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Simple is Good


Friedemann Wachsmuth

Empfohlene Beiträge

Licht fällt durch ein Objektiv auf Film und hinterlässt dort zwei Dutzend Bilder in einer Sekunde.

Jedes dieser Bilder ist alleinstehend konsumierbar, auch noch nach 80% von aussen herbeigeführter Veränderung.

 

Licht fällt durch ein Objektiv, einen IR-Sperrfilter und ein mikroskopisch winziges Farbfilter mit Schachbrettmuster auf Millionen von Halbleiterelementen, die jeweils ein Ionenpotential aufbauen, dass dann von noch mehr Millionen Transistoren verstärkt wird. Die Amplitude jedes dabei entstehenden Signals wird von kaskadierten Sägezahngeneratoren mit Komparatoren in einen festen numerische Werte umgerechnet. Diese numerischen Werte werden dann durch komplizierte Kompromiss-Algorithmem zu tatsächlichen Farbinformationen umgerechnet. Wo man eh schon am Rechnen ist, wird das Signal noch weiter massiv durch den Wolf gedreht: Rauschen wird (mit Kompromissen) als solches erkannt und ausgefiltert. Offensichtliche Signalfehler werden interpoliert und rausgerechnet. Durch erhöhen des Kontrasts an Hell/Dunkel-Übergängen wird ein erhöhter Schärfeeindruck erzeugt (ähnlich dem Kanteneffekt, den Rodinal seit über 100 Jahren chemisch kann). Die Unzulänglichkeiten des winzigen Objektivs werden mit Tricks kompensiert, optische Fehler kaschiert. In der Tat behält kein einziges gemessenes Signal den Wert, den es ursprünglich hatte: Da werden Matrizenoperationen appliziert, fehlende Messwerte interpoliert (sprich: Daten erfunden) und Tatsächlichkeit ignoriert. All das passiert 50 mal pro Sekunde. Es entstehen ungeheure Datenmengen, die auch heute noch kaum zu speichern wären. Deshalb wird weitergerechnet. Kleingerechnet. Weggelassen, interpretiert, gekürzt, vereinfacht. Das sieht ja eh keiner… weg damit. Daten werden so lange vereinfacht und verkrüppelt, biss das Speichermedium mit Sicherheit hinterherkommt. Bei MiniDV werden mindestens 90% an Rohdaten verworfen. Alles, damit die verbliebenen Zahlen über einen rotierenden Tonkopf und damit permanent hoher Reibung in Schrägen Häppchen als Sammlung von magnetischer Ausrichtung auf ein hauchdünnes Plastikband gespielt werden können. Oder mit wuselnden Köpfen auf einen Stapel rotierender Magnetscheiben. Oder – nochmals vergewaltigt – auf einen Haufen Metalloxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren ("Flash Speicher").

 

Licht fällt durch den Film und ein Objektiv auf eine weisse Wand. Viele Dutzend Mal pro Sekunde. Wird es irgendwann keine Projektoren mehr geben, kann man an Hand eines einzigen Filmschnipsels von zwei Bildern einen neuen Projektor oder Betrachter konstruieren. Oder auch scannen oder auch einfach mit der Lupe draufgucken.

 

Ein Lesegerät tastet die magnetische Ausrichtung winziger Parzellen auf einer Fläche ab. Grenzen, Raster und Struktur muss es kennen, sie sind auf der Fläche nicht erkennbar. Der erzeugte Zahlenstrom wird nach geheimen Rezepten "verarbeitet" -- sprich umgeschrieben, angereichert, extrapoliert, aufgebläht. Die Rezepte vertragen nur kleinste Fehlermengen, sonst versagen sie dramatisch und oft auch noch mit Nachhall. Ist so Rezept für ein Einzelbild fertiggekocht, wird es noch mehrmals umgeschrieben. Fehler der vorherigen Verkleinerung werden bemüht kaschiert, die Schärfe wird erneut künstlich erhöht, es wird in Farbräume transformiert, manchmal werden weitere, tatsächlich nie aufgenommene Einzelbilder errechnet. Ist der Datenstrom soweit verzehrfertig, wird er gemäss noch eines weiteren Rezeptes (z.B. HDMI) serialisiert und moduliert. 8 Milliarden Informationen pro Sekunde werden so zu einem Projektor geschickt. Dieser verarbeitet die Daten erneut, macht sie sich mundgerecht, passt sie seinem Verdauungssystem an, optimiert und "verbessert" -- um flüssige Kristalle sich drehen und so polarisiertes Licht zu sperren oder durchzulassen. Dahinter rotiert dann oft gern noch eine Farbscheibe (wie vor 100 Jahren bei Kinemacolor) damit unserem Auge auch ein farbiges Bild geliefert werden kann. Fehlen en paar Prozent der Daten oder auch nur eines der nötigen Rezepte, sehen wir nur noch chaotisches Rauschen.

