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Geschrieben

Zuerst war er nicht aufzufinden, jetzt lässt Regielegende Jean-Luc Godard von seinem Domizil in Genf aus ausrichten, dass er an der Verleihung eines Ehren-Oscars nicht interessiert ist. Der 79-Jährige, der als einer der Anführer der Nouvelle Vague mit Titeln wie "Außer Atem", "Die Verachtung Clip" oder "Elf Uhr nachts" Filmgeschichte schrieb und bisweilen auch umschrieb, wollte persönlich lediglich bestätigen, dass er den Brief der Academy of Motion Picture Arts and Sciences bekommen habe. Gemeinsam mit dem Schauspieler Eli Wallach und dem Filmhistoriker Kevin Brownlow sollte er im Rahmen des Governor's Awards im November mit dem Oscar für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden.

 

Seiner Lebensgefährtin, der Filmemacherin Anne-Marie Mieville, fiel die Aufgabe zu, der Presse auszurichten, dass Godard nicht in die USA reisen werde, um die Statue entgegen zu nehmen. "Würden Sie den weiten Weg für ein bisschen Metall auf sich nehmen?", wird sie in "The Australian" zitiert. Er fühle sich zu alt für solche Geschichten.

 

Überdies soll er enttäuscht gewesen sein, als er herausfand, dass die Übergabe gar nicht Teil der offiziellen Academy-Awards-Veranstaltung ist, sondern bereits ein paar Monate früher in einer separaten Gala stattfindet. "Er sagte mir nur:,Das sind ja gar nicht die Oscars'", berichtet Mieville, die betonte, dass Godard beabsichtigt, die Academy persönlich über seine Entscheidung zu unterrichten und voraussichtlich einen Assistenten an seiner Statt nach Los Angeles schicken wird.

 

Bereits im Jahr 2007 hatte Godard darauf verzichtet, den European Film Award für sein Lebenswerk entgegen zu nehmen. "Ich habe nicht den Eindruck, eine Karriere gehabt zu haben", ließ er damals ausrichten.

 

Quelle: Blickpunkt:Film

 

 

Das nenne ich mal konsequent !!!!!

Geschrieben

Der "aufrechte Gang", Gratulation.

Eine Academy, die an die immergleichen Götzen Preise vergibt - auch wenn sie inhaltlich Mittelmässiges ablieferten (Lucas, Spielberg, Cameron, Jackson, Bruckheimer u.a.) - und die die aus der Autorenperspektive Engagierten nur mit Nebenpreisen oder "Alterswürden" versieht, ist eine Institution zur Weihung rein kommerzieller Industrieleistungen, viel weniger aber der filmsprachlichen Neuerer.

 

Mit anderen Worten: vorzugsweise werden Filme gerade dann zusätzlich gelabelt, die schon in den Vormaten 3-stellige Millionenbeträge einspielten. Damit soll eine "Industrie" durch den religiös anmutenden Kultus geschmiert werden, auch wenn sie inhaltlich und formal irgendwann nur noch Kopien der Kopien der Kopien der Kopien produziert.

 

 

So sahen es die europäischen Filmemacher der 60er Jahre, zu denen auch Godard gehört. Er wird auf einer Nebenbühne abgespeist, während ein Cameron in die Menge brüllt "ich bin der König der Welt". Das passt nicht zusammen.

 

Die Generation der 60er wollte ja keine Könige, Hierarchien und Pseudomythen mehr.

Die Generation ab den 80ern - Peterson, Eichinger und Emmerich - denkt umgekehrt.

Geschrieben

Tja, so kann man sich auch die Realität verbiegen. Es dürfte wohl eher seine altersbedingte fehlende Fähigkeit zum aufrechten Gang sein, die ihn davon abhält, den Oscar 'entgegenzunehmen'.

 

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einer Lebensgefährtin, der Filmemacherin Anne-Marie Mieville, fiel die Aufgabe zu, der Presse auszurichten, dass Godard nicht in die USA reisen werde, um die Statue entgegen zu nehmen. "Würden Sie den weiten Weg für ein bisschen Metall auf sich nehmen?", wird sie in "The Australian" zitiert. Er fühle sich zu alt für solche Geschichten.

