

 

Im Archiv gibts viele schräge Seitenaspekte (und Formate) - wie du selber schreibst kleinere wie auch größere. Genormt sind 32MB@10, 38@12.

 

Die 128 von denen der Poster schreibt sind, schlicht gesagt, inkompetentes Gelaber.

 

Bei 4,3 und auch 2perf, übrigens, besteht kein zwingender Grund von den Normauflösungen abzuweichen, da kann man über das Pixel aspect ratio jedes Format abbilden.

 

warum nur 10, warum nicht 12 oder 16?

12 kann man drüber sprechen, 16 hingegen ist, bei den heutigen scannern, sorry, augenwischerei. So akkurat arbeiten die CMOS & CCD Sensoren in den Scannern nicht, das verschwindet in der Sensorfluktuation - und ehrlich gesagt geben das die meisten Filmquellen, grade nach ein paar Jahren lagerung, auch zusätzlich nicht mehr her. DCI ist, das am Rande, 12, und dennoch arbeiten nach wie vor die meisten 10, u.a. weil DPX 10 ist und EXR sich im DI nur als Nischenformat soweit etablierte.

 

Was obendrein amüsant ist: Ein Löwenanteil des Archivs ist *MONOCHROM*. Da sind 4K unkomprimiert grade noch 10,6MB pro Frame.... nicht 128.

 

Wie der Mann auf 128 MB kommt, kann ich mir grad auch nicht erklären. Deshalb halte ich die Aussagen auch für fragwürdig, oder zumindest erklärungsbedürftig.

Fragwürdig ist noch ein kompliment. Wer Magnetbänder Jahrhunderte lagerfähigkeit zuspricht, keinerlei Ahnung von DI-Usus hat ist schlicht inkompetent und *unseriös*.

 

Von der Sorte gibts (heute) noch einige in den Archiven, ist immer wieder amüsant was man da zu hören kriegt wenn man Filme abholt bzw. bestellt.

 

Aber schlimmer als die inkompetenten (wie der Poster) sind die Zyniker, die *genau* wissen das sie auf dem Holzweg sind, sich aber wegen der oft dicken Bezahlung ihre destruktive Tätigkeit auf dem Rücken des Filmerbes versilbern, und ja, von der Sorte gibts leider so einige. Insbesondere bei nicht-fiktionalem, zeitgenössischen Nachrichten & Dok bspw, zerfällt grade eine MENGE unwiederbringlich.

 

Zig geniale Bilder von ~1900-1920 *MÜSSEN* schleunigst per DI rekonstruiert werden (restauration wäre da noch untertrieben), aber nein, man kann ja noch die alten BetaSP-Dubs kommerziell ausschlachten...

 

Manches, bspw. ein paar Bilder der Französischen Marine in Beirut um 1906, was man so bearbeitet, *geht schon garnicht mehr via Filmscanner*. Da muss dann von Hand & per Flachbrett agiert werden, schlicht weil die Perforation völlig hinüber ist...

 

Die Digitalisierung des Archivs (als letzter Teil der Kette) beginnt. Und kompetent gemacht ist das schon heute *absolut* sicher, mit *günstiger* Wartung tatsächlich perfekt & ganz einfach *ewig* haltbar.

 

Dreifaches sattes Raid 6, auf 3 kontinenten, räumlich getrennt, ohne jeden Netzzugang, die HDDs von unterschiedlichen Herstellern, und das ganze dann eben alle 3 oder 5 Jahre *exakt 1 zu 1* spiegeln ist inzwischen *günstig*.

 

Ein typischer 50TB-Server ist heute grade mal noch 5 bis 7HE im 19er Rack, kostet grademal vierstellig, und fasst gute 150 4K DCI-Filme - auf der gleichen Fläche kriegt man per Film einen verschwindenden Bruchtteil dessen arciviert, und man kann das nicht 1 zu 1 perfekt replizieren. Der Spiegelserver läßt unterdessen alle Interessenten der Welt die Filme sehen, verschleissfrei, auch und grade die Pretiosen.