 

Ein Projektor kann von jedem Feinmechaniker auch nach 50 Jahren noch repariert werden. Oft schafft das selbst eine Amateur. Eine neue Birne kostet 10€.

 

Ein Beamer ist nach wenigen Jahren Elektroschrott, weil kaum ein Gerät ihn noch ansteuern kann. Ein defekter Chip weder zu ersetzen ncoh zu reparieren. Eine Birne kostet ca. 350€.

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Schöne Gegenüberstellung. Aber ganz so einfach ist der intermittierende Filmtransport oder die Vorgänge bei der Filmentwicklung ja nun auch nicht ausdrückbar. Prinzipiell bleibt auch hier technisch einiges gleich. Die desaströse Geschichte mit Datenformaten die später nicht mehr lesbar sind, Datenreduktion und CSS via HDMI, Macrovision CP, ist ja eine von der Industrie initiierte Angelegenheit. Früher hatte eben keiner die Möglichkeit seinen Schmalfilm zu Hause zu kopieren. Wenn es verbreitet gewesen wäre, dann wäre den Verantwortlichen bestimmt da auch etwas eingefallen...

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Hallo peaceman,

 

Ach, wie ich es liebe, wenn da polarisiert wird... *lach Da will ich gleich auch noch ein bisschen mithelfen:

 

Das schöne ist doch, dass nach all den Manipulationen des Bildsignals am Schluss immer noch ein verdammt gutes und scharfes Bild rauskommt, das anzusehen sich lohnt, das ist schon erstaunlich. Wenn ich mir vorstelle, wie da in gewissen Kreisen uralte, schrumpelige, wackelige, verschrammte, stinkende und total farbstichige Filmkopien "genossen" werden, kann ich gut nachvollziehen, warum Amateurschmalfilm so ein Schattendasein führt. Da habe ich grosses Verständis dafür, dass so mancher sich lieber eine DVD einlegt und diese über einen Beamer geniesst.

 

Wer käme schon auf die Idee, ein fünfzig Jahre altes Auto zu fahren und dann noch zu behaupten, es wäre besser als ein neues. Niemand. Beim Schmalfilm ist es aber so, dass alle mit uralten Kameras und Projektoren rumhantieren, was zwar grossen Spass macht, ganz sicher aber keinen Sinn. Das ist pure Nostalgie, etwas fürs Herz, aber niemals etwas fürs Hirn.

 

So gesehen fasziniert mich die elektronische Bildaufzeichnung ungemein, sie funktioniert problemlos, ich habe perfekte Schnitt- und Tonmöglichkeiten wie niemals zuvor und muss noch nicht mal viel Geld investieren. Ich erinnere mich an eine Überblendung mit meiner damaligen Bolex H8: Eine Prozedur, wie zu Kaiser Neros Zeiten und hinterher keinerlei Möglichkeit, etwas daran verändern zu können. Lippensynchronität. ein Thema für sich, immer wieder mal probiert, aber niemals so richtig perfekt gelöst. Wow, wie einfach geht das heute mit Video. Tonspuren jede Menge, Korrekturmöglichkeiten jederzeit, Trickmöglichkeiten bis zum Umfallen, Kosten gleich minimal bis Null, da macht filmen wirklich Spass.