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Überdies soll er enttäuscht gewesen sein, als er herausfand, dass die Übergabe gar nicht Teil der offiziellen Academy-Awards-Veranstaltung ist, sondern bereits ein paar Monate früher in einer separaten Gala stattfindet. "Er sagte mir nur:,Das sind ja gar nicht die Oscars'", berichtet Mieville, die betonte, dass Godard beabsichtigt, die Academy persönlich über seine Entscheidung zu unterrichten und voraussichtlich einen Assistenten an seiner Statt nach Los Angeles schicken wird.

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Es ist ihm also schlicht zu beschwerlich, selber hinzufahren, zumal er ja nicht mal zum 'großen Trubel' eingeladen ist. Also, unter 'nur konsequent' verstehe ich was Anderes, und von 'Ablehnung' sehe ich hier auch nichts.

 

Aber wie gesagt, jeder ist seiner eigenen Realität's Schmied...

 

- Carsten

Geschrieben

Nun, Godard ist Jahrgang 1930, Wallach 1915.

 

Ich kann mir gut vorstellen, daß jemand, der in den Endsechzigern seine Hochzeit hatte, von der heutigen Rote-Teppich-Kultur angewidert ist.

Geschrieben

Nun, Godard ist Jahrgang 1930, Wallach 1915.

 

Ich kann mir gut vorstellen, daß jemand, der in den Endsechzigern seine Hochzeit hatte, von der heutigen Rote-Teppich-Kultur angewidert ist.

 

...dem pflichte ich bei- und zolle ihm für seine konsequenz trotzdem meinen respekt !

Geschrieben

Den "Gnaden" - Oscar nicht einmal bei der Hauptveranstaltung? Das ist schon schändlich.

 

Inhaltlich waren die Europäer ja meistens etwas ambitionierter. Aber richtig Filme machen können die in Hollywood nun mal besser. Schliesslich versammeln sich dort die besten Talente, auch wenn die meisten ursprünglich aus Europa kamen.

Aber seitem die großen Regisseure ausgestorben sind, findet man auch dort kaum noch wirklich gute Leute. Spielberg würde ich allerdings noch dazu zählen. Tarantino ist für mich der einzige "Neuling" dem die Fähigkeit der alten Meister im Blut steckt. Wenn der mal etwas reifer geworden ist und keine Freude mehr an der Ausschmückung von Brutalitäten verspürt, kann man noch viel Großartiges erwarten. So wie bei Clint Eastwood, der im Alter zur Höchstform aufgelaufen ist.

Geschrieben

Der olle Clint hat mir mit zunehmendem Alter immer mehr gefallen, Selbstveräppelung ist eine hohe Charaktereigenschaft.

 

Das Französische Kino hatte auch Höhepunkte, Jean Gabin, Jean-Paul Belmondo, etc.

Geschrieben

Tja, so kann man sich auch die Realität verbiegen. Es dürfte wohl eher seine altersbedingte fehlende Fähigkeit zum aufrechten Gang sein, die ihn davon abhält, den Oscar 'entgegenzunehmen'.[...]

Aber wie gesagt, jeder ist seiner eigenen Realität's Schmied...

 

- Carsten

Ist eigentlich nicht bekannt, dass er nicht laufen könnte... :D

 

Realität und Illusionierung liegen ja in einem alten Zwist. Auch die Art und Form, wie man Realität mit dem Zuschauer konfrontiert. Da verfährt die Hollywood-Industrie nach sehr alten (und auch hoch entwickelten) Strukturen der Epik (nach griechischem Vorbild). Andere theatralische Ausdrucksmöglichkeiten (oder auch eine radikale "System-"Hinterfragung) würden aber angeblich die Verkäuflichkeit der Glamour-Produkte stören, behaupten nicht wenige Produzenten. Diese Industrie hat sich also selbst als "Traumindustrie" definiert.