Geschrieben

Da haben wieder einige Leute vergnügen daran, irgendwelche Prognosen zu machen, um sich wichtig zu machen, in der Annahme mit einem "Aha" wird sowieso alles geschluckt ohne die Wissenschaftliche Grundlagen dazu zu hinterfragen oder gar zu verstehen.

Hört sich genauso an wie in der Politik, der Sprecher zitiert einfach irgendwelche Informationen die ihm andere zugetragen haben.

 

Man sollte das ganze Thema eher in die andere Richtung schauend betrachten. Nämlich in die Vergangenheit schauen und aus den Fehlern die gemacht wurden lernen.

Z.B. das Problem des Essig Syndroms, dass Filme schrumpfen und nicht mehr spielbar werden oder die farbliche Veränderung.

Eastman Color war ja finanziell betrachtet gut, aber Filmhistorisch kann man froh sein, dass viele alte Klassiker auch in Technicolor gezogen wurden.

Ist es denn nicht traurig, dass die meisten 70mm Kopien rotstichig sind?

 

Meiner Meinung nach sollte man die Vorzüge vom beide kombinieren und die neusten Techniken der Digitalisierung und die klassische Archivierung gemeinsam betreiben.

 

Fatal sind solche Bemerkungen wie oben: Nitrofilm ist bereits heute nur noch Müll, sobald er überspielt wurde.

 

Manches Wertvolle wurde früher als Müll deklariert und später wurde gejammert.

Ich würde es nicht wagen, zu behaupten, dass Film nach der Digitalisierung Müll ist.

Diese Behauptung ist genauso lächerlich wie die andere, da beides etwas Prognostizieren was in weiter Zukunft liegt.

Kein Mensch hat in der Stummfilmzeit einen Weltkrieg in die Prognose einbezogen und wir wissen nicht was in der Zukunft alles passieren kann.

Vielleicht löschen Terroristen mit einem riesen Magneten alle Digitalen Daten :-)

Geschrieben
filmantiques hat folgendes geschrieben:

Fatal sind solche Bemerkungen wie oben: Nitrofilm ist bereits heute nur noch Müll, sobald er überspielt wurde.

Im Gegensatz zu dir poste ich nicht ausschließlich Privatmeinungen. Ich weiß nicht, ob es noch immer so gehandhabt wird, aber zum Beispiel im Bundesarchiv war es aus gutem Grund üblich, Nitrofilm nach Umspielung zu entsorgen. Ich zitiere aus "Zur Lagerung, Bearbeitung und Umkopierung von Nitro-Bildnegativen im Bundesarchivzitieren" von 2002:

Oberstes Ziel der konservatorischen Bemühungen um diese Nitronegative ist es, ihre Inhalte durch Umkopierung auf neues Trägermaterial zu bewahren. Die Ausgangsmaterialien werden anschließend wegen des Gefahrenpotentials, das sie darstellen, aber auch wegen der Lagerungskosten vernichtet.

Zu finden unter: http://www.uni-muenster.de/Forum-Bestandserhaltung/konversion/film-hofmann.html

 

Es geht also um den Film, nicht um den Träger. Nitrofilmlagerung ist sauteuer und absolut unproduktiv. Für das Geld kann man ganz andere archivarische Tätigkeiten unternehmen. Aber darum können sich dann ja die Archivare in 600 Jahren kümmern, gelle? Weil, dann wirds ja mit dem Nitrofilm langsam brenzlig und dann könnte man ja langsam mal vielleicht, eventuell, möglicherweise, unter gewissen Umständen, wenns gerade passen sollte, so Gott will ...

Geschrieben

Z.B. das Problem des Essig Syndroms, dass Filme schrumpfen und nicht mehr spielbar werden oder die farbliche Veränderung.