 

Ja, nun frage ich mich selber, warum ich mir es antue, mit einer uralten, schweren Kamera in der Gegend rumzurennen, um dann an jeder Ecke sparen zu müssen, weil Filmmaterial eben "schweineteuer" ist. Warum ich dies tue...? Ganz einfach, es macht mir riesigen Spass und frage nicht nach dem Sinn... ganz einfach...

 

Rudolf

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Oliver: Die Kopierschütze sind ja nur ein kleiner Teil der Systemkomplexität. Und ich sag ja auch garnicht, das Digital nur Nachteile habe. 

Und damit leite ich über in eine Antwort an Rudolf: Ich widerspreche Dir deutlich. Schmalfilm macht keineswegs nur "fürs Herz" Sinn. Die Beweggründe sind eben auch ganz stark philosophosche, und Philosophie ist durchaus etwas fur den Kopf. 

 

Film ist ein sinnliches Medium. Er riecht, ist fühlbar, reisst, schrumpft, bleicht aus, zerkratzt. Und funktioniert dann immer noch. Ein Film kann extrem abgenudelt sein und immer noch das gleiche Gefühl auslösen wie bei der ersten Vorführung. Oder noch viel mehr, weil er plötzlich Erinnerungen weckt, trotz technischer Unzulänglichkeit. Trotz üblem Geruch. 

 

Ich habe übrigens ein 53 Jahre altes Auto. Ob es "besser" ist? Das ist allein eine Frage des Standpunktes. wenn Sicherheit gut ist, hat es verloren (keine Gurte, starre Lenkachse, Einkreisbremssystem ohne Bremskraftverstarker etc.). Wenn Fahrspass gut ist, hat es gewonnen. Kein anderes Gefährt zaubert mir dermassen verlässlich ein Grinsen ins Gesicht. Das ist jetzt das Herzargument. Ein Kopfargument gibt es aber auch: wenn etwas kaputt ist, gucke ich in den Motorraum, verstehe und kann ALLES reparieren. Manchmal sofort mit einer Improvisation (Nylonstrumpf statt Keilriemen, Büroklammer im Verteiler etc.), manchmal mit Hilfe eines Mechanikers. Aber alles, wirklich alles an diesem Auto ist simpler und durchdachter als mein neues, das im Alltag herhält. Beim neuen hast Du verloren, wenn ein Steuergerät ncht mehr will oder die Firmware furs Gaspedal einen Fehler hat. Schlimmer noch: Bei neuen Autos kann man den Motor ja nicht mal mehr sehen vor lauter Plastikschürzen. 

 

Damit komme ich zurück zum eigentlichen Thema: Simple is good. Ein System, dessen Funktionsweise ich meinem 5-jährigem Sohn ad hoc erklären kann, ist gut, ist genial (da einfach und wirkungsvoll). Jedes System, dass sich aus zig unabhängig voneinander entwickelten Systemen zusammensetzt, hat den bitteren Beigeschmack vermeidbarer Komplexität. Und auch wenn Dich so ein moderner Ansatz kurzfristig mit Vorteilen blenden kann, geht ihm die Nachhaltigkeit per Definitionem ab. Was nützen Dir "Tonspuren jede Menge, Korrekturmöglichkeiten jederzeit, Trickmöglichkeiten bis zum Umfallen", wenn der Sinn des Amateurfilmens (also der Erhalt von Erinnerungen in Bewegtbildform) der Systemkomplexität erliegt?

 

Meine ältesten Videoaufzeichnungen sind von 1993 und damit standesgemäss auf VHS-C. Sie sind noch keine 20 Jahre alt und absolut ungeniessbar. Nie umgespult und natürlich auch nie umkopiert blieb auch dem Restaurator nur noch ein verschneites SW-Bild ohne Ton zu retten. (Bei digitalen Medien wäre ja nicht mal das noch möglicht  gewesen) Das Verbliebene ist zudem ungeniessbar, weil die Szenen unendlich lang und -weilig sind. Kostete ja nichts. 