 

Der Wunsch nach "Desillusionierung", "Aufklärung", "Aufwachen" und "Entlarvung" - und sozio-ökonomischer Analyse der Wirklichkeit - brach vor allem in der europäischen Avantgarde der 1960er auf: und beflügelte auch einige amerikanische Outsider wie Cassavetes und diverse Experimentalisten - eben so dem Protest gegen den Vietnam-Krieg und die "Amerikanisierung" der Weltkulturen. Was alles in Godards Filmen in bisweilen spättischer Weise Eingang findet (Belmondo z.B. artikuliert einen pseudo-amerikanischen Slang zu Bildern des Bombenkrieges in Südostasien usw.).

 

Realität versus Illusion - darüber hat ein Filmstudent die treffenden Wort gefunden:

http://www.filmkrake.de/index2.php?option=com_content&do_pdf=1&id=48

 

Gut möglich, dass er nach Hollywood gereist wäre, sofern sein Konzept des Filmemachens dort ein Echo fände.

Aber was hätte er auf einer Bühne verloren, auf der ihm Tränen und Heuchelei angetragen würden: Kniefälle vor seiner Mutter, vor dem Chauffeur (oder am Ende der "Nation")? Vor der reuigen Rückkehr in den "Schoß" der "Filmfamilie" (us-amerikanisch dominiert?).

 

Eben so möglich, dass es bei Godard Vereinnahmungsversuche in den 1960er Jahren gegeben hat ("Le Meprís"). Dem sich aber viele Künstler widersetzten, denen ihre Lebenszeit und die Erleuchtung kostbarer war als das Bestreben, eine Box-Office-Hit zu produzieren.

Geschrieben

 

Gut möglich, dass er nach Hollywood gereist wäre, sofern sein Konzept des Filmemachens dort ein Echo fände.

 

... oder der Preis mit einem 100.000 Dollar Scheck verbunden gewesen wäre :-)

 

Der Mann ist 80 Jahre alt, vermutlich hat er keine Lust auf lange interkontinentale Flugreisen ...

 

@cinerama ... Heiligenscheine nicht zu stark polieren, sonst blenden sie.

Geschrieben

... oder der Preis mit einem 100.000 Dollar Scheck verbunden gewesen wäre :-)

 

Der Mann ist 80 Jahre alt, vermutlich hat er keine Lust auf lange interkontinentale Flugreisen ...

 

@cinerama ... Heiligenscheine nicht zu stark polieren, sonst blenden sie.

Gute Idee: fange bitte mal an bei Deinen Todd-AO-Legenden: da wird ja täglich poliert, dass sich die Balken biegen. :rolleyes:

 

Vermuten darf jeder das, was ihm gefällt. Fakt ist: der bekannte Autorenregisseur hat "keine Lust" zur Scheinheiligkeit.

Marlon Brando sei ebenfalls an dieser Stelle erinnert, der eine Indianerin zur Preisverleihung schickte.

 

"Interkontinentale Flugverbindungen" zu thematisieren, verschleiert Ursache und Wirkung. Ausser, man glaubt an das, was man sich selbst einredet (oder sich gewünscht hätte: einen jubelnden Godard in Hollywood, Arm in Arm mit den schon oben benannten Regie-Kollegen).

 

... oder der Preis mit einem 100.000 Dollar Scheck verbunden gewesen wäre :-)

 

:unsure:

Geschrieben

Der aufrechte Gang ...

 

"Wie die Academy heute mitteilt, habe sich Godard in einer "herzlichen, handgeschriebenen Notiz" an Academy-Präsident Tom Sherak für die Auszeichnung bedankt und sich - neben den weiteren Preisträgern Kevin Brownlow, Francis Ford Coppola und Eli Wallach - als "viertes Musketier" bezeichnet. Godard erklärte weiter, dass er zur Gala am 13. November kommen werde, falls es sein Terminplan zulässt."