In der Langzeitstabilität werden noch zig weitere Verfallsprobleme auftreten - die heute noch keiner kennt, und Film kann eben *nicht* verlustfrei neu und neu umgespielt werden.

 

Ist es denn nicht traurig, dass die meisten 70mm Kopien rotstichig sind?

Film eben. Heute sind wir weiter, und die Filme die im DI gemastert werden bleiben mit minimalem Aufwand *PERFEKT*. 1 zu 1. Dauerhaft und auch sicher gegen einstürzenden Gebäude, Brände, Handlingfehler usw - da eben *zig* perfekte 1 zu 1 kopien weltweit existieren.

 

Fatal sind solche Bemerkungen wie oben: Nitrofilm ist bereits heute nur noch Müll, sobald er überspielt wurde.

Sondermüll genaugenommen.

 

Manches Wertvolle wurde früher als Müll deklariert und später wurde gejammert.

Leider auch noch heute :(

Erst wenn es *sicher* erfasst ist kan es weg, und wenn man nicht weiss *was* es ist - dennoch erfassen. Bloss oft zahlt niemand für unbekanntes Material :(

 

 

Ich würde es nicht wagen, zu behaupten, dass Film nach der Digitalisierung Müll ist.

Im Gegenteil sogar, nach einer Restauration ist so manches Material wieder nahezu neuwertig, das davor *schrott* war. Einige Dinge (stand, laufstreifen bspw) kann man heute im DI nahezu perfekt restaurieren.

 

Vielleicht löschen Terroristen mit einem riesen Magneten alle Digitalen Daten :-)

Vorsatz und Höhere Gewalt sind für havarieschutz mitzuplanen. Im digitalen Archiv nutzt man hierzu u.A.:

- dezentrale Speicherung (mehrere Orte)

- multiple Träger (sprich HD und optisch bspw)

Geschrieben

Zig geniale Bilder von ~1900-1920 *MÜSSEN* schleunigst per DI rekonstruiert werden (restauration wäre da noch untertrieben), aber nein, man kann ja noch die alten BetaSP-Dubs kommerziell ausschlachten...

Ich glaube, da stimmen wir alle überein, dass das grausam ist, die Transfers von Filmen auf analogen Videobänder kommerziell auszuwerten, anstatt an die Negative zu gehen und diese zu transferieren.

 

Im Gegenteil sogar, nach einer Restauration ist so manches Material wieder nahezu neuwertig, das davor *schrott* war. Einige Dinge (stand, laufstreifen bspw) kann man heute im DI nahezu perfekt restaurieren.

Bildstand und Geometriekorrekturen geschrumpfter, verbeulter Filmstreifen werden imho im Hinblick auf die Deckung der Farben bei Technicolorfilmen interessant.

Geschrieben

Und wieder wurde ein Thema auf die spannende, noch nie diskutierte Frage nach Auflösung und Vorzüge von RAID-Arrays umgebogen.

 

Zum Thema Filmarchivierung wurde hier soviel Falsches gesagt, daß noch nicht mal das Gegenteil richtig ist.

 

Wenn man die These hat: "Alles, womit ich arbeite, ist Endpunkt der Entwicklung, und danach weg mit altem Geraffel", findet sich auch ein altes Bundesarchiv-Zitat - das eine Position beschreibt, mit der das BA damals in der FIAF komplett isoliert dastand.

 

Stand der Technik ist eben nicht Ende der Fahnenstange. Als ein kleineres Hollywood-Studio (ich glaube, es war Republic) in den 1950ern die Tore schloß, beschlossen die Käufer der Filmbibliothek, alte Negative auf Sicherheitsfilm umzukopieren und das Nitro zu vernichten. Um Geld zu sparen, geschah das nur mit den "wichtigsten" Filmen, die B-Filme archivierte man weiter als Nitro.