 

Zu Erhalt und Emotionalität meiner ältesten oder auch ersten Schmalfilme muss ich glaube ich nichts sagen. Stumm, teils farbstichig, staubig und kurz sind sie. Und ein absoluter Schatz. 

 

Es ist eine Schande und grenzt an Gewalt, wie vermeintliche Vorteile und bare Lügen (billiger, besser, haltbarer) neuer Systeme die immanente Ästhetik genialer Erfindungen negieren. Digitale Medien taugen eigentlich nur als Transfermedien. Denk mal drüber nach. 

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Gast Ligonie 2001

Hallo Friedemann,

eine der besten "Argumentationsketten" von Dir seit langem, besonders der Schluß. Ich hab Dich mal völlig falsch eingeschätzt. Respekt.

Beste Grüße.

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Meine ältesten Videoaufzeichnungen sind von 1993 und damit standesgemäss auf VHS-C. Sie sind noch keine 20 Jahre alt und absolut ungeniessbar. Nie umgespult und natürlich auch nie umkopiert blieb auch dem Restaurator nur noch ein verschneites SW-Bild ohne Ton zu retten.

Meine ältesten Videoaufzeichnungen sind ca. 21 Jahre alt (VHS) und sehen so schlecht aus wie vor 21 Jahren. Etwas mehr Drop-Outs, sonst alles ok.

Irgendwie ist das mit dem Schubladendenken doch nicht so einfach. ;-)

 

 

(Bei digitalen Medien wäre ja nicht mal das noch möglicht gewesen)

<Loriot>

Ach! Früher war mehr Lametta!

</Loriot>

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Gast Ligonie 2001

Irgendwie ist das mit dem Schubladendenken doch nicht so einfach. ;-)

 

 

Hallo,

.....ich vermute mal, das pflegen nur die (analogen) Schmalfilmer.

Beste Grüße.

Nachtrag: Ich bin was Digitaltechnik anbelangt vollkommen "unbeleckt" - ich hab buchstäblich keinen Schimmer.

Was mir als Laien aber auffällt: Die stärksten Argumente dagegen kommen von Leuten, die diese Technologie beackern und die das gelernt haben - die jeden Tag damit zu tun haben.

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Meine ältesten Videoaufzeichnungen sind von 1993 und damit standesgemäss auf VHS-C. Sie sind noch keine 20 Jahre alt und absolut ungeniessbar. Nie umgespult und natürlich auch nie umkopiert blieb auch dem Restaurator nur noch ein verschneites SW-Bild ohne Ton zu retten. (Bei digitalen Medien wäre ja nicht mal das noch möglicht gewesen) Das Verbliebene ist zudem ungeniessbar, weil die Szenen unendlich lang und -weilig sind. Kostete ja nichts.

 

Interessant... Verschneites Bild, das gibt es bei VHS schnell mal, sehr gerne wenn die Kassette mit einem portablen Recorder beschrieben wurde. So einen Fall von VHS-C habe ich hier auch, jedoch frage ich mich, weshalb der Restaurator nicht mal mehr die Mono-(/Cue-)Tonspur retten konnte, welche ja bei VHS eine Linearspur ist? Dass man die HiFi Spur irgendwann mal nicht mehr geniessen kann, das ist meist übertragbar zu schlechtem Bild, aber die Cue-Tonspur, diese ist sogar noch bei meiner ältesten VHS problemlos abspielbar, auch wenn schon die Synchronisaionsspur für den Videokopf nicht mehr so zuverlässig lesbar ist - das Bild ist dementsprechend...

Die Aufzeichnungsmethode mit Helical Scan wie bei VHS, ADAT, DAT etc ist eigentlich relativ robust, wenn die Daten richtig geschrieben wurden. Meine Aufnahmen, die ich mit einer professionellen S-VHS Schulterkamera gemacht habe, sind auch nicht so langlebig wie jene, die mit dem Schnittrecorder erstellt wurden.

 

 

 

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Interessant... Verschneites Bild, das gibt es bei VHS schnell mal, sehr gerne wenn die Kassette mit einem portablen Recorder beschrieben wurde. So einen Fall von VHS-C habe ich hier auch, jedoch frage ich mich, weshalb der Restaurator nicht mal mehr die Mono-(/Cue-)Tonspur retten konnte, welche ja bei VHS eine Linearspur ist?