 

http://www.mediabiz.de/film/news/x/294840?Nnr=294840&Biz=cinebiz&Premium=N&NL=FID&uid=g36021&ausg=20100908&lpos=Main_5

Geschrieben

Dann doch "altersschwach", so schwankend wie folgende Äusserungen?

 

Godard: Aber die Ideen, die wir hatten, sind verschwunden, sie erneuern sich nicht. Für mich ist es schwerer geworden, eine Idee zu haben, wie man so sagt.

 

[...]

 

Godard: Mich interessiert eher der Zusammenhang zwischen dem Unbewussten des amerikanischen Kinos, das die visuelle Welt besetzt, und dem Unbewussten einer Politik, die in andere Länder einmarschiert. Und wie die Besetzung der visuellen Welt und eines Landes mit Amerikas Geschichtslosigkeit zusammenhängt. Mich würde auch interessieren, wie das amerikanische Kino diesen Krieg erzählt. Der Vietnamkrieg wurde auch nicht vom chinesischen oder vietnamesischen Kino erzählt.

[...]

 

ZEIT: "Kino", haben Sie einmal gesagt, "heißt geben, aber davor muss man empfangen."

 

Godard: Das ist, glaube ich, der Unterschied zum Digitalen. Als die Fotografie erfunden wurde, ging es um einen technischen Vorgang, bei dem das Material Licht empfing. Im Kino kann der Projektor dieses Licht zurückgeben. Heute wird nichts mehr empfangen, sondern nur noch eingefangen. [...] Die Oberfläche des Bildschirms ist an jedem Punkt gleich, man könnte auch von der Demokratie [meint er Autokratie?] der Pixel sprechen. Dieses Bild ist sehr glatt und kompakt. Das ist verführerisch, denn von Anfang an hat man im Kino nach diesem gleichmäßigen Licht gesucht. So wie im Fernsehen, wo die Moderatoren keinen Schatten haben. Alles soll gleichermaßen hell sein. Aber das Leben rächt sich, denn man sieht, dass es im Fernsehen falsch repräsentiert wird, weil nicht immer und überall das gleiche Licht herrschen kann.

 

ZEIT: Trotz allem entsteht diese Wahrheit des Kinos für Sie immer aus der Realität der Kamera und der Realität des Abgebildeten.

 

Godard: Das ist wahr. Und ich finde, dass die computeranimierten Filme alle gleich aussehen. Vielleicht ist es nur ein Übergangszustand. Was das Digitale wirklich ist, kann man vielleicht erst in 100 Jahren sagen. [...]

 

ZEIT: Unter den Filmen, die Sie bewundern, sind aber auch ziemlich viele teure.

 

Godard: Ich würde ja auch gern einen Film mit 200 Assistenten drehen. Nur um zu sagen: "Nein, das geht nicht, das müssen wir noch mal machen!" Dieser Film wäre teurer als jeder Hollywoodfilm. [...]

 

ZEIT: Sie haben sich mal als amerikanischen Filmemacher im Exil bezeichnet.

 

Godard: Ja, aber das kam noch aus den Zeiten, als wir von der Nouvelle Vague ein bestimmtes amerikanisches Kino verteidigten. Die Filme von John Ford oder Howard Hawks. Filme, in denen wir mehr Kino sahen als in der Routine der französischen Regisseure. Heute fühle ich mich eher im Exil in meinem eigenen Land. Im Land des Kinos.

 

 

Aus: http://www.zeit.de/2007/49/Interview-Godard

  • 3 Monate später...
Geschrieben

Fortgang des Streits um Godard:

http://www.sueddeutsche.de/kultur/streit-um-ehren-oscar-fuer-godard-der-unheimliche-gast-1.1018788

 

Nach zwei Monaten "herzlichen Briefwechsels" mit Academy-Präsident Tom Sherak habe Godard erklärt, dass er die Auszeichnung am 13. November leider nicht persönlich entgegen nehmen könne, teilte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Beverly Hills mit. Ein Grund wurde nicht genannt.

Zit. aus:

http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/7510514.php

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