 

Zeitsprung: Vierzig Jahre später sucht man verzweifelt Ausgangsmaterial für Homevideo und den beginnenden DVD-Markt. Die Sicherheitsduplikate auf dem - nach damaligem Stand der Technik "sicheren" Acetatfilm waren weitgehend unbrauchbar, während man von den B-Filmen neue Zwischenpositive und brillante neue Abtastungen anfertigen konnte.

 

Soviel zum Wegschmeißen von Nitro. Die immer wieder angeführten gigantischen Lagerkosten sind hoch im Vergleich zum Wellblechschuppen, in dem man 65-mm-Negative von LAWRENCE lagerte, nicht aber an normaler professioneller Langzeitachivierung gemessen.

 

Empfehlung zum Thema:

 

Roger Smither

This Film is Dangerous: A Celebration of Nitrate Film

ed. Roger Smither, Associate editor Catherine A Surowiec. FIAF (Fédération Internationale des Archives du Film), London: United Kingdom, 2002

 

Der folgende Text wird gesungen zum "Drill Instructor Song" der Marines aus FULL METAL JACKET:

 

I don’t know but I’ve heard tell

Nitrate film will burn like Hell.

If you don’t fry, then you’ll choke

‘Cause it gives off toxic smoke.

I don't know but I’ve been told

Acetate stinks as it gets old.

Vinegar syndrome, real bad scene,

Film won’t go through the machine.

I don’t know but I would bet

Videotape is the worst yet:

Lousy picture, it’s all lines,

Standards changing all the time.

I don’t know so please relate

Why digital is all that great.

Where’s the master for my vaults

When my film’s just ones and noughts?

Geschrieben
filmantiques hat folgendes geschrieben:

Fatal sind solche Bemerkungen wie oben: Nitrofilm ist bereits heute nur noch Müll, sobald er überspielt wurde.

Im Gegensatz zu dir poste ich nicht ausschließlich Privatmeinungen.

 

Ich hoffe doch stark, dass es in ordnung geht, dass ich hier meine Meinung Poste, oder?

 

Pauschal würde ich das ganze Thema eh nicht bewerten wollen.

Was ich aber durch jahrelangen Sammelns selbst festgestellt habe und auch hier betonen möchte ist, dass eine Filmkopie nicht immer wie die andere ist. Gerade bei alten Technicolor Kopien habe ich gravierende Unterschiede bemerkt, wo das Publikum unterschwellig entweder positiv oder negativ von der Kopiequalität beeinflusst war.

 

Ganz grob beschrieben: Jeder hat mal bemerkt, dass manch ein Film auf der großen Leinwand ganz anders wirkt als er es vielleicht nur vom Fernsehen her kannte.

Ich habe schon oft erlebt, das ein Film, den ich im Fernsehen gesehen hatte, erst im Kino zu geltung kam. Aber auch umgekehrt z.B. als man auf der Leinwand bei einer Rückprojektion dies ganz deutlich sehen konnte und der ganze Film dadurch unecht wirkte.

 

Genauso gibt es deutliche Unterschiede bei manchen Technicolor Kopien wo die Farben mal ganz brilliant oder matt wirken.

 

Und bei Nitro Film ist das ganze noch ein Zacken besser.

Trotzdem, wenn eine bestimmte Filmkopie für mich einen großen Schatz darstellt, kann dieser für den nächsten wieder Müll sein.

 

Selbstverständlich darf man die Gefahr einer Nitrokopie nicht unterschätzen und vielleicht ist der enorme Aufwand nicht gerechtfertigt, aber das will ich ja nicht entscheiden. Für mich selbst ist eine Nitro Kopie Tabu.

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Bevor sich hier alle das Maul zerreissen, könnte man z.B. per Kommentarfunktion auch mal nachfragen.

 

Die 128MB ergeben sich daraus, dass man dort quadratisch scannen möchte, also mit 4096 x 4096 Pixeln und 16 Bit pro Kanal. Das sind dann 128MB. Wie viel Sinn das macht, bleibt fraglich. Es geht aber vor allem darum, Material mit fehlerhaftem Bildstand zu scannen oder Papierkopien ohne Perfo. So kann man halbwegs sicherstellen, dass auf jeden Fall das komplette Bild erfasst wird, erkauft sich das aber mit sehr viel Überlappung.