Hi,

auch das kann schnell mal passieren, wenn z.B. beim Zurückspulen der Kassette das Band am Rand leicht verknickt aufgewickelt wurde. Durch so einen vermeintlich leichten harmlosen Fehler wird die ganze Kassette (Bild + Ton) komplett unbrauchbar. Ist mir leider schon mehrmals passiert. Natürlich mit wichtigen Aufnahmen. Was sonst.

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Ich habe letztes noch alte VHS - Aufnahmen von mir abspielen müssen. Die Ältesten sind von 1988, also ungefähr knapp 25 Jahre alt. Alle Bänder ließen sich problemlos und auch in absolut guter Qualität wiedergeben. Sowohl die Marken (BASF)- als auch die Nonamebänder (AKYO). Ich weiß nicht, was ihr da alle für Probleme mit habt.

 

Gruß

MArtin

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auch das kann schnell mal passieren, wenn z.B. beim Zurückspulen der Kassette das Band am Rand leicht verknickt aufgewickelt wurde. Durch so einen vermeintlich leichten harmlosen Fehler wird die ganze Kassette (Bild + Ton) komplett unbrauchbar. Ist mir leider schon mehrmals passiert. Natürlich mit wichtigen Aufnahmen. Was sonst.

 

Natürlich, ist mir auch schon mal passiert. War, soweit ich mich erinnere, ein super-longplay tape, noch dünner und fummeliger als andere Tapes. Seither habe ich nur noch SVHS Masteringbänder verwendet, die sich aber unglücklicherweise nicht ordentlich in meiner Schulterkamera beschreiben liessen, also musste umkopiert werden nach der Aufnahme. Dank SVHS kein grosses Problem.

 

 

 

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(...) Die stärksten Argumente dagegen kommen von Leuten, die diese Technologie beackern und die das gelernt haben - die jeden Tag damit zu tun haben.

 

Darin liegt doch schon die Antwort. Wenn ich mit dem Omnibus fahre, dann kommt er meist pünktlich. Ich sage dann: das Ding ist prima, fährt von A nach B und schaukelt nur wenig. Was interessiert mich dann der Busfahrer oder der Mechaniker der Verkehrsbetriebe, der sich mit dem Ding rumschlagen muss.

Worauf ich hinauswill: Jede Technik hat Macken. Unter Umständen bemerke ich die gar nicht (der Amateur sieht sich seine Filme einmal an, ärgert und freut sich über seine Aufnahmen und schiebt das Ding in die Schublade. Fertig). Der Profi muss sich mit jedem kleinen Systemfehler auseinandersetzen und eine Möglichkeit finden, wie es dann doch funktioniert. Das nennt man dann "Workaround(s)". Und die gibt es beim Schmalfilm zuhauf: Gerissene Riemen, klemmende Super8-Kassetten, Kratzende Schlaufenformer, verharztes Schmierfett - die Liste geht weiter. Wo ist also genau nochmal "das Problem" mit der Digitalvideotechnik :lol: ???

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Gast Ligonie 2001

Wo ist also genau nochmal "das Problem" mit der Digitalvideotechnik :lol: ???

 

Hallo,

"Was nützen Dir "Tonspuren jede Menge, Korrekturmöglichkeiten jederzeit, Trickmöglichkeiten bis zum Umfallen", wenn der Sinn des Amateurfilmens (also der Erhalt von Erinnerungen in Bewegtbildform) der Systemkomplexität erliegt"....

und dann...

"Es ist eine Schande und grenzt an Gewalt, wie vermeintliche Vorteile und bare Lügen (billiger, besser, haltbarer) neuer Systeme die immanente Ästhetik genialer Erfindungen negieren"....

Geschrieben von peaceman und offensichtlich hat der sich was dabei gedacht.. Und was geschieht? Die Debatte geht unmittelbar danach weiter - mit dem Thema Ton.

Warum mich das bewegt? Im November starb ein mir sehr nahestehender Mensch, den ich zuletzt vorwiegend auf 9,5mm Film aufnahm. Lies mal das was peaceman in Klammern schrieb. Darum gehts.

Ich vermute als Erklärung für die unterschiedliche Sicht auf die Dinge: Du bist Berufsfilmer

Beste Grüße.

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A) wer VHS jemals "absolut gute Qualität" bescheinigt hat filmunwürdige Massstäbe. Ich finde ja DVD meist schon indiskutabel.

 

B ) Warum meine Kassette so schlecht wurde weiss ich nicht. Es ist mir auch egal, warum. Es unterstreicht nur, dass ich mit einem kaputten Film noch sehr viel mehr anfangen kann als mit einem kaputten Schrägspurband. Ich habe durchaus auch alte Videobänder, die noch ein Bild liefern. Darum ging es nicht.

 

C) ich möchte anmerken, dass ich privat auch Digital unterwegs bin. Ich habe eine der allerersten 5Dmkii nebst Primes, einen FullHD Beamer und einen BD-Spieler. Ich schreibe avisynth Skripten und optimierte einst Codecs. Ich kenne alle Stärken, gucke auch fast täglich 1080p im Heimkino. Ich schätze und nutze digitale Medien als Transfermedien enorm. Aber ich kenne eben auch die Schwächen, und deren kleinster gemeinsamer Nenner ist eben sehr hohe Systemkomplexität. Der Preis für diese Schwâchen sind versteckte Kosten, kurze Lebensdauer und exponentiell steigendes Verlustrisiko.

 

Klar, damit kann man leben. Tut man es aber bewusst nicht und sucht ein einfacheres System, so ist das keineswegs nur eine Herzenssache, wie Rudolf meinte. Es ist eine bewusste Kopfsache. Simple is good. Nicht allein "Nostalgie ist toll".

 

Einen grossen Unterschied macht es bei der Betrachtung bestimmt, ob man von fremden Aufträgen oder wiederbeschaffbaren Inhalten, oder aber eben von persönlichen Unikaten ausgeht.

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Gast Ligonie 2001

Einen grossen Unterschied macht es bei der Betrachtung bestimmt, ob man von fremden Aufträgen oder wiederbeschaffbaren Inhalten, oder aber eben von persönlichen Unikaten ausgeht.

 

 

Hallo,

....das ist exakt der Punkt. Das meinte ich mit "der Sicht des Berufsfilmers" auf die Dinge.

Beste Grüße.

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Einer der Vorteile digitaler Technik ist die Möglichkeit von Backups ohne Qualitätsverlust.

Macht Backups auf LTO und stellt je eine Kopie ins Bankschließfach und eine zu einem Freund. Das ist sicherer als eine Filmkopie im Keller.

Irgendwann kommt ein holografischer Speicher (Glaswürfel?) mit xxxxTB, dann spricht keiner mehr von DVD-R o.ä.

Alle Bilder, Videos, Musik, Dokumente usw. kann man dann immer bei sich haben ...

 

Und wenn das alles (Backup) zuviel Aufwand ist, dann ist der Inhalt vielleicht doch nicht wirklich wichtig. ;-)

 

 

Gruß

 

Salvatore

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Peaceman, ich bezog mich auf Deine folgende Aussage:

 

<Zitat>

Ich schätze und nutze digitale Medien als Transfermedien enorm. Aber ich kenne eben auch die Schwächen, und deren kleinster gemeinsamer Nenner ist eben sehr hohe Systemkomplexität. Der Preis für diese Schwâchen sind versteckte Kosten, kurze Lebensdauer und exponentiell steigendes Verlustrisiko.

</Zitat>

 

Und dieses Verlustrisiko und die kurze Lebensdauer sehe ich einfach nicht.

Es muß doch nicht immer der billige DVD-Rohling sein, der zum Vergleich genommen wird. DLT, LTO, DVD-RAM u.a. gibt es auch und die sind zuverlässig!