BW Material wird, wenn es denn soweit ist durchaus mit Monochromen Sensoren erfasst.

 

Es existiert derzeit einfach nicht die Technik, die man benötigt, um das gan ze Material dort effektiv und archivtauglich zu scannen. Bis das so weit ist, d.h. bis z.B. ein 4k x 4k Sensor passender Qualität am Markt ist, muss man das Material halt lagern. So habe ich es verstanden.

 

Was die angegeben Transferzeiten angeht ist das durchaus denkbar, da man dort nicht über recht komplexe Verfahren kopiert und mehrfach überprüft, was dort kopiert wurde.

 

Zu den Lagerzeiten habe ich keine Ahnung. Scheint mir auch recht hoch gegriffen, aber man befasst sich dort durchaus intensiv mit dem Thema ;-)

Der Zustand einiger Kameraoriginale des frühen 20ten Jahrhunderts war beeindruckend gut, was natürlich noch nichts über die kommenden Jahrtausende aussagt.

 

Ich war im März persönlich einige Tage dort vor Ort und kenne Mr. Weissman von dort persönlich und hatte durchaus den Eindruck, dass er wusste weiss, worüber er spricht.

Die Grundrechenarten beherrscht er jedenfalls. Es ist halt nur alles etwas anders als "zuhause" und die grundlegenden Daten und Zahlen sind nicht so offensichtlich, wie das manche hier voraussetzen.

Ob das alles so Sinn macht oder ganz anders, das ist ein anderes Thema. Die Antwort darauf werden wohl erst Nachfahren in einigen Hundert Jahren wissen, wenn sie bei Westsidestory schmachten - oder auch nicht.

Geschrieben
Die 128MB ergeben sich daraus, dass man dort quadratisch scannen möchte, also mit 4096 x 4096 Pixeln und 16 Bit pro Kanal. Das sind dann 128MB.

 

:shock: Aha, interessant.

Hm, da fehlt aber trotzdem noch was.

4096 p x 4096 p x 3 col x 16 bit / 8 bit/Byte / 1024 B/kB / 1024 kB/MB = 96 MB. Oder wird da etwa mit 4 Farben gescant, bzw. Alphakanal oder sowas verwendet?

Geschrieben

Hm, da fehlt aber trotzdem noch was.

4096 p x 4096 p x 3 col x 16 bit / 8 bit/Byte / 1024 B/kB / 1024 kB/MB = 96 MB.

 

4K sind für digital Aufführung 3996*2160, bei 1,85 bzw 4096*1714 bei 2,39.

 

4K sind bei *Film*, Academy, 3656*2664 bei 1,37 und dementsprechend weniger bei 1,85 und 2,39.

 

*Nicht* 4096*4096.

 

Oder wird da etwa mit 4 Farben gescant, bzw. Alphakanal oder sowas verwendet?

Für Restauration scannt man oft noch einen 4ten pass. Vereinfacht gesagt für die Schäden, oft als IR.

Geschrieben

 

4K sind bei *Film*, Academy, 3656*2664 bei 1,37 und dementsprechend weniger bei 1,85 und 2,39.

 

? Die Zerlegung der 35mm-Information auf 2 K oder 4 K Linien, die vertikal sind, unterscheiden sich nicht. 1, 37 - 1,66 - 1,85 haben die gleiche Bildbreite (21,3 mm). Die Ausparung der Lichttonspur ist ihnen gemeinsam: Wenn man die Breite von Perforation zu Perforation abtastest (25 mm) dann ist das im Regelfall 2 K oder 4 K. Abzüglich Tonspur sinds nur noch 3656 vertikale Linien.

 

Finde ich nicht so klar, was oben beschrieben steht.

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