 

 

Gruß

 

Salvatore

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Gast Ligonie 2001

Und dieses Verlustrisiko und die kurze Lebensdauer sehe ich einfach nicht.

Es muß doch nicht immer der billige DVD-Rohling sein, der zum Vergleich genommen wird. DLT, LTO, DVD-RAM u.a. gibt es auch und die sind zuverlässig!

 

 

Hallo,

das Thema "exakte bis pingelige" Datensicherung durch den Amateur (oder eben auch nicht) hatten wir schon. Der "Faktor Mensch"....

Beste Grüße.

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(...) Erklärung für die unterschiedliche Sicht auf die Dinge: Du bist Berufsfilmer

Hat damit aber gar nichts zu tun. Die größte Herausforderung ist es, die analoge Technik mit der digitalen zu verbinden. Auch viele Amateure schneiden und distribuieren ihre analogen Filme digital. Es bringt überhaupt nichts, sich darüber die ganze Zeit zu ärgern und zu wiederholen, dass Film das bessere Medium ist. Eine professionelle Nachbearbeitung mit und auf dem Medium Cinefilm ist für den Amateur zu kompliziert (jedenfalls kann ich nicht einfach so Kontaktkopien erstellen oder eine Lichttonspur herstellen). Somit muss ich mit anderen Mitteln arbeiten um den Film nach meinen Vorstellungen fertigzustellen. Es ist ein Riesenunterschied, ob ich einen narrativen Film mit Schauspielern drehe, der ohne ausgefeilte Nachbearbeitung in Ton und Bild überhaupt nicht funktioniert oder ob ich meine Tochter auf der Schaukel aufnehme. Da liegt immer das große Missverständnis.

 

(...) denn Wichtigkeit kann sich mit der Zeit exorbitant stark ändern.

 

Und dafür gibt es ja dann ein Kameraoriginal, das jede Digitalversion überleben kann.

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Hallo Filmfreunde,

 

was jetzt hier abgeht, ist (für mich) hochinteressant, es bestätigt meine Einstellung. Vielleicht wiederhole ich mich, doch es juckt, mich, das nachstehende von mir zu geben:

 

Ich machte von 1955 bis 1958 eine kaufmännische Lehre in Zürich bei einer Versicherungsgesellschaft, welche einiges Geld in die kommende Digitalisierung steckte. Als Lehrling machte ich somit schon die EDV-Steinzeit, beginnend mit den IBM-Lochkarten mit. Bald fielen die lärmigen Lochkartenstanzer weg und neuere Geräte hielten Einzug. Es hiess, es werde nächstens besser, zumal auch die Gesellschaft einen eigenen Programmierer einstellte, dieser stöpselte in grossen Tableaus Kabel kreuz und quer. Das Thema interessierte mich natürlich und so bekam ich ziemlich von der Basis her alles mit. Es hiess, das nächste Jahr werde alles noch viel besser, noch schneller. Ich war beeindruckt. Später gab es in der Bude eine grosse eigene EDV-Abteilung, und nach einigen Monaten wurden neue Geräte installiert, die noch effizienter waren. Schon ein Jahr später hiess es, in ein paar Monaten kämen neue, schnellere..... (hier und jetzt höre ich auf, denn ich hatte die Lehre beendet und wurde selbständig).

 

Ich filmte recht viel, hatte ein tolles Equipment nebst 8mm auch in 16mm und verdiente halbwegs mein Leben damit. Mein bester Freund, ein Profiphotograph prophezeite mir schon 1965, dass eines Tages kein Fimmaterial mehr benötigt werde, es könne alles ähnlich wie beim Tonband auf breites Magnetband aufgenommen werden. Ich entgegnete ihm, dass dies für mich das Ende meiner Filmerei sei, denn dies wäre aufgrund meiner Erfahrungen mit EDV einfach zu unstet und habe keine Konstanz, ich würde dies nicht mitmachen. Gut, es ging noch einige Jahre, bis es soweit war, doch meine Einstellung hat sich nicht geändert.

 

Ich muss zugestehen, dass sich mit der digitalen AUFZEICHNUNG (hat mit dem Filmen NICHTS zu tun!!!) enorme Tricks und unrealistische Aufnahmen gemacht werden können, die mit Analogfilm nur ansatzweise möglich sind. Trotzdem, da mache ich einfach mit. Ich kann noch heute mit meiner alten, inzwischen teilweise überholten Ausrüstungen nach wie vor Filmen, ohne alle 3 Jahre neue Apparate zulegen zu müssen - und bin mehr als zufrieden damit.

 

Das einzige Zugeständnis an das Digitale Zeugs besteht für mich darin, dass ich, wenn eine Kopie verlangt wird, eine DVD-Abtastung wesentlich günstiger machen kann. Über langfristige Aufbewahrung mag ich schon gar nicht mehr diskutieren. Ein Kostenvergleich über längere Zeit mit Analogfilmer und Digitalaufzeichner wäre doch auch interessant. Dies würde einigen Leuten zu denken geben.

 

Übrigens, wir sind doch hier in einem Film-Forum, oder?

In diesem Sinne grüsst

herzlichst

escalefilm

Ualy

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Film ist - und war - nie "simple" gewesen. Von den unterschiedlichen Negativen über Kopierwerksprozesse, zig Materialeigenschaften die oft genug zum Verlust ganzer Farbebenenen (vgl die magentafarbenen 70mmer rollen....) führen, den zahlreichen Konfektionen völlig abgesehen gabs & gibts da immer weder *heftige* Desaster. Vom simplen Negativriss bis him zum Totalschaden mit Millionenkosten wie hier:

http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/warum-tom-cruise-nachdrehen-muss/v_default,1061174.html

 

Digital ist auch nicht zwangsläufig komplex, die so um die 20 bis mehr als 30 Jahre alten Formate wie WAV, CIN, JPG oder Trägersysteme wie FAT oder CD funktionieren bis heute uneingeschrnkt so weiter wie in den 80er und 90ern des letzten Jahrtausends - und sowie halbwegs vernünftig gepfegt im Archiv verwaltet wurden exakt ohne jegliche Alterung.

 

Wir haben hier petabyteweise Speicher, und die sichere, günstige, verlustfreie & dauerhafte Speicherung von audiovisuellen Inhalten ist heute problemlos machbar- so man digitale Trger hat. Redundante Raids, an verschiedenen Standorten schützen auch gegen Brand & Diebstahl und zwar auf exakt dem Niveau des Orginals, dauerhaft.

 

Was an Film für mich reizvoll ist, der Charakter, die Mechanik, die Kniffe etc - sind grade NICHT die simplen Dinge, sondern die anspruchsvolleren Tricks. Film hat in der Hinsicht als Lehrmeister auch den meisten hier bei uns eine höhere Disziplin in Umgang mit Gerät wie Material abverlangt, als die meisten teen & twens heute sich auch nur vorstellen können. Daher gibt es auch zig völlig unqualifizierte Menschen, die lustig mit ihren YUV basierenden FCPs (bspw) vor sich hinstümpern.

 

Auf der anderen Seite sind der kreative Freiraum - und vor allem die Möglichkeit der *unmittelbaren* Kontrolle des Ergebnisses für privaten Anfänger wie beruflichen Dauernutzer so massive Verbesserung in Tempo, Güte und Sicherheit das ich (und zig kollegen) mir nach jetzt rund 20 Jahren Mischbetrieb digital/mechanik, davon 10 Jahre mehr und mehr Ablöse des Films nicht mehr wünsche das Film noch eine primäre Rolle im der Produktion spielen wird.

 

Und der Leidenschaft für Film zu frönen, auch wenn mich mehr eine Großformat & Planfilm begeistert, als denn S8 etc für Film und Mechanik zu pflegen ist doch heute dank der Verdrängung von Film durch digitale Methoden in zig Bereichen so günstig wie nie zuvor - heute kostet eine exzellente hasselblad keine Unsummen mehr und ist so gut wie einst und je. Bloß simpel, nun das ist sie in meinen Augen bis heute nicht.

 

Jetzt aber genug angemerkt, wieder raus auf die Berlinale ;)

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